Sturmzeit auf Island. Susanne Zeitz
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Sturmzeit auf Island - Susanne Zeitz страница 4

Название: Sturmzeit auf Island

Автор: Susanne Zeitz

Издательство: Автор

Жанр: Контркультура

Серия:

isbn: 9783961457090

isbn:

СКАЧАТЬ auf die ersten Wolkentürme, die von Westen heranzogen.

      „Kommst du mit schwimmen? Ich brauche jetzt eine Abkühlung.“

      „Gute Idee, Schwesterherz. Ich bin dabei.“ David grinste Julia beschwichtigend an. „Komm, mach wieder ein freundliches Gesicht. Sie wird sich schon wieder beruhigen. Du weißt ja, wie Mam ist. Ein kleiner, harmloser Vulkan.“

      Julia musste lachen, als sie in das mit Sommersprossen übersäte Gesicht ihres Bruders blickte. Mit seinen wirren, blonden Locken und seinen blitzenden, blauen Augen sah er aus wie ein Wikinger.

      „Ein isländischer Vulkan. Toller Vergleich“, ergänzte sie, „und manchmal hat sie was von einem kleinen Troll, wenn sie so ärgerlich und stur ist.“

      „Kinder, nun lasst es gut sein! Ab in den See mit euch! Ich kümmere mich derweil um eure Mutter.“ Michael seufzte noch einmal, nahm seine Tochter kurz in den Arm und gab seinem Sohn einen liebevollen Klaps auf den Rücken.

      Wieder staunte er über die außerordentliche Ähnlichkeit zwischen Mutter und Tochter. Beide klein und zierlich. Lange auffallend rote Haare, die sie meistens zu einem dicken Zopf flochten. Lebhafte, grüne Augen in einem schmalen Gesicht, das jetzt im Sommer mit Sommersprossen übersät war. Seine Elfenfrauen.

      Julia und David gingen durch den Garten. Das schlappe Grün schien ebenfalls nach einer Erfrischung zu lechzen. Sie öffneten das kleine Holztor, das ihr Grundstück vom Uferweg trennte. Gleich darauf stürzten sie sich kreischend und prustend in das erfrischende Blau des Bodensees.

      „Wer zuerst an der Boje ist“, rief David und begann mit ausholenden Armbewegungen zu kraulen.

      „Gewonnen!“ Ihr Bruder hielt sich kurz darauf an der Boje fest und blickte seiner älteren Schwester triumphierend entgegen.

      „Bin momentan nicht so in Form“, japste Julia und hielt sich hustend an seiner Schulter fest.

      „Momentan? Ich gewinne doch immer“, entgegnete er frech.

      Julia schnitt eine Grimasse und patschte mit der Hand ins Wasser.

      „Was für ein Geheimnis Mam wohl mit sich herumträgt? Komisch, dass nicht einmal Paps davon weiß. Ob es was mit meinem leiblichen Vater zu tun hat?“ Julia blickte ihren Bruder fragend an.

      „Keine Ahnung, aber lass uns zurückschwimmen. Es wird langsam kühl. Schau, der See beginnt sich bereits zu kräuseln und große Sturmwarnung haben wir auch.“

      Heftiger Wind und Donnergrollen trieben die Geschwister ans Ufer und ins Haus zurück.

      Ihr Vater erwartete sie bereits. „Gut, dass ihr wieder zurück seid.“

      Als die Geschwister nach kurzer Zeit wieder ins Gartenzimmer kamen, stand ihr Vater an der offenen Verandatür und beobachtete das Naturgeschehen.

      Der Wind fuhr in die Bäume, zauste die Hortensien, Rosenblätter wirbelten durch die Luft und die Taglilien wiegten sich im wilden Tanz. Blitze erhellten den dunklen Himmel, grollender Donner folgte. Doch der Regen blieb aus. Das Gewitter verzog sich so schnell, wie es gekommen war. Die Windböen verloren an Kraft. Die Sonne brach durch die Wolken und brachte die Schwüle zurück. Eine Amsel ließ sich auf dem Kirschbaum nieder und begann voller Inbrunst, ein frühes Abendlied zu singen.

      „Wo ist Mam?“, fragte Julia ihren Vater.

