Reiten wir!. Tommy Krappweis
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Название: Reiten wir!

Автор: Tommy Krappweis

Издательство: Автор

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783944180885

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СКАЧАТЬ den Wünschen seiner Hausdame nachkam.

      »Was führt Dich her, Liebes? Und wer ist der hübsche Kerl, der Dich begleitet?« Sie drückte mich und führte uns an einen Tisch abseits der üblichen Gäste. Schwer ließ ich mich auf den Stuhl fallen und bereute es sogleich. Jeder Muskel schmerzte. »Das ist George-Harker Morrison, ein alter Freund.« Der Vorgestellte nickte kurz und sah, anders als Männer das üblicherweise taten, Pinky nicht in ihr ausladendes Dekolleté, sondern in die Augen. »Sehr erfreut, sie kennenzulernen, Mister«, antwortete sie und reichte ihm die behandschuhte Hand. Er nahm sie, führte sie kurz, einen Diener machend, an die Lippen und ließ sie dann wieder los. Ich hatte Zeit, Pinkys ausgefallene Mode zu bewundern. Das Mieder saß eng und drückte den Busen dekorativ nach oben, die Röcke stellten ihre Hüften hervor, die Spitze umspielte die blasse Haut. Selbst der Hut mit seinen violetten Federn passte perfekt.

      »Wie also kann ich euch helfen, außer natürlich mit einem guten Schluck und einem weichen Bett für die Nacht?« Ich lächelte dankbar. »Oh, ein weiches Bett, das wäre fantastisch!«

      »Das sollt ihr haben und ein warmes Bad noch dazu. Wie geht es dem Geschäft?« Ich seufzte: »Ehrlich gesagt, schlecht. Wenn es so weiter geht muss ich die ersten Mädchen entlassen.« Ich mied Morrisons Blick. Ich hatte es ihm bisher nicht erzählt, noch es groß in der Town herumgetrascht. Ich straffte stattdessen die Schultern: »Aber deswegen sind wir nicht hier. Ist Ellen noch bei Dir?«

      »Ja, das ist sie, es ist ihr noch nicht warm genug für die Reise. Sie hat die kleine Wohnung unter dem Dach bezogen.« Die Schwingtür öffnete sich und ein paar Goldgräbern kamen lachend und prahlend herein. »Pinky, ich habe Geld gemacht«, dröhnte einer von ihnen. »Schwing deinen hübschen Hintern herüber und lass es mich zwischen deinen Brüsten ausgeben!« Der Sprecher stand mitten im Raum und mein geschulter Blick sagte mir, dass er einen Teil des Geldes bereits im Store für den einen oder anderen Schluck ausgegeben hatte. Wir Frauen nickten uns wissend zu. Pinky rollte kurz die Augen, setzte dann aber ein strahlendes Lächeln auf und verabschiedete sich von uns mit einem Nicken. »Mister Flynn!«, sprach sie den Mann an, hakte sich bei ihm ein und ging, um dem Mann bei seinem Problem behilflich zu sein.

      Wir hingegen stiegen, durch den Tumult unbeachtet, die Treppen hinauf bis zum Dach. Ich klopfte an der Tür und wartete auf das ›Herein‹. Es roch nach Kräutern, die in Sträußen unter dem Dachstuhl trockneten. Ellen saß in einem Schaukelstuhl am Fenster, eine grob gestrickte Decke über ihren Beinen und beobachtete die Straße. »Guten Abend. Ich hoffe, wir stören nicht?« Die Angesprochene hob ihren Blick und verneinte mit einer kleinen Bewegung ihres Kopfes. »Was kann die alte Ellen für dich tun, Liebes?« Sie reichte mir zur Begrüßung beide Hände und drückte sie fest. Morrison hob seinen Hut ab und blieb in der Türe stehen.

      »Ich habe etwas … geerbt und wollte fragen, ob du mir helfen kannst, es zuzuordnen. Ein Mann wurde deswegen getötet und andere jagen mich nun.«

      »Ein Mann …?«, fragte Ellen mit zusammengezogenen Augenbrauen. Trotz ihres Alters war sie noch immer von schnellem Verstand. »Ein Kunde, ja, aber einer, den ich als Freund bezeichne; ein Gentleman noch dazu. Er wurde in meinem Zimmer erschossen«, fügte ich zur Erklärung und Verteidigung an. Zwar lebte Ellen über einem Bordell, aber sie hieß es dennoch nicht gut, dass ich diesem Beruf nachging. »Dann zeig mir mal, was so wertvoll ist, dass dafür getötet wurde.« Ich holte das Räuchergefäß hervor und reichte es ihr in die von Wetter und Alter geprägten Hände.

