Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3). Ricarda Huch
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3) - Ricarda Huch страница 12

Название: Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3)

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 4064066388812

isbn:

СКАЧАТЬ das Haupt der katholischen Partei gewesen sei. Durch seinen Argwohn und seine Befürchtungen habe er den Kaiser mit einem schwarzen Netz von Schwermut umgarnt und ihn krank und ohnmächtig gemacht. Wozu die Melancholie und die Furcht? Er sei der mächtigste Monarch der Erde, die Einkünfte der reichsten Länder ständen ihm zu Gebote, er brauche gewissermaßen nur wie ein Zauberer einen Ring zu drehen, so sei die Erfüllung seiner Wünsche schon da, wenn er nur seine Kraft und sein Vermögen recht erkennte und anwendete. Was vermöchte sein Bruder Matthias gegen ihn? Derselbe sei ein vorzeitig gealterter Mensch, ohne Nachkommenschaft, arm und von ihm abhängig, eine Puppe in den Händen des Bischofs von Wien, der doch schließlich nur des Kaisers Untertan sei. Der Kaiser solle Matkowsky entfernen, der einen unheilvollen Schatten auf sein Gemüt geworfen habe und ein nichtswürdiger Ketzer sei; bei einem Prozeß würde sich ergeben, daß er ein großes Vermögen besitze, welches dem Kaiser abgestohlenes Gut sei, und die Konfiskation desselben würde billigerweise die kaiserliche Kasse füllen.

      Dieser Rat wurde befolgt und erwies sich nützlich, indem Matkowsky in der Tat ein nennenswertes Vermögen besaß, wovon Philipp Lang sich die größere Hälfte aneignete, während der Rest an den Kaiser kam.

      Der andere Günstling des Kaisers war Graf Hermann Christoph Rußworm, ein schöner, heißblütiger Offizier, der sich in den Türkenkriegen mehrfach hervorgetan hatte und nun der höchsten Stufe militärischer Macht zustrebte. Dieser herrschsüchtige und rücksichtslose junge Mann war weder unter den Hofherren noch beim Kriegsrate, noch bei seinem Vorgesetzten, dem Feldmarschall Adolf von Schwarzenberg, beliebt, ja sein Verhältnis zu diesem war so mißlich, daß er sich kaum länger hätte halten können, wenn jener nicht kurz nach seinem großen Siege bei Papa vom Tode wäre hingerafft worden. Rußworm hoffte in die offene Stelle einzutreten, wozu der Kaiser auch geneigt gewesen wäre; aber er getraute sich nicht, einem so jungen Menschen gegen den allgemeinen Wunsch eine so verantwortungsvolle Würde zu übertragen, und so erhielt sie der Herzog Philipp Emanuel von Mercoeur, ein Mann, der mit dem Ruhme der Kriegserfahrung den edler Sitten vereinigte.

      Auf der Reise nach Ungarn jedoch wurde Mercoeur in Nürnberg von einem bösartigen Fieber ergriffen. Durch den Arzt auf die Möglichkeit eines tödlichen Ausgangs hingewiesen, bat er den Rat der Stadt um Erlaubnis, einen katholischen Geistlichen kommen zu lassen, der ihm die Sterbesakramente reichen sollte, wurde aber abschlägig beschieden, weil das den städtischen Satzungen zuwiderlaufe und ein bedenkliches Beispiel geben könne. Als der Zustand des Kranken sich gegen den Abend verschlimmerte, schickte er noch einmal an den Rat, der die Antwort gab, zu so später Stunde könne man nicht so viele Herren zusammenbringen, daß ein gültiger Beschluß zustande komme, man wolle die Sache am folgenden Morgen in Erwägung ziehen und ihm dann Bericht sagen. Von seinem Sterbebette aus ließ Mercoeur dem Rate sagen, er habe nicht gewußt, daß die Angelegenheit so schwierig sei, und bitte um Verzeihung, daß er den Herren eine solche Ungelegenheit bereitet habe; worauf er seinen Geist aufgab.

      Doch erfüllte sich Rußworms Hoffnung noch nicht sogleich; erst als auch der Nachfolger des Mercoeur, Graf Solms, eines plötzlichen Todes gestorben war, beförderte Rudolf seinen Liebling zum Oberbefehl. Wenn der stolze Mann im glänzenden Harnisch vor den Kaiser hintrat, so glich er dem Ritter Georg, der sich von seinem himmlischen Herrn zum Kampfe gegen den Sündendrachen weihen läßt. Wenn er schwur, daß der Kaiser ihm Gott auf Erden sei, daß er seinen Namen unter Heiden und Ketzern groß machen, ja seinen besten Freund und eigenen Bruder um des Kaisers willen niederstoßen würde, so fühlte dieser, daß es dem jungen Kriegshelden damit Ernst sei und daß er sich auf seine Ergebenheit durchaus verlassen könne. Rußworm zweifelte niemals weder an den Rechten des Kaisers in irgendeiner Beziehung noch an seiner eigenen Fähigkeit und Unüberwindlichkeit. Mit der Erlaubnis, frei zu reden, ausgestattet, erzählte er dem Kaiser, sein Heer, soweit es deutsch sei, sei ihm ganz ergeben und würde unter seiner Leitung jeden Feind besiegen, wäre es nur nicht durch die Trägheit und Selbstsucht des Kriegsrates und durch die Zweideutigkeit der welschen Offiziere gehemmt. Die Welschen, die ja die Mehrzahl der hohen Stellen innehätten, die Basta, die Gonzaga, die Belgiojoso und viele andere, umgarnten wohl das kaiserliche Ohr mit schmeichlerischen Worten, meinten es aber nicht ehrlich; das Schicksal des Reiches sei ihnen, den Fremden, gleichgültig, sie wollten nur ihre Taschen füllen, säßen wie habgierige Geier über den ihnen anvertrauten Provinzen und verließen sie, selbst vollgesogen, als ausgemergelte Wüsten. Der Kaiser sei zu milde, er habe das Schwert über den Erdkreis und solle seine Schärfe der Welt zeigen. Die Ketzer spotteten seiner und rühmten sich, er sei ihnen heimlich zugetan oder er fürchte sich, sie offen zu bekämpfen; wollte er nur einmal seine Majestät scheinen lassen, so würden sie geblendet niederfallen, und die alte Kaisermacht würde sich erneuern.

