Sturmzeit auf Island. Susanne Zeitz
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Название: Sturmzeit auf Island

Автор: Susanne Zeitz

Издательство: Автор

Жанр: Контркультура

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isbn: 9783961457090

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      „Bitte Julia.“

      „Also gut, aber keine Diskussion mehr über meinen Urlaub. Ich fliege morgen und damit basta.“

      „Einverstanden.“ Ihre Mutter seufzt.

      „Kommt sie zum Frühstück?“ Michael blickt seine Frau fragend an.

      Elin nickt. „Aber sie lässt sich von ihrem Vorhaben nicht abbringen. Ich musste ihr versprechen, nicht wieder davon anzufangen.“

      Michael nimmt seine Frau liebevoll in den Arm. „Hast du über meine Idee, deine Geschichte niederzuschreiben, nachgedacht?“

      Elin nickt. „Ich glaube, das werde ich tun, auch wenn ich Angst davor habe.“

      „Aber die Vergangenheit kann dir heute nichts mehr anhaben. Und ich bin ja schließlich auch noch da. Ich werde dich gegen Wikinger, Vulkane und alte Geister verteidigen“, lacht Michael und lässt seine Armmuskeln spielen.

      „Woher weißt du?“ Elin schaut ihren Mann entsetzt an.

      „Weiß ich was?“, fragt Michael erstaunt.

      „Von den Unsichtbaren?“ Elin lässt sich erschöpft aufs Sofa fallen. Ein Häufchen Elend.

      „Wovon redest du?“ Michael kniet sich neben sie und greift nach ihrer Hand. „Du bist ja ganz bleich. Elin, was ist denn los?“ Er schüttelt sie sanft, als sie nicht reagiert.

      Elin zuckt zusammen. „Ich wusste, dass sie mich nicht in Ruhe lassen würden“, sagt sie leise. „Irgendwann musste es soweit kommen.“

      „Wer? Was?“, fragt Michael beunruhigt.

      Die melodische Klingel der Haustür unterbricht sie.

      Elin steht auf. „Lass jetzt. Du wirst es erfahren, aber du kannst mir nicht helfen. Die Unsichtbaren muss ich selbst versöhnen.“

      Michael erhebt sich ebenfalls. „Die Unsichtbaren? Du sprichst in Rätseln.“ Er schüttelt den Kopf.

      Elin zuckt mit den Schultern und eilt zur Tür.

      „Julia, mein Schatz, schön, dass du gekommen bist.“ Sie nimmt ihre Tochter in den Arm. „Es ist so warm, dass wir im Garten frühstücken können.“

      Julia hält ihrer Mutter eine Bäckertüte unter die Nase. „Versöhnungsbrötchen“, meint sie lächelnd und folgt ihr in die Küche, wo ihr Vater gerade dabei ist, ein vollbeladenes Tablett in den Garten zu tragen.

      „Paps, soll ich dir was abnehmen?“ Bevor er etwas erwidern kann, greift Julia die Kaffeekanne und bringt sie in Sicherheit.

      Michael zwinkert seiner Tochter schelmisch zu. „Ich kann so was“, meint er und geht in den Garten.

      „Dein Vater ist unmöglich! Erst kürzlich sind ihm zwei Teetassen vom Tablett gerutscht“, sagt Elin leicht ärgerlich. „Meine Lieblingstassen aus England.“

      Kurz darauf treten sie auf die Holzveranda, wo Michael sonnengelbe Teller und Tassen auf den hellgrün gestrichenen Holztisch stellt.

      Julia setzt sich auf die mit dicken Kissen ausgestattete Bank und lässt ihren Blick schweifen. Tontöpfe mit rosa und blauen Hortensien, die ihre kugeligen Blütendolden der Morgensonne entgegenstrecken. Der kleine Teich, den Elin liebevoll angelegt hat, glitzert im Morgenlicht und spiegelt das Türkis einer Libelle wider, die um die Seerosen schwirrt. Ein Büschel Schilfgräser wiegt sich beinahe meditativ im lauen Lüftchen. Der süßliche Duft des Geißblattes, das sich an der Hauswand emporrankt, steigt ihr in die Nase und das Summen der Bienen dringt an ihr Ohr.

