Man erkennt heute noch die zahlreichen Räume der Anlage sowie eine Hypokaustenheizung, die links, unmittelbar hinter dem Eingang, in einem Schutzhäuschen zu besichtigen ist. Wahrscheinlich hat sich an dieser Stelle eine beheizte Badeanlage befunden. Dass schon den antiken Bewohnern Gerolsteins das Wasser am Herzen lag, erkennt man ebenfalls an der heute in Stein eingefassten, aber leider nicht mehr sprudelnden Heilquelle „Sidinger Drees“. Sie entspringt wohl kaum zufällig knapp 100 m von der Villa entfernt auf dem anderen Kyllufer, heute am Kyllweg. Viele in der Quelle gefundenen römische Münzen, meist aus dem 3. Jh., bezeugen, dass die Bewohner hier nicht nur das Wasser zum Trinken und Baden benutzten, sondern auch zu den Quellengöttern beteten. Um 450 n. Chr. wurde die Villa dann zerstört, wahrscheinlich bei den Einfällen der Germanen. Aus dieser Zeit stammen auch 27 in der Nähe gefundene Gräber mit Männern von über 2 m Körpergröße darin. Verletzungen an den Knochen nach zu urteilen, haben sie einen gewaltsamen Tod gefunden. Doch warum und unter welchen Umständen, bleibt ein Rätsel.
Abb. 12 Reste der Villa Sarabodis hinter der Gerolsteiner Erlöserkirche
Der Name Sarabodis ist aus einer Schenkungsurkunde aus dem Jahr 762 überliefert, als die Eltern Karls des Großen, Pippin und Bertrada, die Villa der Abtei Prüm schenkten.
Rechts neben den Ruinen ist ein kleines Museum zu besichtigen, in dem die Funde rund um die Villa und die Quelle, darunter verschiedene Votivfiguren und Alltagsgegenstände wie Fibeln und Flacons, ausgestellt sind.
Abb. 13 Tempelmauern im Matronenheiligtum auf dem Judenkirchhof
Judenkirchhof
Verlässt man die Stadt Richtung Pelm und windet sich die Landstraße K33 empor an der Kasselburg vorbei und biegt dann den nächsten Weg links ab, gelangt man zu einem römischen Heiligtum, das im Volksmund Jud(d)enkirchhof genannt wird (Abb. 13). Mit Juden hat diese Ruine allerdings gar nichts zu tun, vielmehr vermutet man, dass es sich hier um die falsche Deutung des mundartlichen Wortes „Jodd“, was so viel wie Patentante heißt, handelt. Eine heilige Patentante? Gemeint ist damit wohl die heilige Matrone, der das Heiligtum geweiht war, wie eine Weihtafel aus dem Jahr 124 n. Chr. und eine Tonfigur in der Form einer Matrone – zu sehen unten im Museum – beweisen. Der Name der hier angebeteten Matrone war Caiva. Als Muttergottheit erfüllte sie wahrscheinlich auch die Funktion einer Schutz-Patronin, wie etwa eine Patentante. Vielleicht errichteten die Gutsbesitzer selbst hier oben ihr ganz persönliches Matronenheiligtum. Andererseits lassen die zahlreichen Gebäude innerhalb des Tempelbezirkes vermuten, dass hier möglicherweise auch Priester gelebt haben könnten. Die Form des im Grundriss erhaltenen Tempels ist typisch für diese Gegend, sie ist sozusagen eine Hybridform aus keltischem und römischem Heiligtum mit einer viereckigen cella (Innenraum des Tempels) und einem darum liegenden überdachten Säulengang. In der Mitte der cella war meistens die Statue des Gottes abgebildet, der in dem Tempel verehrt wurde. Dies könnte neben oder nach Caiva übrigens auch Hercules gewesen sein, worauf der Fund eines Löwenkopfes hindeutet.
Literatur:
Schiffer. T.: Auf Römerwegen durch die Eifel. Rheinbach 2014. 50.
