Abb. 1 Endlose Felder und Hügel in der Eifel.
Abb. 2 Blick vom Grabtempel in Bech-Kleinmacher auf das Moseltal.
Die neu angelegten Fernstraßen, die die großen Militär- und Handelsplätze immer möglichst auf der kürzesten Strecke verbanden, waren breit und wetterfest angelegt. Die Fahrbahnen wurden aufwendig gebaut, mit mehreren Geröll- und Kiesschichten, die nach oben hin immer feiner wurden und in der Nähe von größeren Orten meistens mit einer Schicht von Steinplatten abgeschlossen waren. Die Straßen waren in ihrer Gesamtanlage bis zu 25 m breit, sodass mindestens zwei Fuhrwerke, aber am Rand auch Fußgänger, einander gleichzeitig passieren konnten. An manchen Stellen, z. B. bei schwierigem Gelände, wurden die Trassen auch manchmal geteilt, sodass man bei Überflutung eine Ausweichstraße hatte, oder der steilere Weg für den Aufstieg und der seichtere für den Abstieg einer Höhe benutzt werden konnte. Für die Orientierung gab es Meilensteine. Meistens waren das zwischen 1,50 und 3 m hohe Steinzylinder am Wegesrand, auf denen eine Entfernungsangabe in römischen Meilen (1 mille passuum = ca. 1.480 m) stand, ausgehend vom nächstliegenden Stadttor. Ab dem frühen 3. Jh. setzte sich nördlich von Lugdunum (Lyon) das gallische Längenmaß Leuge durch (1 leuga ca. 2.220 m, siehe Tabula Peutingeriana: Lugduno). Auch der Name des Kaisers, unter dessen Herrschaft die Steine errichtet worden waren, wurde auf die Steine gemeißelt, dazu meistens seine Ämter und Ehren. Dadurch ist es uns auch möglich, den Zeitpunkt ihrer Errichtung und so der Straßennutzung zu berechnen.
Abb. 3 Blick vom röm. Grabtempel „Grutenhäuschen“ auf das Moseltal.
Länge und Verlauf der Via Agrippa kennen wir allerdings nicht nur durch die archäologischen Funde wie z. B. Meilensteine und Reste des antiken Straßendammes, sondern auch durch einige wenige erhaltene antike Karten und Wegeverzeichnisse. Eine wertvolle Quelle ist die spätmittelalterliche Kopie einer antiken Weltkarte, auf der die Straßen und Verbindungslinien des gesamten Römischen Reiches und noch darüber hinaus mit ihren Knotenpunkten und Etappenorten graphisch dargestellt sind: die Tabula Peutingeriana. Da diese Karte mit Sicherheit über die Jahrhunderte mehrfach kopiert wurde, ist es nicht möglich, ihre genaue Quelle ausfindig zu machen. Tatsächlich ist es aber wahrscheinlich, dass sie, wie auch unsere Straße selbst, auf Agrippa zurückgeht, der eine große Weltkarte in Stein meißeln ließ, die in einer Halle auf dem Marsfeld in Rom angebracht werden sollte. Augustus ließ sie nach dessen Tod fertigstellen und an seinem Grab anbringen. Diese Karte wurde vermutlich mehrfach kopiert und diente möglicherweise auch als Vorlage für eine Karte aus dem 4. Jh., deren Abschrift wiederum unsere Tabula ist. Durch das häufige Kopieren haben sich die Namen der Orte im Laufe der Zeit etwas geändert und den Kopisten sind Fehler unterlaufen, die weitergegeben wurden. Z. B. heißt der Etappenort der Via Agrippa Vienna (Vienne) auf der Karte Vigenna; aus Tinurtium (Tournus) wurde Tenurcio. Beim Zeichnen der Via Agrippa hat der Kopist auch vergessen, eine durchgängige Linie von Mose (möglicherweise Meuvy) nach Andemantunnum (Langres) zu ziehen, sodass der unwissende Wanderer einen langen Umweg über Durocortorum (Reims) machen müsste.
Abb. 4 Blick von Orange auf den Mont Ventoux.
In diesem Kulturreiseführer finden sich viele der auf der Tabula genannten Etappenorte wieder, wie Cabillione (Chalon-sur-Saône) oder Beda (Bitburg). Dann wurden aber auch solche Orte ausgewählt, die zu klein sind, um auf der Karte zu stehen, aber direkt an der Via Agrippa liegen, wie z. B. die Grabmonumente in Luxemburg. Auch besondere Orte, die in der Nähe der Via Agrippa liegen und sehenswert sind, haben ihren Weg in dieses Buch gefunden, wie z. B. Vasio (Vaison-la-Romaine) oder die Kalkbrennerei in Iversheim. Einen Exkurs schließlich bilden die drei etwas abseits gelegenen Orte Alesia, Autun (Augustodunum) und Bibracte, die dazu einladen, sich auf die Spuren des Gallischen Krieges zu begeben und Iulius Caesar näher kennenzulernen. All diese Orte sind jedoch verbunden durch die „Adern“ des Imperiums. Allen voran natürlich durch die Via Agrippa als „Pulsader“, aber auch durch Ausfallstraßen und natürlich Wasserleitungen, die neben den Straßen einen wichtigen Teil der römischen Infrastruktur darstellen. Die einzelnen Orte sind zur besseren Übersicht in Deutschland den Bundesländern, in Luxemburg den Kantonen und in Frankreich den Regionen zugeordnet.
Abb. 5 Blick vom Mont Beuvray (Bibracte) auf den Parc Naturel Régional du Morvan in der Bourgogne.
Mit dem Besuch all dieser spannenden, großen und kleinen, bedeutenden und geheimen Orte der Antike reisen Sie nun also nicht mehr einfach nur auf der A1 oder der A31 gen Süden, sondern auch auf der Via Agrippa. Sehen Sie die wunderschönen Landschaften auf Ihrer Reise mit anderen Augen und machen Sie Ihren Weg zum Ziel!
Literatur:
Hagen, J.: Römerstraßen der Rheinprovinz. Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz. Achter Band. Bonn 1931.
Weber, СКАЧАТЬ