Von Kneipen, Geschäften und lustigen Leuten aus Torgau und Umgebung. Günther Fiege
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       Statt eines Vorwortes

       Ich bin kein Goethe, bin kein Schiller,

       meist bin ich nur ein kleiner Stiller,

       bin auch nicht Erhard, Roth und Busch,

       nach mir kommt meistens auch kein Tusch.

       Ich bin nicht Kästner, Ringelnatz und Stengel,

       ja leider auch kein Unschuldsengel.

       Wenn ich so reime oder dichte,

       so manchen Vers für Frau und Nichte,

       natürlich auch zu guter Letzt,

       hab ich mich für euch abgehetzt

       und meckere wie eine Ziege,

       dann habt viel Spaß

       mit

       Günther Fiege.

       „Ich kaufte gern bei Frau Danzmann ein …“

       Manfred Koglin erinnert sich

      Kennengelernt habe ich Manfred zu DDR-Zeiten beim Kreisvorstand der Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss, wo er als Bäcker die Interessen der privaten Handwerksbetriebe vertrat. Ich war zu der Zeit Vorsitzender der BGL (Betriebsgewerkschaftsleitung) bei der VE HO (Volkseigene HANDELSORGANISATION) Torgau. Manfred kannte die Sorgen und Nöte seiner Kollegen, die oft unter schweren Bedingungen ihre Aufgaben erfüllen mussten.

      Heute treffen wir uns ab und zu bei Verwandten und Bekannten zu Feierlichkeiten oder bei einem Grillabend bei Schusters im Garten. Und oft plaudert Manfred aus der Zeit um 1950 und 1960 und alle hören gespannt zu.

      Als Kind lebte er bei seinen Großeltern im Haus Drogerie Haak in der Breiten Straße. Sein Vater war im Krieg gefallen. Nicht lange darauf starb seine Mutter. Es war keine einfache Zeit für die Großeltern und für Manfred. Er musste zu Hause viel mithelfen, besonders einkaufen gehen. Lebensmittel kaufte er bei Fauth, Spitalstraße/Ecke Breite Straße, dessen Geschäft 1960 die HO unter dem Namen Körbchen übernahm. In HO-Lebensmittelgeschäften konnte man oft an der Kasse den Spruch lesen: „Körbchen nehmen das ist Pflicht, ob Du einkaufst oder nicht!“ Der Laden von Gerhard Fauth, vormals C. A. R. Ulrich Nachfolger, wurde bereits 1830 gegründet als Weingroßhandlung und Laden für Kolonialwaren mit Kaffeerösterei, Braunschweiger und rheinischen Gemüsekonserven. Auch Zigarren, Zigaretten und Tabakwaren gehörten zum Angebot. Natürlich durften beim Einkaufsbummel Brot und Brötchen nicht fehlen, die er bei Mehlich in der Breiten Straße kaufte.

      Fleisch- und Wurstwaren bekam Manfred Koglin in der Kurstraße bei Kluge. Milch holte er täglich bei Platz in der Rudolf-Breitscheid-Straße mit der Kanne. Später machte Platz zu und Manfred ging zum Molkereiladen Sommer in der Scheffelstraße. Es passierte auch mal, erinnert sich Manfred, „dass die Milch bei Sommers ausging. Ich musste in zirka einer Stunde wiederkommen, da Herr Sommer mit dem Fahrrad und Hänger aus der Molkerei Welsau wieder Nachschub holte. Und nach einer Stunde bekam ich meine Milch“.

      Zum Schuhmacher Staude in der Breiten Straße (heute Museumspfad Bürgermeister Ringenhain-Haus) brachte er die zu reparierenden Schuhe und holte sie wieder ab. Neben dem Alten Hut in der Holzweißigstraße in Krausens Kneipe musste er Selterwasser holen. Wo sich seit längerer Zeit in der Breite Straße der Wolladen etabliert hat, war früher Haushaltswaren Birnbaum, den Manfred oft besuchte.

