Название: Eine andere Realität oder Die Zerstörung der Welt
Автор: Frank Westermann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783862872084
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»Es meldet sich niemand, ich bekomme keine Verbindung. Es ist, als würden all diese Orte nicht existieren.«
»Genau das ist der Grund, weshalb ich dich an das Funkgerät gesetzt habe. Du solltest die gleiche Erfahrung machen wie ich. Du hast mich das letzte Mal vor zwei Vollmonden besucht. Damals war, wie du dich erinnern wirst, noch alles in Ordnung. Seitdem ist eine Verbindung nach der anderen abgebrochen, ohne Kommentar, ohne Erklärung, von einem Tag auf den anderen. Zu Anfang betraf es nur die im äußersten Süden liegenden Stationen, zu denen ich nicht mehr durchkam, ich schob es zunächst auf wetterbedingte Störungen. Dann reagierten die großen Städte im Westen nicht mehr, du hast es selbst mit Woltan und dem Schweren Lager versucht. Und du weißt, wie die Städte ausgerüstet sind, sie empfangen selbst schwache Signale von mir. Trotzdem ist kein einheitliches Muster zu erkennen. Zu bestimmten Orten im Westen des Kontinents besteht die Verbindung nach wie vor, wohingegen seit einigen Tagen auch zu mehreren Gemeinschaften in unserer Nähe kein Kontakt mehr möglich ist .... Unternimm einen Versuch mit Goldentor.«
»Aber du hast mir erzählt, sie wollen dort nicht mehr mit dir sprechen.«
»Das ist mir egal. Goldentor verfügt am ehesten über Informationen, die uns vielleicht weiterhelfen könnten. In dieser Stadt kreuzen sich die Wege der Gerüchte aus allen Himmelsrichtungen.«
Zardioc probierte es erneut, doch auch Goldentor gab keine Antwort. Es war nichts als das statische Knistern und Prasseln zu hören.
Leanda begann zu zittern und musste sich auf einen Stuhl setzen. Sie verbarg das Gesicht in ihren Händen, und als sie wieder zu ihm aufsah, wirkte es starr und leblos wie eine Maske.
»Goldentor war meine letzte Hoffnung, mehr zu erfahren. Jetzt ist auch hier keine Verbindung mehr möglich. Ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat und was ich weiter tun soll.«
Leandas Zusammenbruch erschreckte Zardioc. Er hatte sie noch nie so hilflos erlebt.
»Wenn ich dich richtig verstehe, siehst du einen Zusammenhang zwischen dem Abbrechen der Funkverbindungen und der Deutung meines Kartenbildes.«
Die Frau nickte stumm. Auch Zardioc war innerlich aufgewühlt, die anerzogene Gilden-Disziplin hielt jedoch seine Reaktion im Zaum. Welches Phänomen vermochte wahllos Funkverbindungen zu unterbrechen?
»Der Vorgang hat inzwischen den größten Teil des gesamten Kontinents ergriffen« , fuhr Leanda fort. »Ich habe keine Ahnung, um was es sich handeln könnte. Und dann gibt es Gerüchte, Gerüchte über Kämpfe ... unvorstellbare Gerüchte, die verwischt wurden ...«
Ihre Stimme verlor sich in einem Murmeln.
»Aber andere müssen es doch auch gemerkt haben,« fiel Zardioc ein. »In den Gemeinschaften, die bisher nicht betroffen sind, muss es eine Reaktion geben. Was sagen denn Theobald oder Sheita dazu?«
»Du kannst es dir selbst anhören.«
Leandas Stimme klang müde und enttäuscht. Sie schien wirklich große Hoffnung in Goldentor gesetzt zu haben. Vielleicht machte sie sich Vorwürfe, nicht eher versucht zu haben, Kontakt herzustellen. Aber nachdem das Techno-Department von Goldentor ihr ihre Unerwünschtheit deutlich gemacht hatte, war es nur allzu verständlich, dass sie sich nicht früher über das Verbot hinweggesetzt hatte. Ihre Verbindung zu oppositionellen Kreisen innerhalb der Stadt war aufgedeckt worden, und die übliche Frequenz hatte von dem Zeitpunkt an nur noch Störgeräusche von sich gegeben. Selbst diese waren diesmal ausgeblieben.
