Die Romantik. Ricarda Huch
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Название: Die Romantik

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388836

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СКАЧАТЬ der Wunsch seines Herzens sich erfülle und er demnächst Hochzeit mit Julien halten könne, zugleich aber auch für die andere, daß seine Krankheit es nicht gestatte; für welchen Fall er sich eine Reihe von Dingen vornahm, mit denen er sich beschäftigen, die er studiren wollte. Was ihm auch beschieden sei, er wollte es für seine Bildung nutzen. Sein schwarzes Geisterseherauge sah dem Lebensgange zu, den sein Genius ihm wählte, und beleuchtete den Weg mit sanft durchdringendem Licht. Ob es sich nicht doch mit Thränen füllte, als es erkannte, daß es der Weg des Todes war und nicht der der Liebe?

      Apollo und Dionysos.

       Inhaltsverzeichnis

      Die leise Besonnenheit des Apollo und

       die göttliche Trunkenheit des Dionysos.

       Friedr. Schlegel.

      Wissen ist des Glaubens Stern,

       Andacht alles Wissens Kern.

       Friedr. Schlegel.

      Die Romantiker waren die Entdecker des Unbewußten. Indiensuchende Träumer, sandten sie ihre Seele aus nach dem uralten Wunderlande, von dem die Märchen der Vorzeit erzählten. Düfte, Blumen, die abgerissen im Wasser flossen, verkündeten den einsamen Schiffern oft die Nähe der blühenden Küste. Wie Kolumbus, wußten sie nicht, was sie gefunden hatten. Denn nicht das entfernte Mittelalter oder irgend ein wunderbares Traumland war es, sondern in ihnen selbst öffnete sich das unendliche Nachbarland ihres Geistes, die entgegengesetzte Scheibe des beseelten Planeten, wie einer von ihnen die verhüllte Hälfte des mit sich selbst unbekannten Menschen nennt, hatte sich ihnen zugewendet.

      Im Jahre 1807 schrieb Ritter, nachdem er eine Somnambule beobachtet hatte, an Baader: »Eine Entdeckung von Wichtigkeit denke ich durch die eines passiven Bewußtseins, die des Unwillkürlichen, gemacht zu haben. Es wird durch Frage, Antwort erregt.… Hier neue Aufschlüsse in der Magie. Dann Theorie der Kraft der Phantasie. Alles Vorgestellte ist wirklich, eben deshalb aber hat es nur die Hälfte seiner Wirklichkeit, eine Halbwirklichkeit, für uns, gerade wie schon jeder Dritte uns doch nicht so wirklich ist, als wir uns selbst. Ferner hier Theorie des Gewissens, indem aktives Bewußtsein sich von passivem nur dadurch unterscheidet, daß dort die Frage mit der Antwort, und hier die bloße Antwort zum Bewußtsein kommt. Alle unsre reinen Handlungen sind somnambulistisch, Antwort auf Frage; wir die Frager. Jeder trägt selbst seine Somnambule bei sich und ist selbst der Magnetiseur von ihr. – Fall wo die Frage die Antwort selbst erräth, oder eigentlich die bewußte Unwillkürlichkeit selbst. Gott im Herzen.«

      Von dieser empirischen Entdeckung eines passiven Bewußtseins, das von dem sonnenwachen Bewußtsein verschieden und nicht mit dem Gehirn, sondern mit dem sogenannten sympathischen Nervensystem verbunden sein sollte, wußten die jungen Führer der Romantik noch nichts. Immer pflegt der Erfahrung ein blinder Prophet der Wahrheit vorauszugehen. Uebrigens war das Gefühl, daß dem Menschen zwei Seelen in der Brust wohnen, kaum jemals unbekannt, und jeder kann Beobachtungen über ihr Verhalten zu einander anstellen. Im Leben des Kindes giebt es eine kurze Epoche, wo es sich nur als Objekt empfindet und von sich in der dritten Person redet; es ist zum Selbstbewußtsein noch nicht erwacht. Allmälig lösen sich die beiden Seelen von einander ab und trennen sich immer mehr – ebenso wie sich die Menschheit in eine männliche und eine weibliche Hälfte spaltet –, woraus die heißen Kämpfe der reifenden Jugend zu erklären sind, von denen nur wenige Menschen garnichts erfahren. Nun stellt die wache, sehende Seele Gesetze und Ideale auf, denen die schwerfällige blinde nicht folgen kann, oder umgekehrt, das überschwängliche Gefühl der blinden drängt zu Thaten, denen die berechnende sich widersetzt. Wenn die Jugend zu Ende geht, wird der Zweikampf so oder so entschieden, häufiger durch Ueberwältigung der einen oder durch ein schwächliches Sichmiteinanderabfinden, als durch Versöhnung.

