Gesammelte Werke. Ernst Wichert
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ernst Wichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027237517

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СКАЧАТЬ einen viereckigen Hof, der wohl ursprünglich ebenfalls mit einem Graben und Palisadenzaun umwehrt, dann aber dem wachsenden Bedürfnis gemäß erweitert und freigelegt war. Rechts ein wenig ausgebaut und im rechten Winkel gegen das alte Gebäude streckte sich, von den Wipfeln der Buchen und Linden dahinter überragt, lang das neue Wohnhaus hin, einstöckig und weit über die Hälfte des Daches nur mit Stroh gedeckt. In einem Teiche mitten auf dem Hofe schwammen Enten. Weiter nach dem Hause zu stand ein uralter Lindenbaum, zwischen dessen Gabelästen der Waagebalken eines Ziehbrunnens eingelassen war. Jenseits des Vierecks setzte sich der Landweg zwischen einer Reihe von kleinen, teilweise recht verfallenen Häuschen fort, die den Gutsuntertanen und Gärtnern dienen mochten.

      Hans eilte dem Freunde entgegen und umarmte ihn herzlich. Er führte ihn dem Hause zu, auf dessen Schwelle nun wirklich das braunäugige Mädchen zu seinem Empfange bereit stand. Meine Schwester Natalia, sagte er lächelnd, ein rechter Wildfang, wie du schon bemerkt haben wirst.

      Das ist unartig, Johannes, schmollte sie und gab ihm einen Schlag auf die Schulter.

      Er streichelte ihre Wange. Ich denke, du hörst es gern, wenn man dich so nennt?

      Als ob ich immer nur zu Pferde säße!

      Nun, am Spinnrocken bist du doch selten zu finden!

      Jetzt im Sommer freilich! Da hat man auch Besseres zu tun. Sie bückte sich und klopfte Cilli den schlanken Rücken. Glaubt ihm nur nicht, Junker, ich habe in Küche und Keller viel zu schaffen und lasse mich morgens nicht wecken.

      Er meint's nicht so schlimm, entschuldigte Heinz.

      Sie drohte mit dem Finger. Das wollte ich ihm auch geraten haben!

      Nun öffnete sie die innere Tür und ließ ihn in eine weite Halle ein, die den ganzen Breitenraum des Hauses füllte. Die mächtigen Balken querüber stützten sich auf Pfeiler mit bunter Bemalung; an der Wand zwischen den Fenstern waren Geweihe von Hirschen und Elchen oder auch Waffen angebracht. An die eine Schmalseite lehnte ein gewaltiger Kamin. Der Fußboden zeigte sich mit viereckigen Ziegeln von roter und blauer Farbe ausgelegt; lange Tische von Eichenholz standen darauf. Wartet hier freundlichst auf den Vater, bat sie und huschte durch eine schmale Seitentür fort.

      Bald kam der Ritter vom Hofe herein, eine hohe, kräftige, bärtige Gestalt. Das Haar färbte sich schon grau, buschte sich aber noch dicht über der breiten Stirn. Eine tiefe Narbe auf derselben und eine zweite schräge auf der rechten Wange bewiesen, daß er nicht immer der friedliche Landmann gewesen war, als der er sich nun in bequemem Wams und weiter Hose über den kurzen polnischen Stiefeln vorstellte. Willkommen in Buchwalde! rief er dem Junker schon von weitem entgegen. Wir können Euch zwar nicht Danziger Kurzweil bieten, hoffen aber, daß Ihr's Euch trotzdem in unserem Hause recht lange wohl sein lassen werdet.

      Heinz schlug in die breite Hand ein und dankte für den freundlichen Wunsch, versicherte aber zugleich, daß er schon am nächsten Tage wieder abreisen müsse, da er ohne Einwilligung seines Ohms, des Komturs von Plauen, von dem nächsten Wege nach der Marienburg abgewichen sei.

      Davon wollten nun Vater und Sohn nichts wissen. Setzt Euch nur erst bei uns fest, Junker, sagte der Ritter, dann sollt Ihr nicht so bald loskommen. Es sind zwei Brüder meiner Frau hier, polnische Herren aus der Gegend von Slotorie, nicht gar weit von Thorn, die auch ein wenig deutsch sprechen. Sie werden Euch gut unterhalten, und sorgen wir nach unserer Pflicht als Verwandte und Wirte, daß sie sich in Buchwalde gefallen, so habt auch Ihr Euren Teil davon, ohne daß Ihr uns Dank schuldet. Die Briefe werden nicht so eilig sein. Reicht doch der Waffenstillstand noch bis Ende des Monats Juni, und etwas Wichtiges außer diesem unseligen Kriege kann's zur Zeit kaum geben. Habt Ihr zu Schwetz etwas Neues über die Sache erfahren?

      Der Junker verneinte.