Zardioc schaltete die Verbindung zu Theobald, dem Obmann des Kalu-Stammes, der noch weiter nördlich sesshaft war. Das Antwortsignal erfolgte auf der Stelle, nur der Sichtschirm blieb grau. Zardioc atmete auf.
»Hallo, Leanda. Was ist mit dem Bild los?« erklang die gewohnte helle Stimme.
»Hier ist Zardioc. Wir haben ebenfalls einen Bildausfall.«
»Ha, wie sollen wir das verkraften, auf Leandas hübsches Gesicht verzichten zu müssen?«
»Dummer Schwätzer,« knurrte Leanda aus ihrer Ecke.
»Ich brauche nur eine Auskunft, Theobald. Unsere Verbindung zu Goldentor ist abgebrochen. Habt ihr noch Kontakt zu der Stadt?«
»Das ist ja nicht zu glauben! Jetzt fang du nicht auch noch mit dieser Geschichte an. Leanda hat mir schon die Ohren vollgejammert mit ihren Funkproblemen. Wir haben jedenfalls keine Schwierigkeiten, weder mit Goldentor, noch mit dem Schweren Lager oder Woltan. Ich sage euch, es liegt an eurer Anlage. Das alte Ding ist defekt. Lasst jemand von den Bastlern kommen, der kann sie euch wieder zusammenflicken.«
Zardioc war überrascht von dem rüden Ton, den Theobald anschlug. Er kannte den Obmann als einen eher unterkühlt wirkenden Mann.
»Das heißt, du nimmst die Sache nach wie vor nicht ernst?« Leanda hatte dem Kartenmagier das Mikrofon aus der Hand genommen.
»Genau das heißt es. Lass die Anlage reparieren, dann sprechen wir uns wieder.«
Damit beendete der Obmann das Gespräch.
Das ist reine Verstocktheit,« regte sich Zardioc auf. »Wie kann er einfach über unsere Argumente hinweggehen?«
»Seitdem ich ihm davon erzählt habe, verhält er sich so abweisend, und er ist kein Einzelfall. Es ist ihm nicht zu verübeln, dass er skeptisch ist. Er glaubt, ich weigere mich zuzugeben, dass meine Funkanlage defekt ist, obwohl ich ihm versichert habe, dass alles doppelt durchgecheckt wurde und ich keine Störungsquelle gefunden habe. Seine Starrköpfigkeit ist seltsam. Er ist einfach nicht bereit, eine andere Möglichkeit in Betracht zu ziehen.«
»Hast du auch mit anderen darüber gesprochen?«
»Natürlich. Aber ich stieß überall auf ähnliche Reaktionen.«
»Aber was beweist das?« überlegte Zardioc laut. »Ich werde einen letzten Versuch mit Sheita machen.«
»Sie wird dir nichts anderes sagen.«
»Trotzdem.«
Der Kartenmagier blieb hartnäckig. Sheita stellte für ihn eine Autorität dar. Die derzeitige Vorsitzende des Kommunikationsrates der matrilinen Dorfgemeinschaften übte eine eigenartige Faszination auf ihn aus mit ihrem selbstsicheren Auftreten.
Der Kontakt kam sofort zustande, doch wiederum ohne Bildverbindung. Es dauerte eine Weile, bis Sheita aufgetrieben werden konnte. Zardioc bedauerte schon sein übereiltes Vorhaben und machte sich auf eine Abfuhr gefasst. Er wurde nicht enttäuscht. Nachdem er ihr gegenüber sein Anliegen wiederholt hatte, reagierte sie schroff und unzugänglich.
»Du gehst mir auf die Nerven, Zardioc. Ich habe schon dreimal mit Leanda über diese Sache gesprochen, und ich habe ihr immer wieder erklärt, dass wir keine Probleme haben. Ich habe gerade jetzt Wichtigeres zu tun und möchte nichts mehr davon hören.«
»Aber ... «
»Unterbrich СКАЧАТЬ