      In der Völkergeschichte wiederholt sich derselbe Vorgang. Kein Kampf ist im Innern der Thiere, wo der blinde Instinkt noch unangezweifelt herrscht; abgesehen von gewissen Hausthieren, in denen unter dem Einflusse der Menschen die ersten Keime des Selbstbewußtseins sich entfalten mögen. Auch bei den kulturlosen Völkern kann die schwache Stimme der Einsicht noch nichts ausrichten gegen die ungebändigte Wildheit des Instinkts. Der reine, harmonische Mensch des goldenen Zeitalters hat nie gelebt; eine optische Täuschung der menschlichen Phantasie versetzte ihn, wie den persönlichen, bewußten Gott, die beide am Ende aller Geschichte stehen, an ihren Anfang. Allerdings lebten die Griechen, wie wenn uns ein Vorbild gesetzt sein sollte, nach dem wir strebend uns zu richten hätten; hier herrscht eine innere Uebereinstimmung wie die zwischen Oedipus und Antigone: die kindliche Führerin schmiegt sich in vertraulichem Gehorsam an den blinden, weiseren Vater. Das Christenthum war die erste Auflehnung gegen die Tyrannis des Triebes. Das Bersten der Erde und das Zerreißen des Vorhangs im Tempel waren die ersten Vorzeichen der beginnenden Seelenschlacht im Menschen.

      Wie im Leben des Einzelnen Tage oder Jahre, wo er handelt und lebt, auf solche folgen, wo er sich auf sich selbst besinnt, wechseln auch die Zeiten in der Weltgeschichte mit einander ab; während das Innenbewußtsein ruht, steigen die großen Thaten gerüstet, entschlossen aus der Tiefe des Unbewußten empor. So lösten auch im Mittelalter innerliche und äußerliche Zeiten einander ab; aber die Innerlichkeit gab der ganzen Epoche ihren Charakter. Wie eine große Revolution die neue Zeit eröffnete, ist sie durch eine andre, die französische beschlossen, während gleichzeitig die Romantik ein erneutes, erhöhtes Mittelalter heraufführte.

      Es giebt keine interessantere und furchtbarere Zeit, als das frühe Mittelalter, wo der Mensch sich im Innern einem Dämon gegenübersah, der ihm sein eigenstes Reich streitig machte, den er fürchtete und haßte und dessen er sich doch nicht entledigen konnte, mit dem er wie mit einem Zwillingsleibe verwachsen war, und der doch ewig nach entgegengesetzter Richtung drängte. Er wußte sich eins und fühlte sich doch zwei, was einen wohl krank und wahnsinnig machen kann. Vergebens suchten die Priester die bösen Geister aus den Besessenen auszutreiben und durch Beschwörungsformeln bei der Taufe den Teufel aus dem neugeborenen Kinde zu bannen. Bald wähnte man in der edelsten Begierde des Menschen, der nach Erkenntniß, die fremde, feindselige Wirkung zu spüren, bald in den natürlichen Leidenschaften; unbändiger Frevel wechselte ab mit heldenmäßigen Opferthaten und weltüberwindender Entsagung. Durch die beständige, wenn auch feindselige Berührung mit dem Unbewußtem wuchs das Bewußtsein mächtig; dem Antäus gleich, dem aus der mütterlichen Erde die Kraft einströmt.

      Auf einer inneren Zweiheit beruht die Möglichkeit des Selbstbewußtseins überhaupt; je deutlicher sich jene ausprägt, desto schärfer kann auch dieses werden. Einige Aussprüche der Romantiker sollen zeigen, daß sie die Doppelerscheinung des Ich klar erkannten.

      Novalis: Denn Niemand kennt sich, insofern er nur er selbst und nicht auch zugleich ein andrer ist.

      Eine nicht synthetische Person ist eine Person, die mehrere Personen zugleich ist, ein Genius. Jede Person Apollo und Dionysos ist der Keim zu einem unendlichen Genius. Sie vermag, in mehrere Personen getheilt, doch auch eine zu sein.

      Die höchste Aufgabe der Bildung ist, sich seines transcendenten Ich zu bemächtigen, das Ich seines Ichs zugleich zu sein.

      Unser Denken ist also Zwiesprache und unser Empfinden Sympathie.

      Jede Person, die aus Personen besteht, ist eine Person in zweiter Potenz oder ein Genius.

      Friedr. Schlegel in der Lucinde: Nur in der Antwort seines Du kann jedes Ich seine unendliche Einheit ganz fühlen. Dann will der Verstand den inneren Keim der Gottähnlichkeit entfalten, strebt immer mehr nach dem Ziele und ist so voll Ernst die Seele zu bilden, wie ein Künstler das eigene geliebte Werk. In den Mysterien der Bildung schaut der Geist das Spiel und СКАЧАТЬ