Und die Tage lächeln wieder. Susanne Zeitz
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Название: Und die Tage lächeln wieder

Автор: Susanne Zeitz

Издательство: Автор

Жанр: Современная зарубежная литература

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isbn: 9783961455058

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СКАЧАТЬ nach modrigem Laub und nasser Erde. Die Sonnenstrahlen bahnten sich bereits ihren Weg durch die rot und gelb gefärbten Baumwipfel und beleuchteten meinen Weg.

      Eine Amsel auf Futtersuche saß am Wegrand und schleuderte unwirsch die Blätter zur Seite. Wahrscheinlich vermutete sie darunter besondere Leckerbissen. Ein paar Bäume weiter hatten sich Krähen eingefunden, die laut um die Wette krächzten.

      Ich kam in ein lockeres Laufen und genoss es, den Waldboden unter meinen Schuhen zu spüren. Weich und nachgebend.

      Ich atmete tief die frische Luft ein und hing meinen Gedanken nach. Das Telefongespräch kam mir wieder in den Sinn. Komisch, so aufgeregt und innerlich berührt hatte ich Konrad selten, eigentlich noch nie erlebt.

      Konrad ist mein Patenonkel und ein Jugendfreund meiner Mutter. Ich kann mich noch gut an seine Besuche erinnern. Sobald er mit uns im Wohnzimmer saß, griff er jedes Mal betont langsam in seine große Umhängetasche und holte ein Buch heraus, aus dem er Mutter und mir vorlas. Meistens waren es Märchen oder andere spannende Kindergeschichten. Wir liebten diese Stunde mit ihm. An die Anwesenheit meines Vaters kann ich mich allerdings nicht erinnern. War er zuhause, wenn Konrad vorbeikam, zog er sich meistens in sein Arbeitszimmer zurück. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, dann kann ich mich nicht daran erinnern, die beiden Männer gemeinsam erlebt zu haben.

      Nach dem tragischen Tod meiner Mutter ließ sich Konrad nicht mehr in unserer Villa blicken. Warum eigentlich? Auf meine Frage, warum Konrad uns nicht mehr besuchte, zuckte mein Vater lediglich mit den Schultern und meinte, das ginge mich nichts an.

      Auch von Konrad erfuhr ich nichts Näheres. Mein Vater war für ihn mit einem Mal ein Tabuthema. Wenn wir uns trafen, sprachen wir nicht über ihn.

      Konrad war mein Freund und ich konnte mit allen großen und kleinen Kindersorgen und Nöten zu ihm kommen. Das hat sich bis heute nicht geändert. Er ist für mich wie der Vater, den ich nie hatte, liebevoll, ewig um mein Wohl besorgt und an allem interessiert, was in meinem Leben so passiert.

      Er war es auch, der mir die Welt der Bücher erschlossen hat. Als Kind schenkte er mir bunte Bilderbücher, später Märchenbücher, spannende Jugendbücher, heute sind es Bestseller aus aller Welt.

      Zwischen uns besteht seit all den Jahren ein kleines, intimes Ritual. Nach jedem gelesenen Buch treffen wir uns im Hinterzimmer seines Buchladens, trinken aus bauchigen, himmelblauen Steinguttassen Tee, essen Ingwerkekse und tauschen uns über das gelesene Buch aus.

      Einen Brauch, den ich mir aus meinem Leben nicht mehr wegdenken kann und will.

      Clemens wollte mich am Anfang unserer Beziehung begleiten, doch so sehr ich ihn auch liebe, diese Treffen gehören einzig Konrad und mir.

      Clemens ist seitdem eifersüchtig auf Konrad und wird in seiner ablehnenden Haltung von meinem Vater unterstützt. Es tut mir weh, dass sich ausgerechnet die beiden Menschen, die ich am meisten liebe, nicht verstehen. Obwohl sich Konrad nicht negativ über Clemens äußert, spüre ich, dass er ihn nicht mag. In den wenigen Momenten, in denen sie sich begegnen, geht er höflich mit ihm um, doch ich spüre seine Reserviertheit und sein Misstrauen.

       Kapitel 4

      Ich schreckte aus meinen Gedanken, denn ich wäre beinahe über einen Ast gefallen, der quer über dem Weg lag. Wahrscheinlich hatte ihn der Sturm der vergangenen Nacht abgerissen und hierher geschleudert. Ich musste mich besser auf meinen Lauf konzentrieren. Was auch immer mit Konrad los war, ich würde es später erfahren.

      Nach einer halben Stunde betrat ich wieder meine Wohnung. Rasch ging ich unter die Dusche, dann schlüpfte ich in meine Lieblingsjeans, zog einen roten Baumwollpulli über und wickelte einen blaugemusterten Schal um den Hals. Ein bisschen getönten Puder, Rouge und Wimperntusche. Fertig.

