Hochschullehre variantenreich gestalten. Heinz Bachmann
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Название: Hochschullehre variantenreich gestalten

Автор: Heinz Bachmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783035500271

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СКАЧАТЬ muss so gestellt sein, dass unterschiedliche Kompetenzen für die Zielerreichung gefragt sind. Jede Studentin und jeder Student stellt die eigenen Ressourcen und Fähigkeiten für die Lösung des Problems und das Gruppenergebnis zur Verfügung. Es ist je nach Situation die Aufgabe der Lehrenden, einerseits über die Gruppenzusammensetzung und andererseits über die Rollenverteilung (Rollen, S. 34) den Zugang zu vorhandenen Ressourcen zu regeln. Der Dozent oder die Dozentin stellt die Aufgabe so, dass für die Lösung unterschiedliche Fertigkeiten und Fähigkeiten gefragt sind, und ist darauf bedacht, die Lernenden so auf die Gruppen zu verteilen, dass diese gesamthaft über alle nötigen Ressourcen verfügt (vgl. auch Komplexe Instruktion).

      3.2Jede/r kann etwas gut und niemand ist gut in allem

      Immer wieder kommt es vor, dass die Mitglieder einer Gruppe überhaupt nicht miteinander zurechtkommen, sei es, weil die Arbeitsgeschwindigkeiten zu unterschiedlich sind, die Arbeit wenig produktiv und effektiv aufgeteilt wurde, weil Machtkämpfe um die Führungsrolle ausgetragen werden oder weil unsichere Studierende Schwierigkeiten haben, sich einzubringen. In der Literatur wird dieses Phänomen oft als eine Art «soziales Faulenzen» beschrieben. Dies ist eine eingeschränkte Sichtweise, da hinter solchen Phänomenen auch der Umgang mit Verschiedenheit steht.

      Die moderne Gesellschaft hat einen neuartigen Charaktertyp hervorgebracht – einen Menschen, der darauf bedacht ist, die Ängste zu verringern, die durch Unterschiede ausgelöst werden können, ob sie nun politischer, ­rassischer, religiöser, ethnischer oder erotischer Natur sind. (Richard Sennett 2012, S. 21)

      Der Umgang mit Differenz wird beim Kooperativen Lernen zum Thema. Die Dozentin oder der Dozent weist im Plenum auf diesen Zusammenhang hin, indem zum Beispiel betont wird, dass niemand in der Gruppe über alle, aber jedes Mitglied über unentbehrliche Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügt. Deshalb muss zusammengearbeitet werden. Diese Bedingung ist von ­großer Wichtigkeit. Es soll offen darüber diskutiert werden, welche Differenzen beim Lernen bedeutsam sind und wie der Diskriminierung Einzelner entgegengewirkt werden kann. Zumindest phasenweise muss deshalb auch Coaching durch die Lehrenden angeboten werden.

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      Abbildung 1: Beispiel für die Taktik Placemat (Platzdeckchen)

      Bei der Präsentation der Ergebnisse beteiligt sich jeweils jedes Gruppenmitglied. Die zugeteilte Rolle und deren Übernahme involviert alle Mitglieder in den Gruppenprozess, sie sichert eine klare Position und ein spezifisches Aufgabenfeld. Dadurch erhalten alle Beteiligten eine Stimme. Kooperatives Lernen schult die Fähigkeit, die Verschiedenartigkeit der Gruppenmitglieder zu erkennen und als unauflösbare Spannung zu akzeptieren. Im Kooperativen Lernprozess kann sich der Sinn für Zugehörigkeit und Respekt füreinander entwickeln. Ein einleuchtendes Beispiel dafür, wie Interaktion beim Lernen unterstützt werden kann, ist die Taktik Placemat (Green & Green 2007, S. 136). Dabei handelt es sich um eine Methode, Wissen zusammen zu führen und zu erweitern. Durch die vorgegebene Einteilung eines möglichst großen Papierbogens und Phasen der Bearbeitung wird die Interaktion strukturiert. Die Taktik ist einfach und situativ einsetzbar. Die Aufgabenstellung zu Abbildung 1 lautete: Was wissen Sie über qualitative Forschung und wissenschaftliches Arbeiten?

      Das hier abgebildete Placemat entstand im Rahmen eines Forschungsprojektes in der Ausbildung «Soziales Feld Schule – mehr als Unterricht und Didaktik» unter der Leitung von Sibylle Künzli und Petra Hild an der Pädagogischen Hochschule Zürich (FS12/HS13).

