Fritz und Alfred Rotter. Peter Kamber
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Название: Fritz und Alfred Rotter

Автор: Peter Kamber

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783894878313

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СКАЧАТЬ und Beifall ist ja nicht dasselbe“, meint auch Fritz Engel im Berliner Tageblatt bei allem Lob: „Es gibt einen Freundesbeifall, vom Claquenbeifall gar nicht zu reden, denn die Herren Rotter hassen nichts so sehr wie ihn, und dieser Beifall ist oft nur der Trommelschlag, der bei einer Hinrichtung erklingt.“ Das Weiße Rößl sei „immer ein Gewinnlos gewesen“, „vom Theater aus gesehen“, „und wenn nicht alles mehr darin ‚stimmt‘, wenn manches heute noch clichéhafter als ehedem“ erscheine, „so blickt durch die Hülle von Staub die gute alte Zeit, die wir jetzt nachträglich zärtlich lieben und aus der Welt des Vergangenen nicht minder gern heraufführen möchten. […] Fast klang es wie Stöhnen und Heimweh aus dem Beifall heraus. Damit war die Spekulation erst recht geglückt, und det Jeschäft war richtiger denn je.“

      Von einer unerfüllt bleibenden lesbischen Liebe handelt Die Freundin von Hermann Sudermann46– ein bemerkenswertes und doch für die Rotterbühnen der frühen Zwanzigerjahre typisches Schauspiel. Uraufführung ist am 2. September 1920 im Residenz-Theater, unter der Regie von Alfred Rotter. Die junge Witwe Alice von Hilgenfeld erhält Besuch von ihrer unverheiratet gebliebenen Jugendfreundin Juliane. Wie eine Jean-Genet-Figur dringt sie in die an Tschechow erinnernde Landgutlethargie. Das weitere Personal besteht aus einem scheu in die Herrin verliebten Hauslehrer, einer ebenso unerfüllt-hoffnungslos von diesem Hauslehrer träumenden Buchhalterin sowie dem Onkel von Alice, der zugleich Pastor ist. Als Einziger weiß er, dass der verstorbene Mann von Alice sich selbst getötet hat. Das Geheimnis vertraut er der neuangekommenen Juliane an, die zwar als Nihilistin auftritt, aber den Eindruck erweckt, als könnte sie Alice zurück ins Leben führen, was am Schluss des Stücks auch tatsächlich der Fall ist – wenngleich völlig anders als erwartet und mit einem weiteren Toten.

      Der Rezensent Emil Faktor gesteht im Börsen-Courier: „Jedenfalls komme ich mir durch die Aufführung viel verdorbener vor. Ich schaue nunmehr in Abgründe der Menschenseele, hinter denen alle bleichen Gräfinnen der Jugendschundlektüre weit zurückbleiben. […] Tilla Durieux gab jene ruchlose Juliane, die nicht bloß Frauen zu verführen, sondern auch Sätze zu sprechen hat wie jenen von der Menschheit, die ein ‚bösartiges Gewimmel von Herren- und Sklaventieren ist‘. […] So gnadenlos gefährlich hat sich der Dichter das Mannsweib vielleicht selber nicht gedacht.“47 Norbert Falk in der BZ am Mittag bemerkt mit gleichem Sarkasmus: „Rotters, oder vielmehr Alfred Rotter, der sich seinen Sudermann nicht nehmen lässt, hat sich für die Teufelin Juliane Frau Tilla Durieux geholt. Mit kurzem Haar, in enganschließender knallroter Joppe betritt sie, halb Mephisto halb Dompteuse, das Rittergut im Osten. […] Die außerordentliche Sicherheit dieser geistig schärfsten Schauspielerin Berlins führt das Stück über die kitzlichsten Punkte; nur wenn die Luft gar zu schwül wird, rührt sich doch im Parkett ein leises Kichern.“48 Und mit angemessenem zeitlichem Abstand würdigt Elsa Herzog in ihrer Kolumne „Die Mode auf der Bühne“ nochmals die Juliane im „Musentempel der Gebrüder Rotter“: „Bei einem Gartenfest erscheint sie in einer weißen Spitzentoilette – Spitzen sind die Lieblinge der Mode […] – mit Türkenrock, über den Spitzenzipfel fallen. Als farbigen Akzent […] hat sie sich einen breiten giftgrünen Bajaderengürtel um die Hüften geschlungen. Von starkem Farbenreiz ist später ein absinthfarbiges Kreppgeorgettekleid mit einem drolligen Zipfelrock, der kobaltblau abgegürtet ist. Dazu ein blaues Lapislazuligehänge.“49

      Auch wenn die Rotters nicht selbst inszenieren, meint die Kritik sie – etwa bei der Aufführung Roman einer Frau von Lothar Schmidt im Trianon-Theater50 in einer Inszenierung des Regisseurs Eugen Burg. Das Stück wird als „Ehebruchsfarce“ bezeichnet: „Man spielt dergleichen bei den Rotters natürlich sehr gut.“51 Bei einem weiteren Lustspiel im Trianon-Theater52, Kammermusik von Heinrich Jlgenstein, ist ebenfalls Eugen Burg für die Regie verantwortlich, doch der Rezensent Norbert Falk lässt sich zum Ausruf verleiten: „Rotters haben es wieder geschafft: sie geben eine Komödie mit ‚pikanten‘ Unterstreichungen und mittendrin noch ein Konzert. Amerika in der Georgenstraße.“53 Auch Hans Albers spielt mit, den sie schon 1915, noch mitten im Weltkrieg, für sich entdeckt haben.

