Hochschullehre variantenreich gestalten. Heinz Bachmann
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Название: Hochschullehre variantenreich gestalten

Автор: Heinz Bachmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783035500271

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СКАЧАТЬ 3 oder STAD, Abbildung 4).

      In der Literatur ist man sich einig, dass sich das Kooperative Lernen vom Kollaborativen Lernen in seiner stärkeren Strukturierung unterscheidet und als strukturierte systematisierte Lernform bezeichnet werden kann. Die Lehrenden sind einflussreicher involviert, machen mehr Vorgaben, beobachten die Gruppenarbeit und steuern und evaluieren die Beteiligung der Einzelnen stärker. Häufig nehmen sie die Einteilung der Gruppen vor oder steuern diese mit, indem beispielsweise auf Kriterien der Zusammensetzung aufmerksam gemacht wird. Auch dass die Studierenden dazu angehalten werden, über das Funktionieren der Zusammenarbeit in der Gruppe zu reflektieren und Entwicklungs- und Verbesserungsmöglichkeiten zu überlegen, gehört dazu. Ein grundlegender Unterschied ist zudem, dass beim Kooperativen Lernen Leistungen auch individuell beurteilt werden und nicht nur kollektiv, indem ausschließlich das Endprodukt bewertet wird. Zwischen den Gruppenmitgliedern besteht zwar eine positive gegenseitige Abhängigkeit, das heißt, die Zusammenarbeit in der Gruppe ist für den Erfolg der Einzelnen notwendig. Die Lernenden sind jedoch individuell verantwortlich für ihr Lernen und ihr Engagement in der Gruppe.

      Da sich die Zusammenarbeit in Gruppen in einer Art Sandwich-Prinzip mit anderen Lernformen kombinieren lässt, schließt der Ansatz des Kooperativen Lernens weder die frontal ausgerichtete Lehre noch Sequenzen selbstverantworteten Lernens aus. Beim Kollaborativen Lernen hingegen bleiben Gruppen über längere Zeit zusammen, bearbeiten ein gemeinsames Projekt oder eine gemeinsame Fragestellung wie beispielsweise im forschungsorientierten Lernen und Lehren. In anderen Fällen treffen sich die Mitglieder solcher Langzeit-Studierendenteams regelmäßig außerhalb des Unterrichts, um gemeinsam zu lernen, zu lesen, zu wiederholen, Aufgaben zu erledigen, Texte gegenzulesen etc. Diese Form der Zusammenarbeit findet meist in selbst organisierter Form statt, ohne aktive Unterstützung und Steuerung von Lehrenden. Für die Lehre an Hochschulen sind beide Formen relevant und von Interesse – sie haben zum Ziel, dass Lernende nicht nur zusammenarbeiten, sondern dass sie im besten Fall gemeinsam mehr und anderes lernen als allein. Durch Kooperatives Lernen kann das Leistungsniveau aller Beteiligten und somit deren Selbstvertrauen gesteigert werden. Ebenso lernen die Studierenden produktives Zusammenarbeiten und werden in einer Wissensgemeinschaft sozialisiert.

      Dem aktuellen Kenntnisstand entsprechend, gelingt Kooperatives Lernen vor allem dann, wenn nicht nur das Lernergebnis beachtet wird, sondern ebenso der Lernprozess und das Lernhandeln. Auch deshalb kann Kooperatives Lernen nicht mit der herkömmlichen Gruppenarbeit gleichgesetzt werden (Konrad & Traub 2001, S. 7). In der hier skizzierten Form kann Kooperatives Lernen, abhängig von der Ziel- und Kompetenzerreichung, mehr oder weniger strukturiert und von unterschiedlicher Dauer sein. Wesentlich ist die Fähigkeit des Dozenten oder der Dozentin, in etwa einzuschätzen, was die Studenten und Studentinnen bereits können und wissen, was daher vorausgesetzt werden darf, und in welchen Bereichen (Denk- und Lernstrategien oder soziale Kompetenzen) die Lernenden Unterstützung, Anleitung und Struktur benötigen.

      Das gemeinsame Lernen in heterogenen Gruppen eignet sich dazu, Vorwissen zu aktivieren, Wissen zu erarbeiten und zu festigen, Probleme kreativ zu lösen oder die dialogische Kompetenz zu fördern. Besonders geeignet sind komplexe, herausfordernde Aufträge, die konzeptuelles Denken erfordern, wie etwa die Funktionsweise eines Gegenstandes zu erkennen, den Stoffwechsel bei Pflanzen zu begreifen, einen Leserbrief zu verfassen oder eine historische Begebenheit szenisch darzustellen. Dies alles sind Aufgaben, die unterschiedlichste Fähigkeiten erfordern. Beim Bearbeiten einer komplexen Aufgabe oder eines Problems bringen alle Lernenden sich und ihre Kompetenzen möglichst eigenverantwortlich und gleichberechtigt ein, wobei der Dozent oder die Dozentin die Führung an die Gruppe und die einzelnen Studierenden abgibt. Der hier vorgestellte Zugang ist von unterschiedlichen Bedingungen (Kapitel 3, S. 23 ff.) abhängig, damit er lernwirksam wird. Erste Anhaltspunkte gibt die folgende Beschreibung zentraler Elemente:

