Tales of Beatnik Glory, Band II, (Deutsche Edition). Ed Sanders
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СКАЧАТЬ Sie allerdings zögerte, ja genauer gesagt sträubte sie sich.

      Immer wieder fragte man Harry nach seiner Leidenschaft für die East Ninth, eine Slumstraße, die sonst nur für den Geruch von Armut und gedünsteten Zwiebeln bekannt war. Nun, er mochte sie einfach — ihre Häuser, ihre Gassen, ihre Keller —, überall fand er herrliche Winkel, Pfosten, Mauern, interessante Fensterrahmen, Dächer, die groovy waren. Nachdem er sich ein Haus ausgesucht hatte, überzeugte er Bewohner und Hausmeister ihn machen zu lassen. Er nannte das »ein Haus machen«. Zwei-, dreimal fuhr er ins ländliche New York hinaus oder nach Long Island, um »eine Scheune zu machen« oder ein Herrenhaus; später im selben Jahrzehnt »machte« er dann eine Kommune.

      Das neue Happening sollte in einem verborgenen Hinterhof stattfinden, der zwischen einem Wohnblock vorn und einem kleineren Wohnhaus dahinter gelegen war. In der Mitte des Hofs befand sich ein Halbkreis stehender Vorhänge um einen geheimnisvollen »Tunnel nach Nirgendwo«, den die Teilnehmer krabbelnd oder im Entengang betreten sollten. Außerdem hatte Harry einen alten hölzernen Wasserturm auf Metallpfeilern in den Hof schaffen lassen. Geplant waren Musik, gefällige Körperlyrik und »ein Geheimnis«, wie Harry versprach.

      Harry hatte den Tunneleingang mit einer Art Flickendecke ausgelegt, auf der man eine Schräge mehr oder weniger hinabrutschte, bevor man in den eigentlichen Tunnel gelangte. Er überredete Cynthia Pruitt zu einem Probekriechgang — zusammen mit ihm. Sie waren eine ganze Weile unten, was die Probe aufhielt. Alle gingen davon aus, dass die beiden es trieben. Oder auch nicht. Schließlich kam unter dem donnernden Applaus des Ensembles eine nackte Cynthia aus dem Tunnel. Hinter ihr folgte Harry Summers, der sich den Strick um die Hose zu knoten versuchte. Dann stellte Cynthia sich Sam Thomas und starrte den Freund in Grund und Boden, ein Blick, der unter den Frauen der Beat-Generation zum Klassiker geworden war.

      Inzwischen traf unweit der Generalprobe, in einer Wohnung an der Avenue A, die Schwiegermutter ein. Wie immer war sie lautlos die vier Treppen nach oben geschlichen, bis an die mehrfach verriegelte Wohnungstür; sie hatte eine Reihe von Einkaufstüten voller Geschenke für ihre Tochter und die Kinder dabei. Die Empfänger nannten sie CARE-Pakete, und heute enthielten sie Kinderkleidung von der reichen Tante Shifrah, zwei Packungen Streit’s-Matzen mit Schokoglasur, ein Sortiment zugeklebter Kascha-Packungen, viele — womöglich zu viele — Dosen Erbsensuppe, ein Riesenglas Zuckerbirnen, Milch, Eier, Obst, Glühbirnen, Zeitschriften, Spielsachen und Zwirn.

      Meist fielen die Besuche der Schwiegermutter kurz aus, und der dreckige Beatnik — oder D.B., wie Maries Familie in Queens ihn nannte — verzog sich in eine Kneipe oder hinauf in das Schreibzelt auf dem Dach und wartete ab. An diesem Tag jedoch sollte Schwiegermama bis gegen Mitternacht bleiben. Schwiegerpapa wartete für gewöhnlich draußen oder patrouillierte das Viertel in seinem Buick, weil er sich weigerte, den »verantwortungslosen Beatnikstrolch« auch nur zu sehen, der seine Tochter in einen Slum geholt hatte, dem zu entrinnen sogar drei Generationen von Greenhorns — den Flüchtlingen vor Pogromen und Krieg aus dem Schtetl — gelungen war. An dem Tag hatte er geschäftlich in Manhattan zu tun, und die Schwiegermutter wollte währenddessen in die Avenue A.

      Die Besuche von Schwiegermama waren üblicherweise mit einer ganzen Reihe temporärer Tumulte verbunden. Immer regte sie irgendetwas auf. An diesem Tag beschäftigte sie der Zombieblick der Zwillinge, denen sie die neuen Spielsachen gab, ein Phänomen, das ihr arg zu schaffen machte. Irgendetwas stimmte da nicht. Sie waren teilnahmslos. Müde. Ihre Augen die von Zombies. Die armen Kleinen! Was war da los? Waren sie erkältet? Sollten wir nicht Fieber messen?