      Ich betrachtete mich im großen Flurspiegel. Eine zierliche Person mit halblanger, schwarzer Ponyfrisur blickte mir zufrieden aus braunen Augen entgegen. Ich setzte meine goldene Brille auf und schenkte meinem Spiegelbild ein mildes Lächeln. Ich war zufrieden mit der Frau, die mir zurücklächelte. Dass ich im Januar meinen fünfunddreißigsten Geburtstag feiern würde, sah man mir nicht an.

      Mit Schwung drehte ich mich vom Spiegel weg und ging in die Küche, um mir ein kleines Frühstück zu machen. Ich stellte eine Schale voller Müsli und einen Becher mit grünem Tee auf meinen Esstisch, zündete eine Kerze an und setzte mich auf die Eckbank.

      Jedes Mal, wenn ich hier sitze, fühle ich mich meiner Mutter sehr nahe. Schon als Kind liebte ich es, mich in der Küche aufzuhalten. Es war so heimelig, meiner Mutter beim Kochen zuzuschauen, oder mit ihr am Tisch zu sitzen und zu warten, bis das herrlich duftende Brot so weit war, aus dem Ofen genommen zu werden.

      Sie trank meistens Kaffee und für mich gab es heißen Kakao mit einem Marmeladenbrötchen. Sie erkundigte sich nach meinem Schulalltag, ließ mich von meinen Erlebnissen berichten und nahm sich meiner großen und kleinen Sorgen an. Als einziges Kind meiner Eltern, genoss ich ihre gesamte Aufmerksamkeit. Sie war Mutter, aber auch ältere Schwester und Freundin für mich.

      Die schönsten und innigsten Stunden jedoch waren für mich unsere gemeinsamen Nachmittage, die wir in ihrem Schreibzimmer verbrachten. Dort erzählte sie mir die spannendsten Geschichten und Märchen, die sie sich ausgedacht hatte. Gemeinsam spannen wir ihre Geschichten weiter, überlegten uns, wie wir die böse Hexe bestrafen könnten, was die dumme Gans erleben müsste, damit sie klüger würde und halfen dem kleinen Jungen Pips, seine echte Mama wiederzufinden. Hatten wir unsere Märchen beendet, eilte meine Mutter an ihren Schreibtisch und schrieb die Geschichten nieder, dazu malte sie kleine, lustige Aquarellbilder.

      Sie war eine gefragte Kinderbuchautorin und ich platzte beinahe jedes Mal vor Stolz, wenn ihr neuestes Buch in den Regalen der Buchläden ausgestellt wurde, denn ein bisschen waren es ja auch meine Geschichten, die mit einem Mal in stolzen, schwarzen Lettern auf weißen Seiten zu lesen waren. Gewidmet waren sie mir. Für meine geliebte Tochter Lexa stand jeweils auf der ersten Seite.

      Ich erinnere mich noch, als sich mein Vater einmal darüber beschwerte, dass ihm keines der Bücher gewidmet sei. Sein Mund lächelte, aber seine Augen blickten kühl.

      An ihr Gesicht, ihren Geruch und andere Eigenheiten kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Mit jedem Jahr löst sich ihr Bild immer mehr im Nebel der Vergangenheit auf. Die wenigen Fotos, die ich anfangs immer wieder betrachtete, halfen mir nicht, sie lebendig zu erhalten. Doch in ihren Märchenbüchern ist sie mir bis heute nahe. Sobald ich eines der Bücher aufschlage, kann ich ihre Stimme wieder hören. Leise, mit einem kleinen Lachen darin.

      Als ich acht Jahre alt war, verschwand sie plötzlich aus meinem Leben. Abgestürzt irgendwo in den Anden. Eine steile Felswand in einem undurchdringlichen Gebiet. Ihr Leichnam wurde nie gefunden.

      Noch heute spüre ich das Entsetzen und die Ohnmacht, die von mir Besitz ergriffen, als mein Vater von dieser unglückseligen Reise allein zurückkam.

      Ein trauriger, gebrochener Witwer, den ich mit meiner kindlichen Trauer und meiner immer größer werdenden Einsamkeit nicht belästigen durfte. Meine Mutter wurde nicht mehr erwähnt und über das Unglück nicht gesprochen. Fragen waren nicht erlaubt.

      Ich weiß bis heute nicht, was damals eigentlich geschehen ist.

      Kurz darauf zog Nadine bei uns ein. Eine Freundin meines Vaters, die eher die Rolle einer älteren Schwester hätte einnehmen können, als die einer Ersatzmutter, zudem konnte sie mit einem kleinen, trauernden Mädchen, wie ich es war, nichts anfangen. Sie genoss es, СКАЧАТЬ