Eine andere Realität oder Die Zerstörung der Welt. Frank Westermann
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Название: Eine andere Realität oder Die Zerstörung der Welt

Автор: Frank Westermann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783862872084

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СКАЧАТЬ dem Ellbogen.

      »Der Tag fängt so an, wie der andere aufgehört hat,« murmelte er zwischen den Zähnen und betrachtete seinen am Arm eingerissenen Pullover.

      Spiegel brachten Unglück. Dieser Glaubenssatz der Magier-Gilde war ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Was in einem Spiegel erschien, tat so, als wäre es die Wirklichkeit, war aber eine Täuschung. In ganz Farewell hingen Spiegel deshalb nur an ganz bestimmten dafür vorgesehenen Stellen.

      Mit dem Fuß kehrte Zardioc die Scherben in einer Ecke zusammen. Ein Grund mehr für den Wirt, sich über ihn aufzuregen.

      Nachdem er sich frisch gemacht hatte, ging er in die Gaststube hinunter, um sich ein ausgiebiges Frühstück zu bestellen. Gestern hatte er nur von trockenem Brot und einigen unterwegs gepflückten Früchten gelebt, und sein Magen machte sich unmissverständlich bemerkbar.

      Wie er erwartet hatte, war er der erste Gast - er brauchte eben nicht viel Schlaf -, nur der Wirt war schon auf den Beinen. Er sah misstrauisch zu ihm hinüber, als er es sich in einer Ecke bequem machte. Nach einer Weile machte er Zardioc klar, dass er noch warten müsse, es wäre noch keine Frühstückszeit. Er nahm es gelassen hin und stand wieder auf, um nach seinem Pferd zu sehen.

      Draußen war es noch immer bewölkt und windig, aber es hatte aufgehört zu regnen. Die Luft war frisch und empfindlich kühl, und Zardioc zog seinen Umhang enger um sich, als er zum Stall hinüberging.

      Der Rappe begrüßte ihn mit leichtem Schnauben und rieb seine Schnauze an ihm. Noch mehrere andere Pferde waren im Stall festgebunden, meist ziemlich abgemagerte Gäule, denen der Mangel an Pflege anzusehen war. Zardioc vergewisserte sich, dass genug Heu und Wasser bereitstand, als er ein krächzendes Geräusch aus dem hinteren Teil des Stalles vernahm. Neugierig trat er näher und erblickte, abgesondert von den anderen Reittieren, einen majestätisch aufgerichteten straußenähnlichen Laufvogel. Das Gefieder schimmerte in glänzendem Weiss und war sorgfältig geputzt. Neben dem Laufvogel lag ein seltsam geformter, reich verzierter Sattel.

      Der Kadu, vermutete Zardioc und fragte sich, wem das Tier wohl gehören mochte. Es wirkte noch mehr wie ein Fremdkörper als sein Rappe.

      Dann verließ er den Stall und ging noch eine Weile vor dem Gasthaus auf und ab.

      Anstatt leichter fiel es ihm immer schwerer, sich an die fremden Sitten und Gebräuche anzupassen. Er stammte eben aus einer Gemeinschaft, in der alles in recht engen Bahnen verlief, eine Tatsache, die ihm erst jetzt so richtig zu Bewusstsein gekommen war. Noch nie hatte er sich so weit von Farewell entfernt, das war auch nicht üblich, sie waren eine sehr bodenständige Gemeinschaft. Er fühlte sich unsicher und verlassen ohne die vertrauten Gesichter und Stimmen um sich herum, er vermisste den Schutz der Gilde und Familie, wär hinausgeschleudert in ein fremdes Universum. Aus der anfänglichen Neugier war schnell Angst geworden, er vermied Kontakte zu anderen, genoss eher schon den Ritt durch unbewohnte Gebiete des Landes und die Einsamkeit. Gleichzeitig spürte er ein heftiges Verlangen nach Nähe und Gedankenaustausch, aber das blieb unerreichbar für ihn, die Kluft in ihm selbst war zu groß.

      Der Umgang mit Geld war eine weitere Barriere zu dem Abschnitt, der vielleicht noch vor ihm lag. Er war es nicht gewöhnt, sich darüber Gedanken zu machen, was wie viel kostete und welche Bequemlichkeit man für eine bestimmte Summe erwarten konnte. Auch das Verhalten der Menschen zueinander schien sich mehr danach zu richten, welcher Wert einander zugemessen wurde.

      Zardioc schüttelte den Kopf. All dies war schwer zu begreifen, und die Spielregeln sagten ihm nicht zu. Leanda hatte ihn zwar vorbereitet, aber der Gedanke, dass er sich damit noch weiter auseinandersetzen musste, bereitete ihm Unbehagen. Es konnte natürlich geschehen, dass er sich morgen wieder auf den Heimweg machte, aber diese Möglichkeit war unwahrscheinlich. Es hing alles davon ab, was ihm die Kontaktperson berichten würde. Hoffentlich kam das Treffen heute zustande, er wollte diesen ungastlichen Ort so schnell wie möglich wieder verlassen.

