Sturmzeit auf Island. Susanne Zeitz
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Название: Sturmzeit auf Island

Автор: Susanne Zeitz

Издательство: Автор

Жанр: Контркультура

Серия:

isbn: 9783961457090

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СКАЧАТЬ auch ihre Geschichte. Du könntest sie aufschreiben, vielleicht fällt es dir auf diese Art leichter.“

      „Lass mich, bitte!“ Elin nimmt das breite Wolltuch, das über der Stuhllehne hängt, und wirft es sich über die Schultern. Sie streift mit einer sanften Berührung seine Hand ab und verlässt das Schlafzimmer.

      „Es tut mir leid“, murmelt sie.

      Michael weiß aus Erfahrung, dass es jetzt keinen Wert hat, weiter mit ihr zu diskutieren. Jetzt verkriecht sie sich wieder in ihrem Schneckenhaus und verwehrt jedem den Eintritt.

      Michael lauscht ihren leichten Schritten, mit denen sie die Treppe hinuntereilt. Seine schöne, geheimnisvolle Frau. Mit einem Seufzer kehrt er ins Bett zurück.

      Elin geht ins Wohnzimmer und kauert sich in den großen Ohrensessel, der vor dem Kamin steht. Ihr Lieblingsort, wenn sie nachdenken oder sich entspannen möchte.

      Stille und Dunkelheit, die nur durch sanftes Rauschen des Sommerregens und fernes Wetterleuchten durchbrochen werden.

      Sie weiß, dass sie endlich mit ihrer Tochter sprechen muss, doch sie kann nicht. Sie hat Angst vor dem grauen Schleier, der sich sofort wieder auf ihrer Seele niederlässt, sobald sie der Vergangenheit die Tür öffnet.

      Doch vielleicht hat Michael recht, und es wäre leichter, die Geschichte niederzuschreiben? Vielleicht könnte sie auf diese Weise das Vergangene verarbeiten und dann endgültig hinter sich lassen?

      Doch wann beginnt ihre Geschichte eigentlich?

      Hat sie nicht bereits ihren Ursprung viel, viel früher, als die kleine Elin noch gar nicht geboren war? Gibt es nicht immer Geschichten vor den Geschichten? Schicksalsfäden, die von früheren Generationen bis ins jetzige Leben hineingesponnen sind? Großmutter, Mutter, Kind und Enkelin?

      Elin fröstelt und zieht den Schal enger um die Schultern. Sie kennt den roten Faden, der die Frauen ihrer Familie miteinander verbindet, hat in ihrer Kindheit immer wieder Bruchstücke aufgeschnappt, die ihr wie vergiftete Brotstückchen hingeworfen wurden. Von Saga, Katla, den Nachbarn. Als Kind die Bedeutung noch nicht verstehend, doch die Seele verletzend.

      Trollenkind.

      Sie lacht schmerzhaft auf. Wie weh das tat.

      „Trollenkind“, spricht sie mit brüchiger Stimme leise vor sich hin. „Trollenkind.“

      KAPITEL 2

       Julia

      Mit gehetztem Blick dreht sie sich einmal um sich selbst. Hier muss es doch eine Straße, Häuser oder wenigstens einen erkennbaren Pfad geben. Doch soweit ihr Auge reicht, nur braune Lavasteine zu bizarren Formationen aufgehäuft.

      Wo ist sie?

      Wie ist sie bloß hierhergekommen?

      Ein eisiger Wind beißt sie ins Gesicht und wirbelt Schneeflocken in einem wilden Tanz durcheinander.

      Plötzlich sieht sie in der Ferne eine Bewegung. Sie wischt sich über die tränenden Augen und starrt in das undurchsichtige Blaugrau, das sich über die Landschaft gelegt hat.

      Tatsächlich. Drei Gestalten mit wehenden Gewändern kommen direkt auf sie zu.

      Ihr Herz schlägt wie verrückt. Sie presst die Hand darauf. Jetzt wird alles gut. Sie ist nicht mehr allein.

      Als sie vor ihr stehen, erkennt sie, dass es sich um Frauen handelt. Schlank, groß, in weiße Tücher gehüllt.

