Название: Inseln der Macht
Автор: Frank Westermann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Andere Welten
isbn: 9783862871810
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Schließlich betraten wir ein geräumiges Büro. Auf dem Schild an der Tür stand: Dr. Jorantes, Direktor. Knapp und deutlich. Dr. Jorantes war wie vermutet der Typ, der mich vorerst vor den Klauen des Majors bewahrt hatte, natürlich nur, weil er glaubte, mit seiner Methode besser ans Ziel zu kommen.
»Ah, Mr. Wallen, setzen Sie sich doch.«
Er zeigte zuvorkommend auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch und winkte die Wachen hinaus. Nach einer Weile sah er von seinen Papieren auf.
»Nun, es wird Zeit, dass wir uns mit Ihnen beschäftigen. Sicher liegt es auch in Ihrem Interesse, wenn sich dieser Gedächtnisschwund aufklärt.«
»Natürlich«, bestätigte ich vorsichtig.
»Was wir über Sie wissen, stammt aus den Aufzeichnungen vom Cop Center, das inzwischen Head Control, dem Zentralcomputer, unterstellt wurde. Die letzten Informationen besagen, dass Sie sich einer Gruppe angeschlossen hatten, die in einem sogenannten Camp außerhalb der Großstadt von Neu-Ing lebte. Diese Leute wurden von Ihrer damaligen Regierung als Verbrecher eingestuft. Daher Ihr vorläufiger Status als Kriegsgefangener, bis wir das geklärt haben. Man kann auch nicht behaupten, dass Sie ansonsten ein geregeltes Leben geführt haben. Sie lebten von der Hand in den Mund, ohne Ausbildung, immer bestrebt, sich von der Gesellschaft zu isolieren. Gut, ob wir Sie wegen Zugehörigkeit zu einer subversiven Gruppe anklagen, steht noch aus. Uns interessiert auch in erster Linie Ihr Auftauchen hier. Sie wurden praktisch in Unterzeug aufgelesen, das aus einem Material besteht, das uns hier zumindest unbekannt ist. Und weiterhin wollen wir wissen, wie Sie es geschafft haben, von Neu-Ing hierher zu gelangen, ohne in einer Kontrolle steckenzubleiben.«
»Aber das ist mir ja selbst auch ein Rätsel«, beklagte ich mich heuchlerisch. Denn jetzt war mir völlig klar geworden, dass ich, nach der Beschreibung, die der Arzt von mir gab, von meiner letzten Erinnerung an die Stammes-Realität sofort auf die Südlichen Inseln meiner Ursprungsrealität versetzt worden war. Bloß wie?
»Wir werden Sie untersuchen und dann entscheiden, ob Sie hierher zu den Geisteskranken oder zu den politischen Gefangenen gehören.«
»Und wonach richtet sich Ihre Entscheidung, wenn Sie feststellen, dass meine Angaben der Wahrheit entsprechen.«
»Sehen Sie«, der Arzt breitete seine Arme aus, »die Übergänge sind immer fließend. In gewissem Sinne sind die politischen Gefangenen ja auch geisteskrank. Denn ist es nicht krankhaft, dauernd sinnlos gegen eine vernünftige Gesellschaftsordnung anzurennen und nicht dabei zu helfen, sie vielleicht noch vernünftiger zu gestalten? Und umgekehrt sind die psychiatrischen Fälle in dem Sinn politisch, da der Ursprung ihrer Krankheit ein mehr oder minder bewusstes Auflehnen gegen die Gesellschaftsordnung ist - allerdings hier durch irgendeinen Defekt bewirkt.«
Bei so viel Verdrehungen, Unwahrheiten und Zynismus blieb mir glatt der Mund offen stehen. Wie der wohl den Unterschied zwischen »politischen« und »sozialen« Gefangenen definierte? Wahrscheinlich richtete sich das letztendlich nach ihrer Gefährlichkeit für den Staat. So viel hatte ich jedenfalls verstanden: die Entscheidungen richteten sich hier allein nach Kriterien der Nützlichkeit für Dr. Jorantes.
Damit war ich dann auch vorerst entlassen.
Die nächsten Tage verliefen in ähnlichem Rhythmus. Es gelang mir nicht, auch nur den geringsten Kontakt zu meinen Mitgefangenen zu kriegen. Ihre Sprache blieb mir verschlossen und meine Mutlosigkeit nahm zu. Ich blieb weiterhin in Einzelhaft und das einzige, was ich erfuhr, war der Name dieser Anstalt: Bergotos. Die Untersuchungen zogen sich tagelang hin, teilweise waren sie schmerzhaft, aber von Folter konnte bisher keine Rede sein. Noch nicht. Nach einer Woche verkündete mir Dr. Jorantes, dass ich an partieller Amnesie litt. Ich übersetzte das mit teilweisem Gedächtnisverlust. Man würde mich einige Tage mit starken Medikamenten behandeln, die in so einem Fall zuverlässig helfen sollten. Man ließ offen, was geschehen würde, sollten sich nicht wenigstens Anzeichen einer Veränderung bemerkbar machen. Ich befürchtete, er würde mir dann die Gedächtnislücke nicht mehr abkaufen.
Ich erhielt einige Bücher auf Neu-Ing, Sachen zu Schreiben und Malen und sogar ein Radio. Dann begann die Behandlung.
Ich hielt mich mit den Sachen zwar einigermaßen über Wasser, aber trotzdem begann eine schreckliche Phase. Meine Hoffnung auf eine Änderung der Situation schwand immer mehr, schon bald wurde ich unruhiger, nervöser. Ich konnte nicht einschlafen und sehnte mich zum Verzweifeln nach menschlicher Gesellschaft. Bei den sporadischen Verhören wurde ich immer gereizter und die Gegenseite daraufhin immer aggressiver .Anschließend fiel ich in Perioden von Depressionen und Selbstmordgedanken. Inwieweit das alles auf die Medikamente zurückzuführen war, konnte ich nicht beurteilen. Es war auch egal, da ich nicht umhinkam, sie zu nehmen.
Meine Träume zeigten mir zuerst die Gefahr. Wenn es keine Alpträume waren, waren sie ausgefüllt mit Erinnerungen an das Leben in der Stammes-Realität, von Natur und freien Menschen. Ich wusste selbst, dass ein Zusammenbruch kurz bevorstand. Ich wartete nur noch auf die Tage der Folter und sah mich schon als ausgebranntes Wrack in der psychiatrischen Abteilung rumlaufen.
Dem Geheimnis meiner Zurückversetzung in die alte Realität kam ich kein Stück näher. Ich konnte mich schon bald nicht mehr darauf konzentrieren und verfluchte nur noch diese unkontrollierbare Macht.
I could be a hero
Live and die for their 'important' cause.
A united nation
or an independent state with laws.
And rules and regulations
that merely cause disturbances and wars.
That is what I've got now
All thanks to the freedom-seeking hordes.
They wanna waste my life
They wanna waste my time
They wanna waste my life
And they've stolen it away.
Stiff Little Fingers - »Wasted Life«
3.
LERC
Sie trafen sich in der Garage: Lerc, Veila und Christer. In der hinteren rechten Ecke war gerade noch Platz zum Umziehen. Allen anderen Raum füllte der Krankentransporter aus. Sie hatten ihn am Vorabend besichtigt und waren mit Elfes einer Meinung: Es gab СКАЧАТЬ