      Sie betrachtete es eine Weile: »Ich schätze, es stammt aus Japan. Der Kranich, oder auch ›Tsuru‹, wie die Japaner sagen, steht auf einer Schildkröte: ›Kame‹. Beides Symbole für langes Leben. Nach einem japanischen Sprichwort lebt der Kranich ein Jahrtausend, die Schildkröte sogar zehn Jahrtausende.« Ich verzog meine Lippen; ›langes Leben‹ hatte diese Statue Mister Colten offensichtlich nicht beschert. »Sie ist», fuhr Ellen fort, »hier im Westen eine Rarität. Aber ich wüsste nicht, warum deswegen jemand derart …« Sie unterbrach sich und betrachtete die filigrane Statue eine Weile mit zusammengekniffenen Augen. Plötzlich fasste sie beherzt an den Kranich und drehte ihn, die Schildkröte festhaltend, gegen den Uhrzeigersinn. Ehe ich erschrocken ausrufen konnte, sah ich, dass die beiden Teile sich voneinander lösten. Fünf weitere Umdrehungen später hatte Ellen den Kranich von seinen Beinen getrennt und zeigte mir den unteren Teil. Er bestand neben der Schildkröte aus zwei hohlen Beinröhren. In der einen Röhre steckte ein gerolltes Papier. Gemeinsam fischten wir es heraus und entrollten es auf dem Tisch.

      Ich sog überrascht die Luft ein, als ich eine Ansammlung von japanischen Schriftzeichen sah, die sich um eine kleine, einfache Karte schmiegten. Ellen erhob sich, für ihr Alter erstaunlich geschwind. Sie legte die Decke von ihren Knien über die Stuhllehne und holte ein Vergrößerungsglas aus einem fein verzierten Kästchen. Stehend und im Dämmerlicht, das durch das Fenster hereinkam, betrachtete sie die Schriftzeichen. Morrison hatte sich derweil kaum bewegt. Aufmerksam beobachtete er uns und lauschte auf den immer mehr zunehmenden Lärm, der aus dem Saloon zu uns heraufkam. »Mister«, sprach Ellen ihn unvermittelt an: »Wollen Sie uns wohl unten einen Tee besorgen?« Sie deutete auf die Blechkanne, die auf dem Tisch stand. Der Angesprochene sah zu mir hinüber, und als ich mit den Schultern zuckte, nahm er schweigend die Kanne und verließ uns. Ellen wartete, bis seine Schritte leiser wurden und flüsterte dann: »Traust Du ihm?« Ich ertappte mich dabei, wie ich mir nachdenklich durch die Haare fuhr: »Was den Schutz meines Lebens angeht: unbedingt. Warum? Was steht auf der Schriftrolle?«

      »Es ist eine Beschreibung zu einer bestimmten Stelle in einer Mine.« Ellen legte das Pergament in meine Hände. »Damit könntest du vielleicht dir und deinen Mädchen einen ruhigen Lebensabend kaufen, wenn du willst. Oder du kaufst dir dein Leben damit von diesen Jameston-Brüdern frei.«

      »Auf keinen Fall!«, fügte ich viel lauter an, als ich es beabsichtigt hatte: »Diese Geier, die sich auf jeden stürzen, der Schwäche zeigt und selbst den Armen noch ihr Brot stehlen. Nein!«

      Es klopfte und ich verstummte; wer auch immer dort stand, hatte sicherlich meinen letzten Ausruf gehört. Morrison trat ein und stellte die Kanne auf den Tisch: »Die Jamestons sind in der Stadt.« Ich wurde bleich, hatten wir doch die Pferde direkt vor dem Saloon angebunden. »Gerade sind sie noch beim Arzt.« Dann schwieg er und ich hätte fast ›Was tun wir jetzt?‹ gefragt, doch dann fiel mir ein, dass ich die Auftraggeberin war und er noch dazu nicht wusste, wohin wir wollten. Himmel, nicht einmal ich hatte eine Ahnung. Ellen stand zügig auf. »Ich ziehe mich rasch um und wir reiten los, wenn die Minenarbeiter zuhauf in die Stadt und den Saloon strömen.« Sie wandte sich zu einem Schrank und öffnete ihn. Morrison drehte sich und verließ den Raum, während Ellen zu meiner Überraschung ihr Kleid über den Kopf streifte und sich ein ledernes Fransenhemd mit dazu passender Hose anzog, wie es die Trapper zu tragen pflegten. Dann schlüpfte sie in zwei bequeme Mokassins, zog einen gepackten Rucksack unter dem Bett hervor und lächelte mich an. Sie war wie ausgewechselt.

      Wenn es Morrison irritierte, dass Ellen plötzlich eher wie ein Mann aussah, denn eine Dame, so zeigte er es nicht. Er nahm ihr, wie selbstverständlich, die Tasche ab und wir gingen die Treppe herunter. Kurze Zeit später winkte er und wir folgten ihm, als ein Schwung Minenarbeiter in den Saloon hineinkam. Als die Postkutsche draußen vorfuhr, verließen wir das Etablissement. Ellen holte ein Pferd aus dem Stall, das mir den Atem verschlug. Es war ein prächtiges Appaloosa mit bezaubernden Flecken im Fell und einem edlen Gebaren. Seine Augen waren groß und wach, seine Nasenlinie außergewöhnlich gerade. Ellen schwang sich so gekonnt auf den muskulösen Rücken, dass es meine Schätzung über ihr Alter Lügen strafte. Ich hatte mich von den grauen Strähnen in ihrem Haar in die Irre führen lassen.

      »So, Ladys«, wandte sich Morrison an uns, als wir die Stadt hinter uns gelassen hatten. Er zügelte sein Pferd und sah uns auffordernd an. Ich erzählte ihm von unserem Plan. »Wir teilen durch drei«, beendete ich die kleine Rede. Irgendwie fühlte es sich merkwürdig an, mit George so zu verhandeln, als seien wir Fremde. Er brachte sein Pferd näher an meines. СКАЧАТЬ