Literatur:
Sölter, W.: Römische Kalkbrenner im Rheinland. Rheinische Kunststätten. Köln 2005.
Wie in der nahe gelegenen Kalkbrennerei Iversheim wurden auch hier Soldaten der ersten Legion Minervia aus Bonn stationiert – diesmal in einer Straßenmeistererei. In dieser urigen Hügellandschaft, wo auch die römische Wasserleitung nach Köln entspringt, befindet sich das lange gesuchte Marcomagus.
04 NETTERSHEIM – MARCOMAGUS: MATRONEN WACHEN ÜBER JUNGE SOLDATEN, MEDUSA ÜBER DAS WASSER FÜR KÖLN
DEUTSCHLAND | Nordrhein-Westfalen |
Durchhaltevermögen war denjenigen zu wünschen, die zu Fuß und möglicherweise noch schwer beladen auf der Via Agrippa unterwegs waren, denn hier kurz vor der Straßenstation Marcomagus wandte sich die Straße das Urfttal hoch und runter (Abb. 10). Immerhin mangelte es nicht an quellreinem Wasser, mit dem man sich erfrischen und Kraft für den nächsten Anstieg sammeln konnte.
Zum ersten Mal kreuzte die Straße den Bach Urft ganz in der Nähe einer der Quellen für die Eifelwasserleitung nach Köln. Den sog. „Grünen Pütz“, das Quellbecken der Leitung, und die sich daran anschließende Wasserleitung kann man heute besichtigen. Hier beginnt auch der Römerkanal-Wanderweg, auf dem man entlang der antiken Wasserleitung bis nach Köln wandern kann. Die rekonstruierte Brunnenstube ist ein in Stein eingefasstes rechteckiges Becken. Der von links kommende, mit Steinplatten abgedeckte 80 m lange Sickerkanal war wasserdurchlässig gebaut und sammelte – wie der Name schon sagt – das Sickerwasser, um es in das Sammelbecken zu führen. Dort wurde es von einem Schwellstein zunächst aufgehalten und so beruhigt, bevor es rechts durch die halbrund überwölbte Wasserleitung seinen Weg nach Köln aufnahm. So wurde das ankommende Wasser von Sand- und Schmutzpartikeln gereinigt, die sich vor der Schwelle absetzten. Der halbrunde Abschluss der Einfassung wurde von zwei Medusenhäuptern verziert, die mit ihren grimmigen Mondgesichtern die Quelle vor Zerstörung oder Verunreinigung schützen sollten.
Oberhalb der Quelleinfassung gab es zwei Trassen, die zur Urftbrücke in Marcomagus führten, wahrscheinlich waren es Einbahnstraßen in entgegengesetzter Richtung. Die steile Trasse bis zur Hochfläche kann man heute direkt vom Parkplatz am Grünen Pütz über die Serpentine Rosenthal nachvollziehen und dabei im Wald ausgefahrene römische Fahrrinnen, eine Wasserrinne sowie links des Weges kurz vor der Kuppe einen überwachsenen Steinbruch sehen. Dieser ist heute kaum mehr als eine tiefe Grube – aus dem die Römer vielleicht Steine für die Straßenbefestigung gewannen.
Abb. 10 Flucht der Via Agrippa Richtung Norden, im Vordergrund das spätantike Kastell an der Urft, dahinter am Hang der vicus Marcomagus.
Nach ca. 4 km ab der Quellfassung konnte man nun endlich im Straßendorf Marcomagus rasten und sich stärken. Diese Station an der Via Agrippa ist auch auf der Tabula Peutingeriana verzeichnet und bis vor wenigen Jahren ging man davon aus, dass es sich hierbei um das nur wenige Kilometer entfernte Marmagen handeln müsse. Ausgrabungen und der nachgewiesene Trassenverlauf belegen jedoch eine Wegestation an dieser Stelle. Zwischen der Anhöhe „Görresburg“, dem angrenzenden weiten Hang „Alte Gasse“ und dem „Steinrütsch“ im Tal an der Urft ist ein archäologischer Landschaftspark angelegt, der ausgewählte Reste des antiken Dorfes sichtbar macht.
