Theologie im Umbruch. Группа авторов
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Theologie im Umbruch - Группа авторов страница 10

Название: Theologie im Umbruch

Автор: Группа авторов

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Christentum und Kultur

isbn: 9783290178451

isbn:

СКАЧАТЬ dem Tode das Leben!»96 hervorgehoben ist, wird klar, dass der Gedanke aus dem Tambacher Vortrag im Aarauer Vortrag wirklich eine Umwandlung erfährt. Das wird vollends dadurch deutlich, dass dieses Kernmotiv von den beiden Sätzen eingerahmt wird: «Die eine einzige Quelle unmittelbarer realer Offenbarung Gottes liegt im Tode.» Und:

      «Das menschliche Korrelat zu der göttlichen Lebendigkeit heisst weder Tugend, noch Begeisterung, noch Liebe, sondern Furcht des Herrn, und zwar Todesfurcht, letzte, absolute, schlechthinnige Furcht.»97

      Es ist deutlich: Das Wort Tod meint hier in seiner Grundbedeutung den Tod als radikales Ende, als wirklichen Tod. Tod meint nicht mehr, so wie Barth in Tambach in analoger Sprache ausgeführt hatte, «ein selbständiges Leben |43| neben dem Leben», das als solches eben «nicht Leben, sondern Tod» ist. Was Barth in Tambach einhämmerte, bleibt zwar wahr:

      «Tot ist alles Nebeneinander von Teilen […]. Tot ist ein Innerliches für sich, ebenso wie ein Äusserliches für sich. Tot sind alle ‹Dinge an sich› […]. Tot sind alle blossen Gegebenheiten. Tot ist alle Metaphysik.»98

      Aber jetzt in Aarau geht es nicht mehr um die vorauslaufenden Schatten des Todes, jetzt geht es – reduplicative, wie die Scholastiker sagen – um den Tod selber, es geht um «Gethsemane und Golgatha»99.

      Es liegt danach auf der Hand, dass hier in Aarau mit dem gleichen Vokabular, ja mit den gleichen Sätzen etwas Neues, vielleicht sogar etwas «ganz Anderes» gesagt wird als ein halbes Jahr zuvor in Tambach. Man ist an das Bild von einem Handschuh erinnert, der umgestülpt worden ist: Es ist der gleiche Handschuh, aber er zeigt nun in den gleichen Umrissen eine ganz andere Gestalt – die Innenseite der Aussenseite als Aussenseite.

      IX.

      So stellt sich hier zum Schluss eine doppelte Frage:

      Zum einen nach rückwärts: Ist das, was wir in Aarau 1920 hören, wirklich die verborgene Innenseite dessen, was wir bis zur Jahreswende 1919/1920 gehört haben, bis nämlich Barth Anfang 1920 Franz Overbeck100 und dessen «Todesweisheit»101 entdeckt und ihn als seinen «Melchisedek»102 erkannt hatte? Anders ausgedrückt: War das Initiationserlebnis der Lektüre von Overbecks «Christentum und Kultur»103 eine Hilfe zur exakteren, unmissverständlicheren Formulierung eines Barth seit 1915/1916 beschäftigenden und bewegenden Gedankens? Oder kam hier durch die Vermittlung |44| des «überaus merkwürdigen und selten frommen»104 Overbeck ein ganz neuer Gedanke ins Spiel, der sich während der Arbeit am zweiten «Römerbrief» noch radikalisierte105 und nur mühsam in einer Kontinuität mit dem tu,poj didach/j z. B. des «Römerbriefs» von 1919 auszudrücken war?

