Die Romantik. Ricarda Huch
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Название: Die Romantik

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388836

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СКАЧАТЬ zu sein, ja sogar das Wort Popularität häufig mit Wohlgefallen im Munde führte, er der in der Unkunde seines kindlichen Fürsichlebens der beschäftigten Welt seine weltferne Persönlichkeit, den »Frédéric tout pur« so ohne Weiteres zumuthete!

      Wie dem auch sei, an der Unverständlichkeit ging das Athenäum zu Grunde. Der schmetternde Jubelton, den die Herolde der kommenden goldnen Zeit in die Welt geblasen hatten, verklang im Gewühl, das sie nicht achteten. Denn das ist das Schönste an diesem Buche und das Künstlerische: die Stimmung, die die einzelnen Theile kraftvoll zusammenfaßt, eine freudige Stimmung von Menschen, die wissen, daß sie das Rechte wollen und glauben, daß das Rechte siegen muß, weil fortschreitende Entwickelung das Gesetz der Welt ist. Die blitzenden Augen auf die Zukunft gerichtet, auf die Spitze des Berges, übersahen die Anstürmenden, was im Wege hinderte und drohte. »Im 19. Jahrhundert wird jeder die Fragmente mit viel Behagen und Vergnügen in der Verdauungsstunde genießen können und auch zu den härtesten, unverdaulichsten keinen Nußknacker bedürfen«, sagt Friedrich, wo er sein Herz ausschüttet über die Unverständlichkeit, die man ihm vorgeworfen hat. »Die neue Zeit kündigt sich an als eine schnellfüßige, fohlenbeflügelte; die Morgenröthe hat Siebenmeilenstiefel angezogen. Lange hat es gewetterleuchtet am Horizont der Poesie, in eine mächtige Wolke war alle Gewitterkraft des Himmels zusammengedrängt, jetzt donnerte sie mächtig, jetzt schien sie sich zu verziehen und blitzte nur aus der Ferne, um bald desto schrecklicher wiederzukehren: bald aber wird nicht mehr von einem einzelnen Gewitter die Rede sein, sondern es wird der ganze Himmel in einer Flamme brennen, und dann werden euch alle eure kleinen Blitzableiter nichts mehr helfen. Dann nimmt das 19. Jahrhundert in der That seinen Anfang, und dann wird auch jenes kleine Räthsel der Unverständlichkeit des Athenäums gelöst sein.«

      Das Jahrhundert, an welches diese Appellation gerichtet wurde, ist bald vorüber und überliefert sie einem neuen Richter; denn es hat sich im Laufe seines Wachsthums von denen, die seine Geburtshelfer und Taufpathen waren, undankbar und verkennend abgewandt und ist ihnen die Entscheidung schuldig geblieben.

      Novalis.

       Inhaltsverzeichnis

      Du schienest, losgerissen von der Erde.

       Mit leichten Geistertritten schon zu wandeln,

       Und ohne Tod der Sterblichkeit genesen.

       Wilhelm Schlegel an Novalis.

      Von ihm müsse man sagen, er sei ein Genie, nicht er habe Genie, schrieb sein Freund, der Kreisamtmann Just; weil er nicht etwa eine besondere Befähigung zu irgend einer Kunst, Wissenschaft oder Hantirung gehabt habe, sondern ein Gleichgewicht aller Kräfte, so daß er in allem, was er auch ergriffen haben möchte, sich ausgezeichnet haben würde.

      Er war Dichter nur insofern er Mensch war, ein solcher Künstler, wie die Romantiker meinten, daß jeder Mensch sein könne oder doch solle. Es lag ihm auch durchaus fern, als Dichter auftreten zu wollen, ja von seinen Freunden wünschte er ausdrücklich in erster Linie als Mensch betrachtet und behandelt zu werden. »Die Schriftstellerei« schrieb er an Just »ist eine Nebensache. Sie beurtheilen mich mehr billig nach der Hauptsache – dem praktischen Leben. Wenn ich gut, nützlich, thätig, liebevoll und treu bin: so lassen Sie mir einen unnützen, unguten, harten Satz passiren … Ich behandele meine Schriftstellerei nur als Bildungsmittel. Ich lerne Etwas mit Sorgfalt durchdenken und bearbeiten – das ist Alles, was ich davon verlange. Kommt der Beifall eines klugen Freundes noch obendrein, so ist meine Erinnerung übertroffen. Nach meiner Meinung muß man zur vollendeten Bildung manche Stufe übersteigen; Hofmeister, Professor, Handwerker sollte man eine Zeit lang werden wie Schriftsteller.« So war er in demselben Sinne und sogar in noch höherem Grade als Goethe Gelegenheitsdichter; denn wenigstens in einem gewissen Alter, namentlich seit seiner Bekanntschaft mit Schiller, fing Goethe an zu dichten, um zu dichten, z. B. um gewisse Kunstprobleme zu lösen. Alles was Novalis geschrieben hat, könnte man Tagbücher nennen, worin auch die Schwächen seiner Prosawerke liegen. Der vollkommenste Mensch und Künstler würde wohl der sein, dessen Tage- und Lebensbücher, so wie er sie natürlich niederschriebe, zugleich die schönsten Kunstwerke wären.