      Nach den Berichten meiner Schwäger, der Herren von Kroczinski, fuhr der Ritter fort, rüstet der König von Polen diesmal mit aller Macht. Kommt es zur Schlacht, so weiß niemand voraus, wer Sieger bleibt. Verliert der Orden, so ist das Kulmer Land zunächst arg gefährdet, und mein Haus bietet Weib und Kind nicht ausreichend Sicherheit, denn selbst die wilden Tataren sollen aufgeboten sein. Es ist also beschlossen, daß Frau und Tochter mit den Schwägern nach Schloß Sczanowo gehen und dort die Entscheidung abwarten. Fällt sie zugunsten des Ordens, so haben sie gleichwohl dort wenig zu befürchten. Vorher aber wollen wir hier noch ein paar lustige Tage gemeinsam verleben, und denen dürft Ihr nicht fehlen.

      Heinz gab darauf keine bestimmte Zusage, bat dagegen, die Frau des Hauses begrüßen zu dürfen. Der Ritter führte ihn sogleich zu ihr.

      Sie befand sich in einem Gemach seitwärts der Halle, das recht wohnlich, aber mehr nach orientalischer als nach deutscher Sitte eingerichtet war. Die Wände zeigten sich mit wollenen Tapeten verkleidet; auf dem Fußboden lagen weiche Teppiche mit fremdländischen Mustern, und statt der Stühle standen darauf lange niedrige Gestelle, mit Decken und Kissen belegt. Eines derselben hatte Frau Cornelia eingenommen, eine verblühte, etwas fettleibige Schönheit. Sie lag darauf, den Kopf mit dem ungebundenen schwarzbraunen Haar auf den runden Arm gestützt, die Füße ein wenig eingezogen, so daß nur die Spitzen der Pantoffeln von rotem Saffian sichtbar wurden. Ihre Brüder saßen auf einem anderen Gestell gegenüber und spielten mit einer Schar großer und kleiner Hunde. In der Ecke stand ein Betpult und darauf neben einem Kruzifix von Elfenbein ein kleiner venezianischer Spiegel. Sie begrüßte den Gast, ohne sich zu erheben, bot ihm aber den Sitz auf dem Fußende ihres eigenen Diwans an und wiederholte ihre Aufforderung, bis er sich gesetzt hatte. Er wurde dann auch mit den Herren Michael und Jakob von Kroczinski bekannt gemacht, worauf dieselben gleich wieder das Spiel mit den Hunden begannen, zur nicht geringen Belustigung des Hausherrn, der weidlich über ihre tollen Sprünge lachte.

      Die Polin richtete indessen in gebrochenem Deutsch an Heinz Fragen, wie sie die Höflichkeit erforderte. Als der Ritter aus seinen Antworten erfuhr, daß ihm sein Pferd gestohlen sei, zeigte er sich sehr ungehalten und schwur, daß er den ganzen Wald von dem heidnischen Gesindel reinigen wolle. Frau Cornelia warf ihm aus ihren großen, aber etwas matten Augen einen Blick zu und meinte seufzend, es sei auch endlich an der Zeit, daß er Gott die Ehre gebe. So sehr er polterte, begnügte er sich doch schließlich damit, einen reitenden Boten nach dem Melno-See zu schicken und im Heidenwall sagen zu lassen, daß das Pferd abends in seinem Stalle stehen müsse.

      Er gab seinen Befehl in polnischer Sprache: der größte Teil der Dienerschaft war polnisch.

      Das Mittagessen wurde in der großen Halle eingenommen. An derselben langen Tafel saßen Herrschaft und Hausgesinde; man aß aus irdenen Schüsseln mit Holzlöffeln, das Fleisch zerschnitt jeder mit seinem Dolch oder Arbeitsmesser. Auch Fische wurden aufgetragen und aus der Hand verzehrt. Knochen und Gräten warf man den Hunden zu.

      Nach Tisch führte Junker Hans seinen Freund ins Freie hinaus. Hinter dem Wohnhause zog sich den Hügel hinan ein mit einem Lattenzaun eingehegter Garten. Es standen darin Obstbäume und Weinspaliere. Auf einem Rasenplatz weidete ein zahmes Reh, das Natalia sich auferzogen hatte. Sie lag nicht weit davon unter einer schattigen Buche und schien es nicht ungern zu sehen, daß die beiden jungen Herren zu ihr traten und sich gleichfalls ins Gras streckten. Sie behauptete, schläfrig zu sein, aber die hellen Augen waren so beweglich, daß Heinz, auf den sie sich von Zeit zu Zeit recht herausfordernd richteten, darüber lachte. Er solle zu ihrer Ermunterung etwas von dem Danziger Pfingstfest erzählen, forderte sie; Bruder Johannes – sie nannte ihn immer mit seinem vollen Taufnamen – habe nur die dürftigste Nachricht davon gegeben und gewiß das Beste vergessen gehabt. Denn wie es eigentlich zugegangen, daß er statt des Bechers einen Ring gewonnen habe, daraus sei man nicht recht klug geworden. Das ist wohl der Ring, fuhr sie fort, den Ihr da an der rechten Hand tragt? Man merkt's, woher er stammt, da er nicht einmal auf Euren kleinen Finger passen will. Und doch scheint er nicht eng zu sein. Weist doch einmal das Wunderding.

      Er СКАЧАТЬ