      Zu Lady Windermeres Fächer von Oscar Wilde im Residenz-Theater54, wieder in der Regie von Alfred Rotter, meint Alfred Kerr im Berliner Tageblatt über die Rotters, ironisch in Klammern gesetzt: „Sie werden sagen: ‚Kitsch? – immerhin von Wilde!‘ Gott, lass ihnen die Ausred’!“55

      Das Residenz-Theater haben die beiden Brüder inzwischen erwerben können. Es hat nur etwas über 600 Plätze – und sie verkaufen es später weiter. 1938 wird es abgerissen, da es wegen Baufälligkeit lange leer steht.56

      Fritz und Alfred zielen nun Ende 1920 auch auf das Kleine Theater, eine in der Tat nicht sehr große Bühne: Sie bietet nur 380 Personen Platz, befindet sich aber in prominenter Lage, in der ersten Etage Unter den Linden 44. Direktor und Konzessionsinhaber ist Georg Altmann. Er bleibt Direktor und wird einer der wichtigsten Regisseure der Rotter-Brüder.

      Ihr Vormarsch als Direktoren und ihre Salonstücke werden von der Kritik weiter angefochten. Siegfried Jacobsohn, Herausgeber der Weltbühne, deutet an, dass Fritz und Alfred Rotter das Kleine Theater nur an sich gebracht hätten, „indem sie die Anteile oder Aktien“ aufkauften. Altmann habe, so Jacobsohns hartes Urteil, „seine unscharfe geistige Physiognomie und sein bisschen künstlerisches Gewissen“ an die Rotters „verhökert“. Jacobsohn behauptet weiter: „Wie Schwamm und Schimmel breiten die beiden Bindelbands [Rotters] sich über die Bühnen Berlins.“ Und er fordert, das Staatstheater müsse sich der „Charakterlosigkeit“ entgegenstellen – „sonst ist der Siegeszug der Rotterei unaufhaltsam“.57

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      Die Familie: Fritz und Alfred, davor sitzend Lucie (die ältere Schwester), Gertrud (Alfreds Frau) und Ella (die jüngere Schwester), Ort und Datum unbek.

      Jacobsohn kämpft seit frühesten Jahren gegen die Brüder Rotter. Als Jacobsohn ungefähr zwei Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs über eine Egmont-Inszenierung Fritz Rotters im kurzlebigen Deutschen Schauspielhaus an der Friedrichstraße einen Verriss geschrieben hat, hätten ihm die Rotters „das Haus verboten“, wie die Weltbühne über zwei Jahrzehnte später, am 24. Januar 1933, berichtet: „Mit allen Mitteln der Beeinflussung versuchten die Rotters, sich durchzusetzen.“

      Die Vossische Zeitung sieht den Expansionsvorgang weniger dramatisch und erklärt unter dem Titel Die Pläne der Gebrüder Rotter: „Danach tritt Dr. Georg Altmann, der Direktor und Konzessionär des Kleinen Theaters, in die Firma ‚Gebr. Rotter‘ als gleichberechtigter Teilhaber ein. Herr Altmann wehrt sich im übrigen gegen die an anderer Stelle ausgesprochene Vermutung, als werde er zu den Brüdern Rotter in ein ähnliches Abhängigkeitsverhältnis treten, wie es seinerzeit Herrn Dr. [Eugen] Robert, dem nominellen Leiter des Residenztheaters, aufgezwungen worden ist. Die in Gang gebrachte Verschmelzung werde seine (Altmanns) Rechte eher erweitern als schmälern.“ Gerüchte schließlich über einen „wiederholt behaupteten Verkauf des Theaters des Westens an den Rotter-Konzern“, so die Zeitung, würden vom langjährigen Pächter dementiert.58

      1921 bis 1923 sind paradoxerweise günstige Jahre für die Theater, trotz verbreiteter Arbeitslosigkeit und Armut – gerade wegen der Geldentwertung, die seit Sommer 1921 zu immer neuen Teuerungswellen und im Sommer/Herbst 1923 zur Hyperinflation mit Billiarden-Mark-Scheinen führt: „Das Geld, das man heute in der Hand hatte, besaß morgen keinen Wert mehr“, erinnert sich Rotter-Regisseur Georg Altmann 1931. „Und so beeilte man sich, es heute noch auszugeben, um möglichst viele Genüsse dafür einzutauschen. Man fand diese Genüsse in den Theatern.“59

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