      Seine Schönheit war von der Art, die der Menge nicht auffällt, nur dem Kenner sichtbar ist als, wie Tieck von Novalis sagt, »die reinste und lieblichste Verkörperung eines hohen unsterblichen Geistes.« Diejenigen, die ihn kannten und verstanden, konnten die schlanke Gestalt mit den vornehmen Geberden, die Augen voll ätherischer Gluth in dem zartgebildeten Gesichte nicht vergessen. Ebenso wenig lag in seinem Wesen das Hervorstechende, was man zu häufig genial nennt; denn abgesehen davon, daß er sich nur ganz hingab, wenn er verwandte Geister sich entgegenkommen fühlte, war er zu einfach und ohne Affektation, um auf Ungeübte einen überraschenden Eindruck zu machen. Bei seinen großen Kenntnissen und reichem Geiste war er doch nicht hochmüthig, er liebte harmlosen Scherz in der Geselligkeit; weil auch das Geringste ihm bedeutende Ideen weckte, konnte er leicht durch Gespräche über scheinbar unbedeutende Gegenstände die Erwartung der mehr vom Stoffe Abhängigen enttäuschen.

      Darin bestand eben seine bewundernswürdige Kunst des Umganges, daß er mit allen aus allem etwas zu machen wußte. Wie er erscheinen konnte, wenn er einem verständnißvollen Geiste begegnete, das erfährt man aus Friedrich Schlegel's Schilderung, nachdem die beiden Jünglinge sich kennen gelernt hatten: seine schwarzen Augen seien von herrlichem Ausdruck, schrieb Schlegel seinem Bruder Wilhelm, wenn er mit Feuer – unbeschreiblich viel Feuer – von etwas Schönem rede; er rede drei Mal mehr und drei Mal schneller als ein Anderer; nie habe er, Schlegel, so die Heiterkeit der Jugend gesehen.

      Als er in die Welt hinaustrat, war er ein Jüngling, dem es bestimmt schien, die Fülle aller Erdengüter zu genießen; denn einer vornehmen, wohlsituirten Familie angehörend, fehlte es ihm für seine Laufbahn nicht an den besten Aussichten, er hatte eine einnehmende Erscheinung, eine Persönlichkeit alles anzuziehen und Herz und Sinn alles zu genießen. Ein Wechselverhältniß besteht zwischen dem Menschen und der Welt, daß sie demjenigen liebevoll entgegenkommt, der sie mit aufrichtiger Liebe sucht. Nicht die Liebe des Idealisten zu den Menschen und Dingen hatte Novalis, die in bittere Verachtung umschlägt, wenn die überirdischen Traumbilder sich nicht pünktlich verwirklichen; vielmehr das arglose Zutrauen eines gutartigen Kindes, das mit einem Herzen voll heimlicher Glückseligkeit in seinem kleinen Garten ein Paradies und in seinen Sträuchern und Büschen blühende Wunder sieht. »Tadle nichts Menschliches« sagte er; »Alles ist gut, nur nicht überall, nur nicht für alle.« Dieser Ausspruch seiner späteren Jahre bestätigt schön die Theorie, die er als noch nicht 20jähriger Jüngling gegenüber dem welt- und menschenhassenden Friedrich Schlegel verfocht: daß es nichts Böses auf der Welt gebe. Das war nicht die Unerfahrenheit hoffender Jugend, sondern es ist bezeichnend für den harmonischen Menschen, dessen Verstand wohl die Dissonanzen sieht, auch nicht etwa die Augen davon abwendet, der aber Kraft genug hat, bis zu ihrer Auflösung vorzudringen. In seinem Temperamente lag die Neigung zu diesem schönen und tiefen keineswegs flachen Optimismus, der aus der Ordnung des eigenen Innern sich unbewußt die Gewißheit der Ordnung außer sich schöpft, der an den Sieg des Guten glaubt, weil er die Kraft zum Guten in sich hat; eine Fähigkeit zum Glück lag darin, der äußere Unfälle nicht an's Leben können: wie eine Geistererscheinung bohrt sich einem solchen Menschen das Schmerzensschwert mitten durch die Brust, ohne zu tödten.

      Daß er äußerte, er wolle, um alle die Herrlichkeiten der Erde zu genießen, eine reiche Heirath machen, klingt anmuthig komisch im Munde eines Menschen, dessen geflügelte Seele der Anziehung der Materie so wenig unterworfen war, daß sie sich fast in jedem Augenblick himmelhoch über die Erde aufschwingen konnte. Er gehörte eben nicht zu jenen Idealisten, die die Augen an den Sternen hängend mit den Füßen durch den Sumpf waten, im Gegentheil pflegte er nach Art des guten Realisten mehr zu leisten als er versprach, indem seine Aeußerungen über sich selbst sich immer nur mit dem Nächstliegenden beschäftigten, was СКАЧАТЬ