      Beschreiben zentraler Elemente Kooperativen Lernens

      Zwei oder mehr Personen verfolgen gemeinsam das Ziel, ein Problem zu lösen oder einen Lernauftrag zu erfüllen. Die oder der Einzelne erreicht es, wenn die Gruppe es erreicht hat. Jedes Gruppenmitglied hat eine Rolle und eine Aufgabe, die seinen Fähigkeiten entspricht. Diese Rolle und diese Fähigkeiten sind notwendig zum Erreichen des Ziels. Das verbindet die Einzelnen zur Gruppe. Alle Mitglieder sind somit voneinander abhängig. Sie kooperieren, indem sie interagieren und kommunizieren. Sie müssen sich gegenseitig fragen, einander zuhören, eine Meinung vertreten, Gedanken strukturieren, den Überblick behalten, Entscheidungen fällen und Arbeitsteilung organisieren.

      2.2Eine alte Idee neu verpackt?

      Die Wurzeln von Kollaborativem und Kooperativem Lernen werden in der Literatur auf die Ansätze von John Dewey (1859–1952) und Kurt Lewin (1890–1947) zurückgeführt. In Bildungsprozessen sollte nach Dewey allen Individuen die Möglichkeit gegeben werden, Verantwortung zu übernehmen und einen Beitrag in der Gesellschaft zu leisten. Sein Anliegen war es, Demokratie in pädagogischen Prozessen zu verwirklichen. Wesentliche Impulse zur Entwicklung der Gruppendynamik gab Lewin, Mitbegründer einer experimentellen Sozialpsychologie, der menschliches Verhalten als Handeln in Situationen betrachtete und erforschte. Bezüglich kognitionstheoretischer Grundlagen für die Entwicklung des Kollaborativen und Kooperativen Lernens wird jeweils auf die Annahmen von Jean Piaget (1896–1980) und Lew Wygotsky (1896–1934) verwiesen. Piaget hat erkannt, dass Lernen ein Konstruktionsprozess ist und dass Sprache, Werte, Regeln, Moral oder Symbolsysteme wie Mathematik und Schrift nur in Interaktion mit anderen gelernt werden können. Auch nach Wygotsky kann Lernen nur im gemeinschaftlichen Kontext durch die Verinnerlichung von sozialen Aktivitäten erfolgen. Dazu kamen in jüngerer Zeit sozialkonstruktivistische Überlegungen. Ausgehend von der Bedeutung sozialer Interaktion als Anlass für Konstruktionsprozesse betont Reich (2006) die Beziehungsseite von Lehr-Lern-Prozessen: «Lernen ist immer eine soziale Situation und ein zwischenmenschliches kommunikatives Ereignis» (S. 18). Demzufolge können Lernprozesse mittels gemeinsamer Konstruktion von Bedeutung und entsprechender Aushandlungsprozesse durch die Gesprächspartner in der Gruppe angestoßen werden. Die aktive Rolle der Lernenden entspricht zudem den Ergebnissen der aktuellen Lernforschung. Es gilt mittlerweile als gesichert, dass aktive Eigenkonstruktionen eine wesentliche Basis «jedes kognitiv konstruktivistischen Lernens darstellen – dies im Gegensatz zu rein reproduktiven und mechanisch-passiven Formen des Lernens» (Reusser 2001 S. 127).

      Es gibt nicht nur unterschiedliche Begründungen, sondern ebenso verschiedene Zielebenen für Kooperatives Lernen. Aus einer lerntheoretischen Perspektive wird argumentiert, dass beim Lernen durch Austausch- und Aushandlungsprozesse sowohl Wissen als auch Denkstrukturen erworben und erweitert werden. Die Pädagogik und Didaktik argumentiert mit der Mehrdimensionalität von Kooperativem Lernen: Es wird ein Inhalt gelernt, wobei Wissen (re)konstruiert und damit gefestigt wird. Je nach Aufgabenstellung werden Fertigkeiten wie zum Beispiel Plakatgestaltung eingeübt. Über den Lernweg werden soziale Ziele verfolgt und Haltungen wie Respekt oder Verantwortungsübernahme können sich entwickeln. Zudem müssen Lernstrategien angewendet und reflektiert werden, und weil die Dozentin oder der Dozent die Steuerung zu einem großen Teil abgibt, können Selbstständigkeit, Disziplin und Eigenverantwortung wachsen.

      3Merkmale Kooperativen Lernens

      Im Vergleich zur herkömmlichen Gruppenarbeit lassen sich spezifische Merkmale Kooperativen Lernens beschreiben, die das Potenzial dieses Ansatzes verdeutlichen (Green & Green 2007; Huber 2006/1993; Johnson, Johnson & Holubec 2005; Konrad & Traub 2001).

      3.1Heterogene Gruppen und Ressourcenorientierung

      Heterogene Gruppen СКАЧАТЬ