      Und nicht zu vergessen in der Rudolf-Breitscheid-Straße das Geschäft von Frau Danzmann. Die ältere Dame hatte so ziemlich alles im Angebot, von Schreib- und Spielwaren, Pantoffeln, Toilettenartikeln bis Gummiwaren. Alles war in vielen Kisten in einfachen Regalen, auf dem Ladentisch und auf dem Fußboden aufgestellt. Nur eine winzig kleine Ecke war auf dem Ladentisch frei, um die Kunden zu bedienen.

      „Ich möchte für meine Großmutter bitte Schlüpfergummi!“, sagte Manfred zu Frau Danzmann.

      Die Dame überlegte kurz und meinte dann recht freundlich: „Mein Junge, komm in einer Stunde noch mal vorbei, dann bekommst du den Schlüpfergummi für deine Großmutter.“

      Und Manfred war geduldig, kam wieder und bekam prompt den Gummi.

      Im Torgauer Strandbad hatte Manfred Koglin schwimmen gelernt. Herr Trümpelmann wollte es ihm beibringen. Doch Manfred hatte etwas Angst und wollte nicht. Plötzlich packten ihn zwei junge Männer (wahrscheinlich Rettungsschwimmer) und warfen ihn ins Bad, wo er keinen Grund bekam. Er strampelte und schrie wie verrückt, doch die beiden Männer waren bei ihm und sagten ihm, was er mit den Beinen und Armen tun musste. So hat Manfred doch noch schwimmen gelernt. Aber ins Schwimmbecken traute er sich noch nicht. Und wieder warf man ihn hinein, Manfred meisterte auch diese Situation. Er legte sogar die Freischwimmerstufe ab.

      Im Strandbad mussten Kinder nur zehn Pfennige Eintritt bezahlen. „Die zehn Pfennige wollten sich viele Kinder sparen, auch ich, und wir badeten lieber im Schwarzen Graben, wo sich der bekannte Trockenplatz für Wäsche befand“, erzählte Manfred. Eine Wäschefrau bewachte aus einer kleinen Holzhütte den Trockenplatz und beobachtete auch die badenden Kinder. Wer seine Wäsche dort trocknen ließ, musste einen kleinen Obolus bezahlen. Für das Bewachen der Kinder wurde sie bestimmt nicht vergütet.

      Gelernt hat Manfred bei der Bäckerei und Konditorei Hesse in der Spitalstraße. Abends mussten alle Zutaten zurechtgelegt werden. Brötchen und Brot wurden jahrelang mit den Händen ausgewogen, später dann mit einer Maschine. Da in der DDR des Öfteren der Strom abgeschaltet wurde, musste in dieser Zeit alles wieder in Handarbeit ausgeführt werden.

      Manfred Koglin hat bei einigen Bäckern gearbeitet, so auch bei Drasdo in der Scheffelstraße 5 (heute Reisebüro).

      1964 konnte Drasdo bereits auf eine 150-jährige Familientradition zurückblicken. Die Firma verschickte Dankschreiben mit folgendem Text:

      „150 Jahre Drasdo! Noch ehe die erste Eisenbahn durchbrauste kühn die Welt, hat Albert Drasdo in Torgau Gebäck schon hergestellt.“

       Foto: Archiv G. Fiege Brot-, Weiß- und Feinbäckerei Drasdo Torgau, Scheffelstraße 5, Aufnahme von 1964

      Manfred erinnert sich auch gern an ein Original, den Straßenkehrer Herbert Gießmann, der bei seinen Großeltern immer kurz vor Weihnachten vorbeikam und ein gesundes und fröhliches Fest wünschte. „Er ging erst dann, wenn ich zu Hause von meiner anstrengenden Arbeit aufgewacht war. Manchmal musste mich meine Großmutter sogar wecken. Dann bekam Herbert Kaffee und Stolle, bedankte sich und ging.“

      Manfred erinnert sich auch gern an die Zeit, als er für fünfzig Pfennig in der Torgauer Filmbühne und im Metropoltheater ins Kino gehen konnte. СКАЧАТЬ