Deutsche Geschichte. Ricarda Huch
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Название: Deutsche Geschichte

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962817725

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СКАЧАТЬ sei­nen Tod ver­heim­licht, bis der von ihr be­nach­rich­tig­te Al­brecht un­be­merkt an­ge­kom­men sei, um die Re­gie­rung zu über­neh­men. Auch die Lau­sit­zen, die jahr­hun­der­te­lang ein zwi­schen Po­len, Böh­men und Deut­schen schwan­ken­der Be­sitz wa­ren, wur­den um die­se Zeit end­gül­tig ger­ma­ni­siert. Schon der be­rühm­te Wi­precht von Groitzsch, der zur­zeit der letz­ten sa­li­schen Kai­ser auf den Gra­nit­fel­sen bei der spä­te­ren Stadt Baut­zen als Mark­graf mäch­tig wal­te­te, hat­te Fran­ken, Hol­s­ten, Bay­ern und Tü­rin­ger ins Land ge­ru­fen, die in den Na­men noch blü­hen­der Fa­mi­li­en eine Spur ge­las­sen ha­ben. Für die Chris­tia­ni­sie­rung und Ger­ma­ni­sie­rung der Ge­gend der süd­li­chen Elbe und ih­rer Ne­ben­flüs­se wa­ren von je­her die Bi­schö­fe von Mei­ßen tä­tig.

      Was die Bau­ern von West­fa­len, Hol­land, Fries­land, Flan­dern ver­an­lass­te, ihre Hei­mat auf­zu­ge­ben und aus­zu­wan­dern bis in die Wäl­der ei­nes un­ga­ri­schen Grenz­lan­des, wo Wolf und Luchs und Elen­tier hei­misch wa­ren, dar­über kann man nur Ver­mu­tun­gen an­stel­len. Aus zeit­ge­nös­si­schen An­deu­tun­gen muss man schlie­ßen, dass es zum Teil Küs­ten­be­woh­ner wa­ren, de­nen Sturm­flu­ten das noch nicht ein­ge­deich­te Land ent­ris­sen hat­ten, zum Teil die­je­ni­gen Bau­ernsöh­ne, die, wäh­rend der Jüngs­te nach hol­län­di­schem und flä­mi­schem Recht den Hof erb­te, ihr Glück in der Frem­de zu su­chen pfleg­ten. Aber ab­ge­se­hen von den be­son­de­ren Um­stän­den ist es na­tür­lich, dass aus dem über­reich be­sie­del­ten Wes­ten stets ein Teil der Be­völ­ke­rung ab­zu­strö­men be­reit war. Man sieht, wie groß die Zahl der frei­en Bau­ern im nord­west­li­chen Deutsch­land noch ge­we­sen sein muss, denn die Hö­ri­gen wür­den ihre Her­ren nicht in so großer Zahl ent­las­sen ha­ben. Dass die be­nach­bar­ten Grund­her­ren sie be­drück­ten und ab­hän­gig zu ma­chen such­ten, wird sie mit be­wo­gen ha­ben, den wei­ten Weg nach dem Os­ten zu wa­gen.

      Deutsch­land konn­te noch ver­schwen­den mit Land und mit Men­schen. Zahl­lo­se wur­den auf­ge­rie­ben, zahl­lo­se wa­ren so­fort wie­der da, eben­so kampf­lus­tig, ar­beits­tüch­tig und tod­be­reit, und un­ab­seh­bar harr­ten ih­rer rau­en Hän­de die leh­mi­ge Schol­le, der Sumpf, die un­end­li­chen Ei­chen- und Bu­chen­wäl­der. Dass ein so wei­tes, nur dünn be­wohn­tes Ge­biet zwi­schen Elbe und Oder und zwi­schen Oder und Weich­sel dem wach­sen­den Vol­ke als Ko­lo­ni­alland zur Ver­fü­gung stand, war ein un­er­mess­li­ches Glück. Es be­deu­te­te nicht nur einen Macht­zu­wachs, son­dern es gab dem gan­zen Vol­ke Ge­le­gen­heit zur Be­tä­ti­gung, den Ar­men Brot und ver­hin­der­te, dass Mas­sen­ar­mut ent­stand. Wa­ren die Städ­te des Wes­tens über­füllt, so konn­te hier, auf dem Lan­de und in neu­ge­grün­de­ten Städ­ten, die Frei­heit eine Zuf­lucht fin­den.

