Dem Neuen entgegen leben. Группа авторов
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Название: Dem Neuen entgegen leben

Автор: Группа авторов

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

Серия:

isbn: 9783957446046

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СКАЧАТЬ zu lindern, habe ich einen Mangel an Selbsteinfühlung und die Gefühlsferne in Bezug auf eigene Empfindungen festgestellt. So war ich lange Zeit nicht in der Lage zu sagen, wie ich mich fühlte und was ich mir wünschte. Ich fühlte mich nicht. Ich war mir fremd. Hinzu kam, dass ich nur sehr schwer über mich sprechen konnte. Deshalb blieb ich mir und auch den anderen fremd und erlebte oft das Fremd-Gefühl anderen Menschen gegenüber. Ich erinnere mich noch gut daran, wie verzweifelt ich einst war, als ich auf die Frage: „Wie kann Selbstliebe aussehen?“ keine Antwort zu geben wusste. Ich wusste es tatsächlich nicht. Ich wusste zwar genau, was Pflichterfüllung, was Verantwortlichkeit für andere war, aber was Selbstliebe war, davon hatte ich keine Ahnung.

      Betrachte ich heute zurückblickend die mir bewusst gewordenen Auswirkungen des Krieges, so denke ich, dass viele von ihnen ihre Ursache in der Traumatisierung meiner Eltern haben. Wie sollte meine Mutter, deren Welt zusammengestürzt war, die tagtäglich dem Tod gegenüber gestanden und die in ihrem Leid erstarrt war, sich in die Situation und die Gefühlslage ihres Kindes hineinfühlen können? Sie kannte sich nicht einmal selbst. So verleugnete meine Mutter ihre inneren Nöte und ihren inneren Kummer, sie verdrängte ihre Gefühle und Wünsche. Sie war nicht in der Lage, sich selbst und ihr Schicksal zu betrauern und ihre schrecklichen Erlebnisse mitzuteilen. Und so gab sie unausgesprochen und unbewusst ihre Verletzungen und ihre psychischen Folgen an mich weiter und es entstand ein Zustand, den ein anderes Kriegskind einmal so ausdrückte: „Ich trage einen Schmerz, der meiner, aber doch nicht meiner ist.“ (B. Alberti, Seelische Trümmer, S. 22, Kösel, 2010)

      Wenn ich zudem daran denke, dass meine Mutter, die als Erwachsene den 2. Weltkrieg erlebte, selbst ein Kriegskind des 1. Weltkrieges war, dann wird mir klar, dass sie emotionale und körperliche Nähe, emotionale Sicherheit, emotionale Verlässlichkeit und Bindungsfähigkeit nicht weitergeben konnte. Wie sollte sie als zweifach Traumatisierte die Kraft und die Fähigkeit dazu haben? Sie konnte ihre Zuneigung allein durch materielle Versorgung zeigen – in Form von Essen, Trinken, Haus und Geld.

      Als Nachkriegskind, das den zwei vorherigen Kriegsgenerationen entsprossen ist, habe ich viel mehr „Altlasten“ zu tragen, als es mir vorher je bewusst gewesen ist.

      Ich weiß, dass ich selbst die Verantwortung für mein Leben übernehmen muss. Ich kann nicht die vorherige Generation dafür verantwortlich machen. Mir geht es darum, die Verletzungen, die verunsichernden Erfahrungen in meiner Kindheit, meine früh erlernten Verhaltensmuster aufzudecken und mein Erleben ihnen gegenüber zu verändern. So kann ich die lange Familienkette der Verdrängungen und die Weitergabe an meine Kinder und Enkel durchbrechen.

       ewige spuren

      wind weht über

      gegenwart

      vergangenes

      deckt sich auf

      krieg brennt löcher

      ins jetzt

      vergessen verfällt

      schmerz steigt auf

      im bombenhagel

      tote schreien

      hunger foltert

      sterne fallen -

      unmöglich der zeit

      sie aufzufangen

      es war zuviel

      ---------

      eingebrannt

      die spuren

      der unmenschlichkeit

      vergraben

      unterm vergessen

      die zermalmungen

      doch spurensamen

      suchen licht

      schwarzes taucht auf

      wir taumeln

      im schmerz

      unserer eltern

      --------

      krieg fand

      ein ende

      doch in uns

      ist er endlos

      atem bebt

      noch immer

      zersplittert

      das einst und jetzt

      ein engel aber

      streut hoffnung

      in uns

       Rita Bauer

       Geboren 1935 in Düsseldorf. Während des Krieges Aufenthalt in verschiedenen Ländern. Kaufmännische Ausbildung in der Fotobranche. Tätigkeiten noch in anderen Metiers. Von 1987 – 2002 selbstständig in einem Handwerksbetrieb und Studium der Klassischen Homöopathie.

       Resümee oder Ein jegliches hat seine Zeit

      Unser schönes Land hat sich – ohne Krieg – in siebzig Jahren zu einem blühenden Staat entwickeln können. Diesen Aufstieg habe ich als damaliges Kriegskind bis heute, mit achtzig Jahren, erfahren, durchlitten und letztendlich gemeistert. Das erfüllt mich mit Stolz. Auf diesen langen Lebensweg blicke ich immer wieder zurück. Dabei gab es Zeiten von Kummer, Armut und Sisyphus-Arbeiten.

      Dazu gehört das Zusammenleben mit einem aus dem Krieg kommenden traumatisierten Vater, der nur ein einziges Mal über diese schreckliche Zeit gesprochen hat. Er schilderte kurz eine fast ausweglose Situation, in der er geschworen hatte: „Wenn ich hier lebend rauskomme, werde ich in meinem Leben nie wieder unzufrieden sein.“ Diesen Schwur hat er gehalten. Sonst sprach er nicht viel; er war ein stiller Vater.

      Meine Mutter war während des Krieges Krankenschwester in heimatnahen Lazaretten und pflegte meist sterbende Soldaten. In dieser Zeit erkrankte sie an einer schweren Hirnhautentzündung und wurde mangels Medikamenten nie wieder gesund. Ich lebte in dieser Zeit in einem Kindersanatorium für lungenkranke Kinder. Alle Kinder, auch ich, waren mit der Milch von TBC-kranken Kühen infiziert worden. Endlose Liegekuren in einer langen Reihe von Liegestühlen mit dem Blick auf endlose hohe schwarze Tannen des Schwarzwaldes. Ich fühlte mich schrecklich alleine, und das Heimweh rang mir nicht mal mehr Tränen ab. Wir hatten immer Hunger, und es gab nur eine Mahlzeit am Tag. Ein fast ungenießbarer Brotauflauf.

      Meine Eltern waren indes mit sich beschäftigt. Nach dem Krieg versuchte mein Vater alles – inklusive zusätzlicher Kuraufenthalte – damit meine Mutter СКАЧАТЬ