      Placemat eignet sich besonders gut für die Sammlung von Ideen und das Zusammentragen von Vorschlägen, Leitgedanken oder Argumentationen. Passend ist es auch innerhalb des ersten Schrittes einer Lerneinheit, um Vorwissen zu einem bestimmten Thema zu aktivieren, wie in diesem Beispiel. In der anschliessenden Diskussion kann im Plenum auf einzelne Punkte näher eingegangen werden, und es können Differenzen zwischen dem zu erlernenden Inhalt und den von den Studierenden zusammengetragenen Gedanken aufgezeigt und diskutiert werden. Die Methode verdeutlicht zudem den Anspruch, die individuellen Beiträge für das Gesamtprodukt sichtbar zu machen. Die Urheber und Urheberinnen ihres Werkes unterschreiben auch deshalb mit ihrem Namen oder ihren Initialen. Im folgenden Kasten sind die Phasen und Schritte der Taktik Placemat zusammengefasst:

      Phasen der Taktik Placemat

      A Einzelarbeit: Schreiben, Zeichnen, Sammeln

      In einer vereinbarten Zeit denken die Lernenden zuerst einmal die Aufgabenstellung durch und schreiben ihre Ideen und Vorschläge ins dafür vorgesehene Außenfeld, dies ohne miteinander zu sprechen. Ein Placemat braucht so viele Außenfelder wie Gruppenmitglieder und muss jeweils entsprechend eingeteilt werden.

      B Einzelarbeit: Lesen und Verstehen

      Im nächsten Schritt wird das Placemat gedreht, sodass alle die Vorschläge in den Feldern der Gruppenmitglieder nachlesen können. Klärungsfragen sind erwünscht.

      C Interaktion: Diskutieren, Aushandeln, Entscheiden

      Nach der Klärung von sachlichen Fragen werden die einzelnen Ergebnisse diskutiert. Es wird zum Beispiel ausgehandelt, welches die wichtigsten Kennzeichen wissenschaftlichen Arbeitens sind. Gleichzeitig gilt es, die individuellen Beiträge nicht nur zu analysieren, sondern auch zu synthetisieren, indem zum Beispiel ein Oberbegriff gefunden werden muss, der unterschiedliche Teilaspekte inte­griert. Diese werden in der Mitte festgehalten.

      D Alle: Präsentation

      Während der Präsentation der Ergebnisse können diese den anderen Gruppen vorgestellt werden und die Dozentin, der Dozent und alle Studierenden kommentieren, verknüpfen und diskutieren die Ergebnisse. Variante: Die einzelnen Placemats wandern von Gruppe zu Gruppe und werden gegengelesen. Mit einem Haken zeigt die Gruppe ihr Einverständnis. Ein Minuszeichen bedeutet Ablehnung. Mit einem Fragezeichen werden Unklarheiten gekennzeichnet. Danach werden die Placemats aufgehängt und wie in einer Galerie einzeln betrachtet, kommentiert und diskursiv verglichen.

      3.3Austausch im Dialog

      Mit Austausch im Dialog ist keine Konversation gemeint wie sie beispielsweise beim Smalltalk an Partys üblich ist. Kooperation, die auf Austausch im Dialog beruht, verlangt gewisse Fertigkeiten und Fähigkeiten. Das Spektrum reicht «von gutem Zuhören und taktvollem Verhalten über das Ausfindigmachen von Übereinstimmungen bis hin zum geschickten Umgang mit Meinungsverschiedenheiten oder der Vermeidung von Frustration in schwierigen Situationen» (Sennett 2012, S. 19). Für all diese Teilkompetenzen gibt es eine Bezeichnung, die der «Dialogfähigkeiten» (ebd., S. 19).

      Eine Quelle des Dialoggedankens ist Sokrates. Ihm ging es um das direkte Gespräch, in dem das Wissen des Gesprächspartners an die Oberfläche zu holen ist. Im Diaolog geht es um die Aufmerksamkeit und das Interesse für andere. «Menschen, die nicht beobachten, können auch keine Gespräche führen» (ebd., S. 29). Beobachten und die Fähigkeit, Fragen zu stellen, sind wesentlich für einen Dialog. Zuhören wiederum «erfordert eine Reihe anderer Fähigkeiten. Hier gilt es, genau darauf zu achten, was andere sagen, und es zu interpretieren, bevor man antwortet, und zwar die Gesten und Sprechpausen ebenso wie das explizit Gesagte. Obwohl wir uns möglicherweise zurück­halten müssen, um beobachten zu können, wird das Gespräch dadurch reicher, kooperativer, dialogischer» (ebd., S. 29). Fähigkeiten zur Mitgestaltung eines Dialogs unterstützen das gemeinsame СКАЧАТЬ