Rheinisches Landesmuseum Trier (Hrsg.): Führer zu archäologischen Denkmälern des Trierer Landes. Trier 2008. 156 f.
66 Räume, 14 Mosaike, drei Bäder, ein eigener Tempel und vier Ecktürmchen statt der üblichen zwei. Wer hier gewohnt hat, besaß eine Menge Geld und wollte das auch zeigen. Vielleicht traf sich hier die Trierer High Society, um Geschäfte zu machen und ausschweifende Partys zu feiern.
06 RÖMISCHE VILLA OTRANG BEI FLIESSEM – WER HAT DIE SCHÖNSTE VILLA?
DEUTSCHLAND | Rheinland-Pfalz |
Nur 800 m östlich der Via Agrippa befand sich, einen Tagesmarsch nördlich von Augusta Treverorum, ein prunkvolles Anwesen von enormem Ausmaß: die Villa Otrang bei Fließem. Noch heute liegt sie außerordentlich malerisch und einsam an einem seichten zum Kylltal hin abfallenden Hang und ist über die Via Agrippa, auf deren Trasse die B51 gebaut ist, zu erreichen.
Die villa rustica wurde wahrscheinlich im 1. Jh. n. Chr. erbaut und anschließend immer wieder erweitert, bis sie im 5. Jh. vermutlich im Zuge des Germaneneinfalls zerstört wurde.
Ihre Grundform entspricht dem im nördlichen Gallien verbreiteten Typ der Eckrisalitvilla. Sie bestand aus einem langgezogenen rechteckigen Haupthaus, das von einem vorgelagerten Säulengang (Portikus) und zwei an den Enden vorspringenden Eckräumen, den sog. Risaliten, gesäumt wurde. Allerdings verfügte das Haupthaus noch über zwei weitere Risaliten an der Rückseite und umfasste somit eine Fläche von 360 m2, auf der sich im 3. Jh. 66 Zimmer befanden, von denen 14 mit einem Mosaikfußboden ausgestattet waren. Noch dazu verfügte die Villa über drei Bäder und einen eigenen kleinen Tempelbezirk südlich des Geländes, der heute leider nicht mehr sichtbar ist (Abb. 14).
Wer könnte in so einem luxuriösen Anwesen gewohnt haben? Die Ausstattung lässt vermuten, dass die Anlage nicht allein als wirtschaftliches Gut genutzt wurde, sondern die Sommerresidenz einer reichen Persönlichkeit aus der römischen Oberschicht war, vielleicht aus dem 40 km entfernten Augusta Treverorum. Die vielen Trakte und Zimmer wurden vielleicht auch als Gästewohnungen genutzt, so kann man sich gut vorstellen, dass in manch lauer Sommernacht Gesang und Musik bis zur Via hinüberdrang, wenn der Hausherr mit seinen Gästen aus der Stadt ein ausschweifendes Fest feierte. Dabei gab er sich sicherlich nicht bescheiden, denn immerhin hatte er die besonders weitläufige Konstruktion seines Hauses und die zahlreichen Mosaike mit ihren geometrischen und floralen Mustern nicht nur für sein eigenes Vergnügen oder gar für seine Dienerschaft anlegen lassen. Sie dienten vor allem auch der Repräsentation. Man kann sich gut vorstellen, dass die vielen reichen Großgrundbesitzer im südlichen Germanien um die aufwendigste und kreativste Ausstattung ihrer Gutshäuser konkurrierten. Man denke z. B. an das sagenhafte Mosaik in der nahe gelegenen Villa Nennig (siehe 14, S. 64) oder den repräsentativen Innenhof und das Bad in der Villa Borg (siehe 13, S. 58).
Abb. 14 Doppelter Denkmalschutz: Reste der Villa Otrang und Schutzhäuschen aus dem 19. Jh.
Wer die Villa heute besichtigt, wird anstatt von СКАЧАТЬ