      „Sie hat sich in ihr Atelier zurückgezogen.“

      „Kommt sie nicht runter? Und unser gemeinsames Abendessen?“

      „Ich soll euch ausrichten, vor allem dir Julia, dass sie ihre heftige Reaktion bedauere. Sie möchte jetzt allerdings allein sein“, sagte Michael.

      „Am liebsten würde ich hochgehen und ihr die Meinung sagen“, grollte Julia und machte Anstalten, das Zimmer zu verlassen.

      „Julia! Lass sie in Ruhe!“ Ihr Vater hielt sie am Arm fest.

      „Komm, lass uns zum Italiener gehen“, schlug David vor.

      Julia nickte resigniert. „Tut mir leid, Paps. Richte ihr einen Gruß aus. Doch ich fliege trotzdem!“

      Michael begleitete seine Kinder zur Haustür und blickte ihnen hinterher, als sie in ihre Autos stiegen.

      Julia hatte die Sturheit ihrer Mutter geerbt und David das Verbindende und Versöhnende von ihm.

      Er seufzte und schloss die Tür. Irgendetwas bedrückte ihn. Nicht nur heute, sondern schon seit längerer Zeit. Lag es an ihrer Beziehung? Manchmal war er sich nicht sicher, ob er Elin überhaupt richtig kannte. Nun waren sie seit über dreißig Jahren verheiratet und er wusste nicht, ob ihre Familie auf Island noch lebte oder nicht. Warum vertraute sie ihm nicht?

      Er seufzte wieder und ließ sich schwer in den Sessel fallen. Er fühlte sich mit einem Mal alt.

      Julia steht auf, stößt das Schlafzimmerfenster weit auf und legt sich wieder aufs Bett.

      Draußen ist es mittlerweile hell und der Vogelchor hat sich vergrößert. Doch sie hat kein Ohr für den betörenden Gesang. Ihre Gedanken, die um ihre Mutter kreisen, sind lauter. Warum nur reagiert sie jedes Mal fast hysterisch, wenn die Sprache auf Island kommt? Hat es etwas mit ihrem Vater zu tun?

      Julia weiß nur, dass er Einar hieß und bereits vor ihrer Geburt gestorben ist. Mehr hat ihre Mutter in all den Jahren nicht preisgegeben. Es gibt keine Fotos, keine Erinnerungsstücke, gar nichts.

      „Du hast einen guten Vater, was willst du mehr“, lautet jedes Mal Elins Antwort, wenn Julia Näheres erfahren will. Was ja auch stimmt. Michael hat sie adoptiert, als sie zwei Jahre alt war. Er liebt sie wie sein eigenes Kind und macht keine Unterschiede zwischen David und ihr. Trotzdem möchte sie endlich mehr über ihren leiblichen Vater erfahren. Ist das zu viel verlangt?

      Wie sah er aus? Hat sie Ähnlichkeit mit ihm? Was war er von Beruf? Wie ist er gestorben? Ihre Mutter muss es ihr endlich erzählen. Sie hat ein Recht darauf!

      Doch jetzt kommt erst einmal ihre Reise nach Island. Zwei Wochen Freiheit. Auf dem Rücken eines Islandpferdes durch wilde Landschaften reiten, kristallklare Flüsse durchqueren, vorbei an Vulkanen und Geysiren. Der weite Himmel des Nordens über ihr und Nächte, die nicht dunkel werden.

      Sie kann es kaum mehr erwarten.

      Morgen um diese Zeit wird sie bereits im Flieger nach Keflavik sitzen.

      Julia wird von einem vorwitzigen Sonnenstrahl im Gesicht geweckt.

      Als sie sich aus dem Fenster lehnt, lacht ihr ein freundlicher Sommertag entgegen. Im Kastanienbaum gegenüber unterhält sich lautstark ein Krähenpaar und in der Rotbuche gurrt ein Täuberich.

      Julia streckt sich und nimmt einen tiefen Atemzug. Die Luft ist durch das gestrige Gewitter gereinigt. Der See liegt ruhig und glitzernd in der Morgensonne. Weit draußen Fischerboote und ein weißes Ausflugsschiff, das elegant über seine blaue Oberfläche gleitet und eine weiße Spur hinter sich herzieht.

      Das Telefon reißt sie aus ihrem meditativen Schauen.

      „Julia, möchtest du zum Frühstück kommen?“ Die Stimme ihrer Mutter klingt bittend an ihr Ohr.

      „Ich СКАЧАТЬ