      „Euer Garten ist wirklich ein Traum. Mam, du bist eine richtige Gartenkünstlerin.

      „Es macht mir auch großen Spaß, im Garten zu werkeln.“ Elin stellt den Brotkorb auf den Tisch. „Warum schaust du mich eigentlich so prüfend an?“

      „Du siehst immer noch so jung aus“, erklärt Julia.

      Elin streicht verlegen ihren geblümten Wickelrock gerade. „Ach was. Das täuscht. Zurzeit fühle ich mich wie achtzig.“

      „Ich glaube nicht, dass Achtzigjährige ihren Zopf mit einer gelben Blüte schmücken würden“, lacht Julia.

      „Deine Mutter ist mit ihren siebenundfünfzig jung und wunderschön“, betont Michael, nimmt seine Frau in den Arm und gibt ihr einen zärtlichen Kuss auf den Mund.

      Julia lenkt ihre Aufmerksamkeit rasch auf eine Amsel, die einen fetten Wurm im Schnabel hält. Hätte sie ihrer Beziehung mit Rainer vielleicht doch noch eine Chance geben sollen?

      „Wo liegt denn der Reiterhof?“ Elin nippt an ihrem Kaffee. Vielleicht hat sie gestern tatsächlich überreagiert. Was soll schon passieren? Julia weiß von nichts und Island ist groß. „So groß auch wieder nicht, vor allem die besiedelten Gebiete nicht“, kontert ihre Angststimme.

      Julia schaut ihre Mutter leicht unwillig an. Es geht doch hoffentlich nicht schon wieder los?

      „Ich fliege bis Keflavik. Unser Hotel ist in Hafnarfjördur. Von dort aus unternehmen wir Tagesausflüge. Nach einer Woche fahre ich mit dem Bus in den Norden. Akureyri und andere Orte, die ich mir nicht merken kann. Isländisch scheint eine schwere Sprache zu sein. Warte ich lese es vor.“ Julia kruschtelt in ihrem Rucksack und zieht die zerknitterte Reisebeschreibung des Veranstalters heraus.

      Städtenamen und Orte plötzlich ausgesprochen, lassen Szenen aus Elins Vergangenheit lebendig werden. Das Kaleidoskop eines verdrängten Lebens.

      Sie entführen Elin auf die Vulkaninsel ihrer Kindheit.

      Eine kleine Elin auf dem Pferdehof ihres Stiefvaters in der Nähe von Akureyri, meistens allein und unbeachtet. Einkaufsfahrten mit der Mutter in das nahe Städtchen mit seinen farbenfrohen Holzhäusern, für sie immer ein Ausflug in die moderne, weite Welt. In diesen Stunden hatte sie ihre Mutter für sich allein. Keine eifersüchtige Kristin und keine missbilligenden Blicke der Großmutter. Sie fieberte diesen monatlichen Ausfahrten regelrecht entgegen.

      Dann eine ältere Elin, schon fast erwachsen, in einem Café in Reykjavik. Ihr gegenüber Einar, ihr Geliebter, den sie bald heiraten wird.

      Elin zieht hörbar die Luft ein.

      „Mam, hörst du mir überhaupt zu?“

      Elin fällt aus ihrer Erinnerungsreise. „Ja, ich habe zugehört. Du fährst nach Nordisland.“ Ihre Stimme klingt sehnsuchtsvoll. „Nach Akureyri“, setzt sie leise hinzu und ihre Augen füllen sich mit Tränen.

      „Ach Mam.“ Julia greift über den Tisch nach den Händen ihrer Mutter und drückt sie fest. Was soll sie sagen?

      Elin schüttelt den Kopf und wischt sich mit einem Taschentuch über die Augen. „Ist schon gut. Mach dir keine Gedanken. Wer möchte noch eine Tasse Kaffee?“ Sie setzt ein Lächeln auf und versucht, Gelassenheit zu vermitteln, doch ihr dunkler, weiter Blick und ihre zitternden Hände, mit denen sie die Kaffeekanne hält, sprechen eine andere Sprache.

      „Geht Rainer eigentlich mit?“, fragt Michael.

      „Ja, СКАЧАТЬ