Peter Gabriel - Die exklusive Biografie. Daryl Easlea
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СКАЧАТЬ auch ich“) war die damalige reine Jungenschule das Lehrbuchbeispiel einer englischen Privatschule. Das immense Hauptgebäude, entworfen von Charles Hardwick, der auch für die Great Hall in der Euston Station verantwortlich war, befand sich auf einem Hügel. Seine Ausmaße und seine Lage betonten die dominante und repressive Präsenz der Schule. Es war der absolute Inbegriff viktorianischer Erhabenheit.

      Charterhouse war Teil der Familientradition im Hause Gabriel. Schon sein Großvater, Christopher Burton Gabriel, war ab 1891 dort Internatsschüler gewesen. Er befand sich in illustrer Gesellschaft. Auch der Dichter Richard Lovelace, der Begründer des Methodismus John Wesley, der Komponist Ralph Vaughn Williams, der Vater der Pfadfinder-Bewegung Robert Baden-Powell, der Bühnenautor Ben Travers sowie der Poet und Autor Robert Graves gehörten zu den Absolventen des Internats. Und so war schon bei Peters Geburt klar, dass er später dieselbe Privatschule besuchen würde. Charterhouse stand für alles, was dem Establishment heilig war – patriarchale Wertvorstellungen, rigoroses Auswendiglernen sowie ein System durchdrungen von exklusiven Ritualen, die als Vorbereitung auf Oxford oder Cambridge und Positionen in einer Londoner Chefetage dienen sollten. Wie in vielen solcher Einrichtungen brachte man den Jungs, die sich nur halbherzig dem Ethos der Schule verschrieben, wenig Geduld entgegen. Als aber die Sixties voranschritten, sahen sich mehr und mehr Schüler – zum Missfallen der Internatsschule – nach Alternativen zu der für sie vorbestimmten Lebensplanung um.

      Nachdem Gabriel den relativen Komfort, den ihm St. Andrew’s geboten hatte, und deren Nähe zu seinem Zuhause hinter sich gelassen hatte, wurde er im September 1963 unter einigem Zwang an die Privatschule Charterhouse geschickt. Da sich sein starker Freigeist bereits bemerkbar machte, konnte er sich nie wirklich ins Charterhouse-System einfügen. Die in Stein gemeißelte Gesinnung der Privatschule war nie die seine geworden. Jedoch wäre es übertrieben zu sagen, dass er ein Rebell gewesen wäre. Seine respektvolle Natur und sein stark ausgeprägter Sinn für Höflichkeit bewahrten ihn davor, Ärger zu verursachen. Viel mehr fand die Revolution in seinem Kopf statt. Und eben dort wurde sie von der Musik angetrieben, die er absorbierte und die er schon bald selbst spielen würde.

      Die Wirkung, die ihre Zeit an der Charterhouse-Privatschule auf Gabriel und seine zukünftigen Bandkollegen hatte, ist bereits in anderen Büchern detailliert behandelt worden, aber Gabriels lebensnahe Beschreibung seiner ersten Nacht in Charterhouse in Genesis: Chapter and Verse fasst seinen damaligen Gemütszustand am besten zusammen. Nachdem er an die friedliche Atmosphäre der Farm gewöhnt war, erschienen ihm die Lichter von Autos, die unter den vorhanglosen Fenstern vorbeifuhren, wie Scheinwerfer der Flugabwehr. „Der Raum war gefüllt mit Jungs, die entweder heulten oder masturbierten – oder beides. So wurde ich an der ‚Schule für große Jungs‘ willkommen geheißen.“ Es war wie eine Art Paralleluniversum, das fest mit seiner Tradition, die bis ins Jahr 1611 zurückreichte, verbunden war. Charterhouse hatte seine eigene Sprache. Seine Schüler nannte man „Kartäuser“. Die Lehrer hießen „Beaks“ und eine Unterrichtsstunde „Hash“. Das Abendessen war als „Homebill“ bekannt. Die drei Trimester nannte man im Sprachgebrauch der Schule „Oration“, „Long“ und „Cricket“. Gabriel passte nie in die Elite, als die sich Charterhouse begriff. Er lernte, so wie er sagte, zu überleben, „ohne in irgendetwas gut zu sein“, und verstand sich als eine Art Einzelgänger in einer Atmosphäre, die von Angst und Mobbing unter den Schülern geprägt war. Allerdings treffen in solchen Einrichtungen Außenseiter oft auf andere Außenseiter.