      Siegesnachrichten vom Schauplatze des Türkenkrieges trugen dazu bei, den Kaiser in Vorstellungen von unerschütterlicher Macht zu wiegen. Der Bildhauer Adriaen de Vries erhielt den Auftrag, ihn geharnischt, in olympischer Haltung, gleichsam als einen Jupiter darzustellen, und durfte sogar zuweilen in Rudolfs Gegenwart, mit Benutzung seiner Person arbeiten. Der ihm von Philipp Lang dargebrachte Glückwunsch, daß er nach Überwindung der häßlichen Krankheit als ein anderer Herkules vergnügt und vergöttlicht aus der Asche des Scheiterhaufens steige, leuchtete ihm ein, und er beeilte sich, die Erde soweit wie möglich vor seiner Macht erzittern zu lassen.

      Staunend und mit Kopfschütteln hörten die Prager zu, wie auf den Gassen und Plätzen unter Trompetenschall ein jahrhundertaltes Edikt verlesen wurde, welches die Anhänger der Böhmischen Brüderunität mit dem Tode bedrohte. Der protestantische Herrenstand überlegte sich, ob etwas vorzunehmen, etwa ein Aufstand einzuleiten sei; aber da geraume Zeit verging, ohne daß dem wunderlichen Erlaß etwas Weiteres folgte, vielmehr alles beim alten blieb, ließ man es hingehen. So konnte dem Kaiser berichtet werden, das Edikt sei vom ganzen Volke mit stillschweigender Unterwürfigkeit aufgenommen, worauf eine weit schärfere Maßregel, um Ungarn zu schrecken, erfolgte: es wurden nämlich alle Gesetze und Verordnungen bestätigt, die seit König Stephans Zeiten zum Schutze der katholischen Religion erlassen waren.

      Dies gewaltsame Gesetz, das nichts weniger als die Ausrottung des Protestantismus bedeutete, schlug in Ungarn, das sich ohnehin in einem Zustande dauernder Gärung befand, als ein Zeichen zum Aufruhr ein, der sogleich auch Siebenbürgen ergriff und Mord und Blutvergießen in dem wilden Lande hervorrief. Unbehagen erfaßte die habsburgische Familie und auch die kaiserlichen Räte; denn wenn man die schwierige Stimmung der Protestanten im Reich bedachte und wie sie jederzeit im trüben zu fischen geneigt wären, ferner, daß der Kaiser kein Geld hatte und infolgedessen auch kein zuverlässiges Heer aufbringen konnte, um einer großen Kriegsmacht zu widerstehen, so hatte es das Ansehen, als steuere man unaufhaltsam dem Abgrunde zu. Der Grausamkeit der Basta und Belgiojoso, die zuerst zur Durchführung des Ediktes, dann zur Niederwerfung des Aufstandes nach Ungarn geschickt waren, gelang es wohl, das Feuer an einzelnen Orten zu ersticken, aber es flammte stets an anderen desto heftiger auf, und schließlich hielt es der Kriegsrat für notwendig, Basta, den unmenschlichen Neapolitaner, zurückzurufen, damit das kaiserliche Regiment nicht vollends verhaßt gemacht werde. Die Feinde Bastas, an deren Spitze Rußworm stand, ergriffen die Gelegenheit und verlangten die Bestrafung dieses Teufels, der unter dem Vorwande der Religion seiner Lust an Quälerei und Blutvergießen gefrönt, eine Menge Menschen wahllos dem Henker überliefert und durch Verhöhnung und Vergewaltigung der Opfer seinen Namen fluchwürdig gemacht habe. Rußworm selbst leitete das Gericht, vor dem sich Basta zu verantworten hatte, und zweifelte nicht am Untergange seines Gegners, dem eine Reihe schändlicher Vergehen nachgewiesen waren, als der Prozeß plötzlich eine andere Wendung nahm, indem Basta eine Vollmacht des Kaisers vorlegte, nach welcher er über seine Verwaltung Ungarns niemandem sollte Rechenschaft abzulegen haben und jedes ihm gut dünkende Mittel zur Bekämpfung des Aufstandes sollte anwenden dürfen. Außer sich vor Entrüstung, eilte Rußworm zum Kaiser, der denn auch leugnete, die Vollmacht ausgestellt zu haben; Basta, meinte er, müsse sie sich wohl auf betrügerische Weise verschafft haben. Im ersten Augenblick fühlte sich Rußworm erleichtert; aber wie er von der Burg herunterstieg, sank seine Stimmung. Die Miene des Kaisers, sein unsicherer Blick, der schnelle Wechsel der Farbe auf seinem blassen Gesicht schwebten ihm vor und wollten ihm nicht gefallen; er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß der СКАЧАТЬ