      Was die Lan­go­bar­den, was die Ka­ro­lin­ger, was die star­ken Ot­to­nen und die her­ri­schen Sa­lier ver­ge­bens er­streb­ten, das schi­en nun den Stau­fen zu­zu­fal­len: die Herr­schaft in Ita­li­en. Das süd­li­che Reich, das im Be­sitz Grie­chen­lands ge­blie­ben war, das dann die Nor­man­nen er­obert und zur Ver­fü­gung des Paps­tes ge­stellt hat­ten, das hat­te Bar­ba­ros­sa an sei­nen Sohn ge­bracht. Eine neue mär­chen­haf­te Welt tat sich den Deut­schen auf, wo das Grab des großen Zau­be­rers Vir­gil und der Ein­gang zu den Höh­len des Ha­des wa­ren, wo die heid­nischen Sa­ra­ze­nen mit den Küns­ten des Ori­ents die christ­li­che See­le be­rück­ten. Vom Bal­ti­schen Mee­re bis zum Adria­ti­schen und zum Mit­tel­mee­re brei­te­te sich das Hei­li­ge Reich und schon wuchs es hin­über nach Afri­ka und nach Asi­en. Es ver­lor nicht im Nor­den, was es im Sü­den ge­wann, viel­mehr dehn­te es sich wei­ter und wei­ter nach dem Os­ten, und bald konn­ten sei­ne Kauf­leu­te, ohne frem­des Ge­biet zu be­rüh­ren, Bern­stein von der sam­län­di­schen Küs­te nach Pa­ler­mo füh­ren. In­mit­ten des mit­täg­li­chen Glan­zes, der wie ein Man­tel von Feu­er das Stau­fer­reich um­starr­te, lief zu­wei­len ein Schau­er über die See­le des deut­schen Vol­kes. War es das ah­nungs­vol­le Be­wusst­sein, dass es nicht gut ist, die Höhe er­reicht zu ha­ben, weil alle na­tür­li­chen Din­ge sich auf­lö­sen müs­sen und von der Höhe zur Tie­fe stre­ben? An der Mo­sel sah man auf schwar­zem Geis­ter­roß Diet­rich von Bern vor­über­glei­ten. Trieb den Un­be­sieg­ba­ren die Sor­ge um sein be­droh­tes Volk? Ein an­de­rer Schat­ten rühr­te sich im auf­ge­wühl­ten Ab­grund und stieg war­nend ans Licht: der An­ti­christ. Im­mer von Zeit zu Zeit be­un­ru­hig­te die­se apo­ka­lyp­ti­sche Ge­stalt die Ge­mü­ter; jetzt zog ihn das Ge­fühl des En­des her­bei, den man auch den En­de­krist nann­te. In dem Spiel vom An­ti­christ, das wahr­schein­lich am Ende des 12. Jahr­hun­derts in Deutsch­land auf­ge­führt wur­de, misch­te sich dies End­ge­fühl mit dem stol­zen Be­wusst­sein der durch den Kö­nig ver­wirk­lich­ten Wel­t­herr­schaft. Sei­nen Tri­umph, dem sich alle Mäch­te un­ter­ord­nen, den auch Frank­reich an­er­kennt, das auf die Nach­fol­ge Karls des Gro­ßen und die Wel­t­herr­schaft An­spruch er­hob, un­ter­bricht der An­ti­christ mit den Schick­sals­wor­ten: Mei­nes Rei­ches Stun­de ist ge­kom­men. Nicht die Reichs­fein­de füh­ren sei­nen Sturz her­bei, von der gott­ähn­li­chen Macht des Bö­sen um­garnt, steigt er selbst vom Thro­ne und legt sei­ne Kro­ne dem An­ti­christ zu Fü­ßen. Wie im ger­ma­ni­schen My­thos von der Göt­ter­däm­me­rung der Bruch des Rech­tes durch die Göt­ter das Ende her­bei­führt und recht­fer­tigt, so hier der Ab­fall des Kai­sers von Gott, da er das ver­larv­te Böse nicht mehr vom ech­ten un­ter­schei­det.

      Die Nach­richt vom fer­nen Tode Bar­ba­ros­sas ging wohl wie eine Wol­ke über die Mit­tags­glut des Rei­ches; aber sie brann­te fort, ob­wohl der Um­stand, dass die Söh­ne der Hero­en ent­ar­tet zu sein pfle­gen, den Über­gang der Herr­schaft auf die Er­ben ei­nes Gro­ßen ge­fähr­lich macht. Alle Kin­der Fried­richs I., sei­ne fünf Söh­ne, wie sei­ne Töch­ter, star­ben jung; zwei von den Söh­nen al­ler­dings, Kon­rad, Her­zog von Sach­sen, und Phil­ipp, der jüngs­te, durch Mord. Hein­rich, schon zu Leb­zei­ten des Va­ters Mit­re­gent, ent­sprach äu­ßer­lich nicht dem Bil­de der Deut­schen von ih­rem Kai­ser; wohl war er schön von Ge­sicht, aber dun­kel und schmäch­tig. In der Kunst des Herr­schens glich er dem Va­ter, nur dass alle sei­ne Äu­ße­run­gen um eine Schwin­gung här­ter und schär­fer wa­ren. Ein Lie­bes­ge­dicht, das von ihm vor­han­den ist, zeigt, dass er sich rit­ter­li­che Bil­dung an­ge­eig­net hat­te, und deu­tet viel­leicht auf Stun­den des Spiels und der Schwär­me­rei, die ihm be­schie­den wa­ren; es be­glei­tet mit weh­mü­ti­gem Flug sei­nen blu­ti­gen Gang durch die Ge­schich­te.

      Zwei Zie­le ver­folg­te Hein­rich VI.: das Kö­nig­tum in Deutsch­land erb­lich zu ma­chen und sich Sü­dita­li­en zu un­ter­wer­fen, auf das er durch sei­ne Hei­rat mit Con­stan­ze An­spruch hat­te, bei­des fast aus­sichts­lo­se Un­ter­neh­mun­gen. Be­denkt man, dass alle Kö­ni­ge die Erb­lich­keit der Kro­ne, wenn auch meist nur im ein­zel­nen Fal­le, an­ge­strebt hat­ten, und dass im­mer mehr von Fürs­ten und Papst ge­mein­sam der Grund­satz der Erb­lich­keit hef­tig be­kämpft wur­de, er­scheint es wie ein Wun­der, dass auf ei­nem Hof­ta­ge zu Würz­burg im Jah­re 1196 der jun­ge Kai­ser die An­nah­me des­sel­ben durch­setz­te. Wahr­schein­lich ver­zich­te­te er schon bald da­nach auf den er­lang­ten Er­folg, um die Stim­men wi­der­stre­ben­der Fürs­ten für die Wahl sei­nes Soh­nes zu ge­win­nen; СКАЧАТЬ