      Das Schuljahr hatte gerade angefangen, und die Schwiegermutter sah nicht, dass es sich da um ein Leiden handelte, das unter Kindern der Beat-Generation keine Seltenheit war. Die Zwillinge waren gerade in den Kindergarten gekommen. Ihr ganzes Leben lang hatten sie ihre biologische Uhr nach dem Rhythmus der Eltern gestellt, mit anderen Worten: Sie schliefen von fünf Uhr morgens bis mittags um eins; jetzt zerrte man sie zu ihrem Entsetzen um sieben oder acht Uhr früh aus ihrem Stockbett und sie würden noch einige Wochen zu leiden haben, bevor ihr Schlafzyklus sich angepasst hatte.

      Marie erklärte Schwiegermama das alles, während sie die verderblichen Sachen aus den CARE-Paketen in den Kühlschrank packten, an dessen Tür ein Plakat für Die Schönheit geschaffener Dinge — Ein Happening in der East Ninth geklebt war.

      Der D.B. ging mit Marie zurate. Warum die Schwiegermutter nicht auf das Happening mitnehmen? Sie hatten schließlich alles geplant, sie hatten einen Babysitter, und ihre Freunde aus dem Ensemble erwarteten sie. Der Schwiegermutter war es egal, solange sie nur um halb zwölf wieder da war, wenn ihr Mann sie abholen kam. Sie bereiteten sie schon mal schonend auf entblößte Brüste und Genitalien vor, was ihr auch egal war, solange ihr Gatte es nicht erfuhr.

      Der Hinterhof war gerammelt voll. Das Publikum saß auf Stühlen und stand auf den schmiedeeisernen Treppen, die ins Vorder- und ins Hinterhaus führten. Alles war bereit — der Tunnel nach Nirgendwo mit den Vorhängen davor befand sich in der Mitte; den Eingang beleuchtete eine Neonskulptur. Rechter Hand stand die Dichterbühne und gleich hinter dem Tunnel der Wasserturm.

      Und dann ging es los. Es war nett. Die Schwiegermutter, Marie und der D.B. saßen direkt am Geschehen in einer Stuhlreihe neben den renommiertesten Künstlern und Schriftstellern von Lower New York. Sam und John Barrett begannen ihre Gedichte zu schreien, und Cynthia Pruitt und einige andere nackte Künstler fingen an, im Kreis um den Tunnel nach Nirgendwo zu marschieren, wobei sie mit Taschenlampen Arabesken auf die Vorhänge malten. Mit einem Mal zischte es — ein Kurzschluss im Transformator, der die runde Neonskulptur um den Eingang zum Tunnel speiste, Funken flogen, und die Vorhänge fingen Feuer.

      Kein Problem, sie wieder zu löschen. Harry kippte einige Eimer Wasser und Sand darüber. Das Event sollte eben weitergehen, als sich plötzlich die Beine des Wasserturms zu spreizen begannen, dann rutschten sie unter dem Krachen von splitterndem Holz weg. Der Turm enthielt die geheime Komponente des Happenings: sieben Tonnen Wackelpeter mit Himbeergeschmack.

      Die Lichter zischten ein letztes Mal, es schäumte, ein Plopp!, ein Peng!, dann war es finster. Harry Summers lief mit einer Taschenlampe ins Chaos und die aufgeregte — und nackte — Cynthia Pruitt hinter ihm drein; sie versuchten die Leute zu beruhigen, als die Holzdauben des Wasserturms platzten und die Götterspeise aus dem Tank geschossen kam.

      Eine Stimme brachte den allgemeinen Konsens der Versammelten auf den Punkt: »Bloß weg hier!« Dann begann die Stampede.

      Die Schwiegermama sah sich von Marie und dem D.B. getrennt und fand sich schließlich neben Harry, der sie beim Arm nahm und ihr in die Hocke und in den Tunnel nach Nirgendwo half. »Der einzige Ort, wo wir sicher sind«, sagte er ihr.

      Schreie waren zu hören und Harrys Taschenlampe fuhr wie wild hin und her. Die Schwiegermutter warf einen Blick auf das Schild über dem Eingang, als sie in den Tunnel zu krabbeln begann: EINTRITT $2, NACKTE UMSONST.

      Was Harry und die Schwiegermama da betraten, war der legendäre »Tunnel der Neunten Straße«. Harry hatte ihn wiederentdeckt. Er hatte von ihm gehört, aber kein Mensch wusste, wo er sich befand; erst ein hundertjähriger Hausmeister aus der Avenue C hatte die Info für ihn. Er führte unter der Neunten Straße zu dem entsprechenden Hof auf der anderen Seite, und angeblich hatte er der Underground Railway zur Rettung von aus der Sklaverei entflohenen Schwarzen gedient.

      Inzwischen traf massenhaft Polizei ein. Es wurde unheimlich auf der Straße: die blinkenden Lichter, Sirenen, das rasche Öffnen und Zuschlagen von Türen. Ein Notstandsgebiet. Wie es schien, waren die sieben Tonnen Götterspeise rasch ausgelaufen, und zwar gefährlicherweise in den Tunnel nach Nirgendwo. Darüber hinaus war offensichtlich auch noch ein Stück der Tunneldecke eingebrochen, und gleich am Eingang hatten sich im Hinterhof die Zementplatten gesenkt.

      Die Feuerwehrleute versuchten, den Weg freizubekommen. СКАЧАТЬ