      Sie lächelt ihnen zu, möchte sie grüßen, doch die Worte bleiben ihr im Hals stecken, als sie in kristallblaue Augen blickt, aus denen ihr kein Lächeln, kein Wohlwollen entgegenkommen.

      Eine arktische Kälte geht von ihnen aus und trifft sie bis ins Mark.

      Voller Entsetzen wird ihr bewusst, dass sie von ihnen keine Hilfe erwarten kann. Im Gegenteil. Sie rennt los.

      Julia wird durch ihr eigenes Keuchen geweckt. Ruckartig setzt sie sich im Bett auf, für einen Moment orientierungslos.

      Sie knipst die Nachttischlampe an. Helligkeit erfüllt den Raum und löst die bedrohliche Situation auf.

      Ihr Blick fällt auf den Wecker. Vier Uhr.

      Erste zaghafte Amselgesänge klingen durch das offene Schlafzimmerfenster.

      Was war denn das für ein furchtbarer Traum?

      Aus Angst, wieder in das Geschehen zurückzugleiten, verlässt sie das Bett, geht in die Küche und füllt ein Glas mit kaltem Wasser. Das eben Erlebte hinunterspülen, doch die Traumbilder wollen nicht weichen. Sie sieht die Frauengestalten immer noch so deutlich vor sich, als hätten sie den Traum verlassen und befänden sich ganz in der Nähe.

      Julia schüttelt unwillig den Kopf. So ein Quatsch! Weg mit diesen unguten Gefühlen.

      Sie hat noch nie an Traumdeutung und unsichtbare Phänomene geglaubt und wird jetzt mit fünfunddreißig auch nicht damit anfangen.

      Sie geht zurück ins Schlafzimmer und stellt das Wasserglas auf den Nachttisch. Noch ein wenig schlafen wäre schön. Sie kuschelt sich unter die Decke, doch es gelingt ihr nicht, zur Ruhe zu kommen.

      Der gestrige Besuch bei ihren Eltern kommt ihr in den Sinn. Die übersteigerte Reaktion ihrer Mutter, als sie von ihrer geplanten Reise nach Island erzählte.

      „Nein, nicht nach Island“, rief ihre Mutter entsetzt aus.

      Am Kaffeetisch wurde es mit einem Mal still, die Bewegungen wirkten plötzlich wie eingefroren. Ihr Vater, ihr Bruder David und Julia starrten erschrocken Elin an, die von ihrem Stuhl aufgesprungen war und mit blassem Gesicht ihre Tochter anstarrte.

      „Nein, überallhin, nur nicht nach Island“, wiederholte sie leise. Sie wirkte wie zerbrochen.

      „Was hast du gegen Island? Schließlich bist du dort geboren.“ Julia sah ihre Mutter fragend an.

      „Du darfst nicht dorthin! Mehr kann ich dazu nicht sagen“, antwortete Elin, drehte ihr den Rücken zu und flüchtete ins Haus.

      „Ich habe bereits gebucht. Übermorgen fliege ich nach Reykjavik, mache eine Rundreise durch den Südwesten und fahre im Anschluss nach Nordisland auf einen Reiterhof. Ich freue mich darauf und lasse mir das von ihr nicht vermiesen“, warf Julia ärgerlich in die erstaunte, schweigsame Runde. Unwirsch zwirbelte sie an ihrem Zopf.

      „Warum erzählt sie nicht endlich, was los ist? Weißt du, warum sie so heftig reagiert hat?“ David blickte seinen Vater fragend an.

      Dieser seufzte. „Ich weiß auch nicht viel mehr als ihr.“ Michael wischte sich den Schweiß von der Stirn.

      „Aber irgendetwas Schweres trägt sie mit sich herum, das spürt man. Hat es mit ihrer Familie zu tun?“, fragte David.

      „Ich dachte, alle aus ihrer Familie seien tot. Hat sie auf jeden Fall immer behauptet“, warf Julia ein.

      „Wenn eure Mutter nicht darüber reden will, dann müssen СКАЧАТЬ