      Bereits an seinem allerersten Tag an der neuen Schule begegnete Gabriel Tony Banks, der wie er im Girdlestone House, einem der Häuser, in die das Internat unterteilt war, untergebracht war. Es war nach seinem ersten Hausvorstand, Frederick Girdlestone, benannt. Seine Bewohner wurden umgangssprachlich bereits seit Ewigkeiten „Entlinge“ gerufen, da Girdlestone einen entenhaften Watschelgang gehabt hatte. Die Beziehung zwischen Gabriel und Banks bildete zweifellos das Fundament für Genesis – und sie war auch der Grund für Gabriels Abschied von der Gruppe zehn Jahre nach ihrer Gründung. Banks, der am 27. März 1950 in East Hoathley, Sussex, auf die Welt gekommen war, war im Alter von 13 bereits ein fähiger Klavierspieler. „Ich sagte: ‚Hallo, ich bin Banks.‘ Er darauf: ‚Ich bin Gabriel.‘ Damals stellte man sich nur mit seinem Nachnamen vor“, erinnert sich Tony Banks mit einem Lachen. „Ich hielt ihn für einen eher stillen Typ. Ein wenig dicklich mit einem ernsten Blick. Er sah harmlos aus.“

      Gabriel und Banks verband ihre Abneigung gegenüber der Schule. Richard Macphail, der später Genesis-Tour-Manager werden sollte und immer noch gut mit ihnen befreundet ist, hat die beiden in der Schule kennengelernt. Er war im Gegensatz zu manchen Mitschülern eher positiv eingestellt: „Ich bin einfach jemand, der mit einer sehr optimistischen Einstellung auf diese Welt gekommen ist“, erklärt er. „Ich bemerkte, dass es Tony echt mies ging. Es ist vielleicht ein wenig heftig ausgedrückt, aber die Zeit dort hat ihn wahrscheinlich traumatisiert. Es herrschte ein ziemlich raues Klima. Die älteren Jungs durften die jüngeren verdreschen. Nicht die Lehrer, sondern die Jungs. So war das eben. Ziemlich wild, wenn man es sich so überlegt.“

      „Meine ersten paar Jahre dort waren sehr schwer für mich, da alles ziemlich repressiv war“, sagt Banks. „Ich kam von einer Schule, wo ich mich sehr gut gemacht hatte. Von da an ging’s mit meinen Noten bergab. Ich verstand mich nicht gut mit den Lehrern. Generell war ich nicht sehr glücklich.“

      Nachdem sie einander kennengelernt hatten, setzten sich Banks und Gabriel zusammen und bastelten gemeinsam an Songs. Gabriel, ein viel schlechterer Pianist als Banks, versuchte bei jeder Gelegenheit, Banks vom Klavier zu verdrängen. „Peter gewann in jedem Fall, da er, wenn ich als erster am Klavier war, gesungen hat“, sagt Banks. „Wir spielten diese Sachen, bei denen uns John Grumbar an der Klarinette begleitete. Etwa ‚Quando, Quando, Quando‘, wodurch ich viel über den Aufbau von Musik lernte. Manchmal spielte ich vom Blatt, dann wieder nach Gehör. Es machte großen Spaß.“

      In diesem repressiven Umfeld kamen Gabriel und Banks – inspiriert von Lennon und McCartney – auf die Idee, eines Tages Songwriter zu werden und ihre eigenen Songs zu spielen. „Tony wusste wohl, dass er keine besonders gute Gesangsstimme hatte. Ich vermute, dass das seine Motivation war, um mit mir zusammenzuarbeiten“, sagte Gabriel 2006. „Ich wiederum wusste ganz genau, dass er über Fähigkeiten am Klavier verfügte, die mir fehlten.“

      Die beiden wollten keine eigene Band gründen, aber sie interessierten sich sehr für das Songwriting und versuchten, sich originelle Texte und Akkordfolgen einfallen zu lassen. „Peter und Tony kamen beide vom Klavier und diskutierten ständig, wer nun der Pianist sein dürfte. So begann ihre musikalische Beziehung“, erinnert sich Macphail. „Tony hatte eine klassische Ausbildung und Peter experimentierte mit Blues-Akkorden. Sie hatten sehr unterschiedliche Einflüsse, was eine gute Sache war. Banks stand für Hymnen und Bach – Peter dagegen begeisterte sich für Nina Simone und Blues.“

      „Peter und ich haben schon immer nach etwas Eigenem gesucht“, sagt Banks. „Er spielte mir ‚I Put A Spell On You‘ von Nina Simone vor, was uns beiden sehr gefiel. Ihre Stimme war so fantastisch. Das Streicher-Arrangement und die Akkorde waren sehr atmosphärisch. Das Stück gehört immer noch zu meinen Favoriten. Wir standen beide auf Soul. Ich liebte Tamla Motown und Otis Redding. Unsere Geschmäcker waren sich zu dieser Zeit recht ähnlich. Ich war damals ziemlich vielseitig am Weg. Im Verlaufe des Jahrzehnts aber engte sich mein Spektrum immer mehr ein, bis ich schließlich gar nichts mehr gut fand.“

      Die Zeit, die die Jungs an der Schule verbrachten, überschnitt sich mit dem Anbruch einer neuen, bunten Ära in Großbritannien in den Sechzigern: „Es war ganz klar eine Phase großer Veränderungen“, erinnert sich Macphail. „Da waren die Beatles und die Stones. Wir kamen alle 1962 und ’63 an und alles überschnitt sich. ‚Bang!‘ – Auch an der Schule ging es rund. Die Leute ließen sich ihre Haare wachsen, trugen knallenge Hosen und entdeckten die Musik für sich. Letzten Endes war es die Musik, die uns alle rettete. So schaffte ich meinen Abschluss.“

      Eine mehr als willkommene Abwechslung bot sich im Keller der „Entlinge“, wo СКАЧАТЬ