Von Norden kommend, erblickte man im 2. Jh. auf der Höhe einen steinernen Tempelbezirk mit drei Gebäuden, unter dem sich am Hang bis hinunter zur Urft längliche auf Steinfundamenten gebaute Fachwerkhäuser dicht aneinanderreihten, die sog. Streifenhäuser. Unten im Tal erreichte man schließlich die Wegestation, hier hat es vermutlich eine Unterkunft und eine Straßenmeisterei gegeben.
Diese wurde von Soldaten aus der Bonner Legion I Minervia betrieben, die auch in der Iversheimer Kalkbrennerei arbeiteten. Sie waren hier als beneficiarii consularis eingesetzt, d. h. Unteroffiziere, die für Dienste im Gemeinwesen und Verwaltungsdienst eingeteilt waren. Sie waren in Marcomagus wahrscheinlich für die Überwachung des Urftüberganges und zur Instandhaltung der Straße im umliegenden Gebiet stationiert. Gut kann man sich vorstellen, dass sie den strapazierten Straßenbelag mit Steinen aus dem nahegelegenen Steinbruch ausbessern mussten. Diese Wegestation wurde, wahrscheinlich nachdem sie bei den Frankeneinfällen im 3. Jh. zerstört worden war, Anfang des 4. Jhs. erneuert und zu einem steinernen Kastell ausgebaut, das man fortan durchqueren musste, um auf die andere Seite des Flusses zu gelangen. Die Grundmauern dieses Kastells wurden rekonstruiert und können heute wieder durchquert werden.
Abb. 11 Matronenheiligtum des vicus Marcomagus auf der „Görresburg“.
Vier der beneficiarii haben in dem oben gelegenen Tempelbezirk den sog. Aufanischen Matronen Weihesteine mit Inschriften geschenkt, deren Kopien heute rund um das Heiligtum aufgestellt sind (Abb. 11). Diese meist zu dritt dargestellten Muttergottheiten mit großen Hauben als Haartracht sind wahrscheinlich keltischen Ursprungs und wurden besonders im Rheinland verehrt, aber auch weiter südlich in Gallien, wo man ganz ähnliche Darstellungen entlang der Via Agrippa finden kann. Der Beiname „Aufanisch“ ist nicht geklärt. Ein Hauptheiligtum der Matronen befand sich vermutlich in Bonn. Man kann sich also gut vorstellen, dass die Bonner Legionäre den hier schon seit dem 1. Jh. vorhandenen Kultplatz ausgebaut und nach dem Ende ihres Dienstes dort Weihesteine für ihre Gottheiten aufgestellt haben, um ihnen für eine glücklich verlaufene Dienstzeit zu danken.
Literatur:
Grewe. K.: Der Römerkanal-Wanderweg. Ein archäologischer Reiseführer. Düren 2005. 66 – 69.
Horn, H.G.: Agrippa Straße. Von Köln bis Dahlem in 4 Etappen und 8 Exkursen. Köln 2014. 188 – 200.
Wer auf der Höhe von Oos die Via Agrippa verließ, um auf dem Gut der Villa Sarabodis Handel zu betreiben, kam darüber hinaus in den Genuss des mineralreichen Wassers, das bis heute weit über seinen Ursprung hinaus bekannt ist. Zum Beten und Opfern luden die heilige Quelle des Gutsbesitzers oder das Matronenheiligtum auf dem Berg ein.
05 GEROLSTEIN – HEILIGES WASSER UND EIN FALSCHER JUDENFRIEDHOF
DEUTSCHLAND | Rheinland-Pfalz |
Villa Sarabodis
Die gemütliche Kleinstadt Gerolstein ist vor allem berühmt durch ihr Mineralwasser. Doch auch seine Lage in der Vulkaneifel zwischen bewaldeten Hügeln und dramatischen Dolomitenfelsen macht sie zu einem beliebten Urlaubsziel. Vielleicht diese schöne Umgebung oder auch die sprudelnde Heilquelle, heute Sidinger Drees genannt, veranlasste СКАЧАТЬ