      Und zum anderen nach vorwärts: In welcher Kontinuität steht z. B. die «Christliche Dogmatik», die «Kirchliche Dogmatik» mit der Overbeck-Besprechung und mit dem radikalen biblisch-hermeneutischen Manifest von 1920? Barth hat in seinen späteren Jahren wiederholt den inneren Abstand zur Römerbriefzeit zum Ausdruck gebracht106 und, nebenbei bemerkt, einmal einen Hörerschein für seinen zweiten Aufsatzband, an dessen Eingang |45| programmatisch die «Unerledigten Anfragen» Overbecks stehen, nur mit der ausdrücklichen Weisung ausgestellt: «Das sollen Sie aber nicht lesen, Sie sollen die Kirchliche Dogmatik lesen!»107 Doch eben in der letzten Vorlesung zur «Kirchlichen Dogmatik» von 1961 steht – im Zusammenhang einer nachdrücklichen Berufung auf das für Barth entscheidende Reich-Gottes-Verständnis der beiden Blumhardts – die ausdrückliche Bekräftigung des Bildes, das emblematisch die Prägung der Theologie Barths in der Phase des zweiten «Römerbriefes» ausdrückt: «Ich würde aber noch jetzt und vielleicht mit noch grösserer Bestimmtheit [sc. als 1920] sagen», man müsse Overbeck, «um ihn recht zu würdigen, gleichsam Rücken an Rücken mit seinem Zeitgenossen, dem jüngeren Blumhardt, sehen»108, worin doch eingeschlossen ist: den jüngeren Blumhardt Rücken an Rücken mit Overbeck! Es wäre also auch zu fragen: Gibt es ein sachliches Kontinuum zwischen 1920 und 1961? Aber diese Fragen sind nun wirklich Sache einer determinatio magistri!109 |46|

      Manuskript «Sozialismus und Kirche»

       (Originalgrösse 11,7 × 12 cm) |47|

      Transkription

      Sozialismus u. Kirche

      Warum als Soz[ialist] Pfarrer?, mehr Pf[arrer] als Soz.! //

      Leben im Soz[ialismus]

      a) wen klagen wir ein[?]? N[euer] Mensch //

      b) mit was kämpfen wir? N[euer] Geist //

      c) was wollen wir? N[eue] Welt //

      Gerade das Unausgesprochene ist das Wesen d. Soz.: die //

      grosse Not u. Sehnsucht d. M[enschen] dem Unendlichen gegenüber. //

      Hinter u. über dem Programm wäre von der Bibel zu reden

      _____

      Warum als Pf[arrer] Soz[ialist]? auch Soz. wenigstens! //

      Weil die Bibel entleert worden ist //

      a) zu einseitig geistig Leiblichkeit //

      b) zu moralisch Gerechtigkeit G[otte]s //

      c) zu wenig radikal Jenseits //

      Die Kirche hat da viel versäumt, auch die Ref[ormation]. Hier ist //

      mehr als Soz[ialismus]. Christen gesucht, die für den Leib[?] empfinden

      |48|

      Manuskript «Krieg, Sozialismus und Christentum», S. 1

       (Originalgrösse 11 × 18)

      |49|

      Fragment auf der Rückseite von «Sozialismus und Kirche»

       (Originalgrösse 18 × 5 cm)

      Transkription

      Beziehung[?] auch in der ersten Zeit, wo wir noch[?] daran denken oder in der zweiten Zeit, wo wir nicht daran [denken wollen?]. //

      Aber nichtwahr, wir wissen Alle auch etwas von der dritten Zeit, wo wir daran denken müssen. Die gegenwärtige Zeit //

      aufs Ganze gesehen, ist jedenfalls dritte Zeit u wir sind darum ein so unruhiges, bewegtes, zerrissenes Geschlecht, //

      weil wir Alle an die Frage, die verborgen im Herzen der Menschen lebt, denken müssen. Wehe den M., die in der dritten //

      Zeit heranwachsen! müsste man sagen, denn wir wissen: viel Sicherheit, viel Befriedigung, viel Gerechtigkeit ist dahin, //

      wenn die dritte Zeit, die Zeit der offenen, der brennenden Frage anbricht. Aber nichtwahr, wenn wir uns selbst recht //

      verstehen, dann wissen wir: nur da heissts umgekehrt gerade: wohl den M, denen die Augen aufgehen; denn //

      da fängt das Leben СКАЧАТЬ