      Als er von seinem Spaziergang zurückkehrte, hatte sich die Gaststube gefüllt. Er fühlte neugierige, teilweise ängstliche Blicke auf sich ruhen. Augen, die ihn anstarrten und rasch wieder wegblickten. Die Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde, störte ihn, unauffällig fühlte er sich wohler.

      Außer zwei Geschöpfen hatte er es bei den Anwesenden mit Menschen beiderlei Geschlechts zu tun. Er erkannte die Trinkrunde von gestern Abend wieder, und auch ein Tisch, an dem nur Frauen saßen, alle mit verhüllten Gesichtern, fiel ihm auf. Ansonsten schenkte Zardioc den Menschen keine weitere Aufmerksamkeit, er hätte es sofort gemerkt, wenn der Bote unter ihnen gewesen wäre.

      Die beiden Nicht-Menschen, die sich an einem kleinen Tisch gegenübersaßen, interessierten ihn schon eher. Ein Nicht-Mensch als Kurier wäre zwar ungewöhnlich, aber er musste jeder Möglichkeit nachgehen.

      Den einen identifizierte er ohne Schwierigkeiten als einen Fung, dessen Fell grünrosa gefärbt war. Fungs gab es relativ zahlreich, und es waren vielerlei Geschichten über sie in Umlauf, deren Inhalt meist humoristischer Natur war. Der Fung trug lediglich eine weite grüne Hose aus seidenartigem Stoff, und seine kleinen, lidlosen Augen in dem runden Kopf blinzelten nervös.

      Der andere Nicht-Mensch war von klobiger Gestalt. Ein wuchtiger Körper saß auf vier Beinen, und die Arme, die aus seinem Obergewand hervorragten waren schuppenbedeckt. Er würdigte Zardioc, der nicht wusste, welchem Volk der Gepanzerte angehörte, keines Blickes.

      Einem der beiden mochte der Kadu gehören, wahrscheinlich dem Fung, denn Zardioc konnte sich nicht vorstellen, dass der Laufvogel das Gewicht des anderen zu tragen vermochte. Er konzentrierte sich kurz auf die Nicht-Menschen, bis er sich sicher war, dass keiner von beiden der erwartete Gesandte war. Dann nahm er an einem freien, abseits stehenden Tisch Platz und wartete geduldig, bis der Wirt ihm sein Frühstück brachte.

      Dieser war jetzt offensichtlich besser gelaunt. Er bot Zardioc an, für ihn ein besseres Zimmer bereitzustellen, da heute noch mehrere Gäste abreisten. Zardioc akzeptierte es dankend, wohl wissend, dass er diese zur Schau gestellte Freundlichkeit nur seinem Geld zu verdanken hatte; Zahlungskräftige Gäste verärgert man nicht. Auch heute waren keine Angestellten zu sehen, der Wirt hatte alle Hände voll zu tun, wahrscheinlich wollte er sein gutes Geld nicht für Lohnzahlungen ausgeben. Zardioc fand das System dahinter verlogen und ineffektiv.

      Während sich sein Magen langsam zu füllen begann - das Essen war reichhaltig und schmeckte ausgezeichnet -, fühlte er sich etwas besser und versuchte seine Gedanken zu ordnen.

      ****

      Angefangen hatte alles vor 10 Tagen, als er mitten in seiner morgendlichen Ausbildung den Ruf Leandas empfangen hatte. Er war sensitiv wie sie und für gerichtete Gedankensignale und unterschwellige Stimmungen besonders ansprechbar. Einige Minuten lang war er sich unschlüssig darüber, wie er sich verhalten sollte. Der telepathische Ruf hatte wichtig und dringend geklungen, und Leanda war eine Frau, die damit vorsichtig umging. Andererseits war es unverzeihlich, den Unterricht einfach zu verlassen, dazu noch mitten in der Meditationsübungen. Doch wenn er den Ruf ernst nahm, blieb ihm im Grunde keine Wahl, denn die Übungen würden sich noch einige Stunden hinziehen. Also erhob er sich leise, bemüht die anderen in ihrer Konzentration nicht zu stören. Der Meister sah ihm mit ausdruckslosem Gesicht hinterher. Noch als er die Halle verlassen hatte, konnte er die bohrenden Blicke in seinem Rücken spüren. Mit seiner Disziplin hatte es nie zum Besten gestanden, aber diesmal hatte er sich wohl die letzten Sympathien verscherzt.

      Draußen empfingen ihn klare Luft und schneidender Wind. Die Sonne stand zwar hoch am Himmel, aber er fröstelte in seiner leichten Schulkleidung. Mit raschen Schritten entfernte er sich von dem weitläufigen, nüchternen Gebäudekomplex, in dem die Schule der Magier-Gilde untergebracht war, und bog auf den schmalen Pfad СКАЧАТЬ