Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ oder später zutage trat. Die Kölner fochten die Oberhoheit des Erzbischofs nicht an: es ist vorgekommen, daß sie sich auf seine Seite gegen den Kaiser stellten. Nie haben sich die Erzbischöfe das Recht des Blutbannes in Köln entwinden lassen. Was die Kölner wollten, war Erhaltung ihrer Privilegien, Schutz vor Eingriffen und Willkür, in jedem einzelnen Falle möglichste Bewahrung der Unabhängigkeit. Engelbert der Heilige war der erste Erzbischof, der es gründlich mit der Stadt verdarb, weil er, früher als die meisten seiner Standesgenossen, die vielfach zerstreuten Rechte zu einer zentralisierten Landeshoheit zusammenzufassen suchte. Seine Verwaltung war straffer als üblich, durch übermäßige Besteuerung machte er sich die Stadt zum Feinde, durch das Bestreben, die Vogteien an sich zu bringen, den umwohnenden Adel, in dessen Händen sie waren. Man fand in der Stadt, daß der in weltlichen Geschäften aufgehende Mann keinen Anspruch auf Heiligkeit habe. Großen Sinn zeigte er, als er vor den Mordplänen eines Verwandten gewarnt, der sich benachteiligt fand, furchtlos in den Tod ging. Als Konrad von Hochstaden zur Regierung kam, hatten sich die inneren Verhältnisse insofern zuungunsten der Stadt verändert, als keine Einmütigkeit mehr unter der Bürgerschaft bestand. An dem wachsenden kulturellen Aufschwung im Reiche nahm auch die Industrie teil, der Wohlstand der am Textilgewerbe beteiligten Zünfte mehrte sich, in Köln kamen namentlich die Weber zu Vermögen und drängten nach Teilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten. Was in Straßburg Bischof Walter von Geroldseck vergeblich versucht hatte, die Zünfte gegen die Geschlechter aufzuhetzen, das gelang Konrad von Hochstaden. Nachdem er in der Schlacht von den Patriziern, an deren Spitze Mathias Overstolz stand, besiegt worden war, stiftete er eine Zwietracht an und richtete nach Vertreibung der Geschlechter eine Zunftherrschaft auf, von der er hoffte, daß sie ihm gefügiger sein werde. Indessen nun zeigte sich, wenn auch erst nach seinem Tode, die Macht der Tatsachen: die neue Regierung geriet wieder, weil es das Interesse der Stadt verlangte, in Streit mit dem Erzbischof und rief selbst die Verbannten zurück. Sie kamen unverändert wieder, nur daß sie vielleicht noch stolzer gegenüber dem Erzbischof und gegenüber ihren zünftigen Mitbürgern geworden waren. Sie verdrängten sie aus der Regierung, und noch einmal konnte ein Erzbischof die Erbitterung der Betrogenen benützen, um die Patrizier zu vertreiben, noch einmal überwog bei den Zünften die Liebe zur Vaterstadt den Groll gegen die Patrizier, so daß sie in einem entscheidenden Augenblick zu ihnen übergingen und einen Sieg über den Erzbischof ermöglichten, bei dem der alte Mathias Overstolz, zum letztenmal triumphierend, fiel. Grausam und unklug setzten die Geschlechter den Kampf im 14. Jahrhundert fort; sie gingen so weit, das Vermögen der Weber einzuziehen und die Zahl der Webstühle zu verringern, zerstörten also lieber ein Gewerbe, auf dem zum Teil der Wohlstand der Stadt beruhte, als daß sie die Nebenbuhler im Rate geduldet hätten. Aber auch dadurch ließ sich die Kraft des arbeitenden Volkes nicht unterdrücken; in den letzten Jahren des 14. Jahrhunderts wurde die Geschlechterherrschaft endgültig gestürzt, nachdem einige ihrer Führer auf dem Schafott endeten. Der wundervolle gotische Rathausturm soll aus den Strafgeldern der Besiegten errichtet sein.

      Der zeitgenössische Chronist, der uns die Geschichte von den inneren Kämpfen Kölns berichtet hat, nennt die Handwerker Esel, die sich eine Löwenhaut umhängen und so herkulesmäßig ausstaffiert nur desto kläglicher erscheinen. Wohl hatten die Handwerker im allgemeinen nicht den Jägerblick und die Raubtierklaue, womit der Adel zu herrschen und zu erobern gewohnt war; aber die Kunst des Regierens erlernt sich, und manchen ist sie angeboren, die nur Unterdrückung erfahren haben. Die Frage, ob die Städte unter dem demokratischen Regiment besser oder schlechter gediehen als unter aristokratischem, läßt sich nicht beantworten, weil die Verhältnisse zu mannigfaltig waren, als daß sie alle von einem Standpunkt aus zu betrachten wären, und weil aus vielen Gründen die allgemeine Lage im 15. Jahrhundert für die Städte schwierig zu werden begann. Kleine Städte, die ausschließlich von Handwerkern regiert waren, gingen bergab; aber es versteht sich von selbst, daß das Fehlen reicher Patrizier und der Anregung des Großhandels sich ungünstig bemerkbar machten, besonders da, wo nicht ein besonders einträgliches, großes Gewerbe blühte. Wo eine Verschmelzung der Stände stattgefunden hatte in der Art, daß, wie es zuweilen geschah, alle Bürger Mitglieder irgendeiner Zunft werden mußten, wo also die Geld und Gut besitzenden Geschlechter am Orte blieben, hielten sich verschiedene Städte bei demokratischer Verfassung noch längere Zeit auf gleicher Höhe, wie Köln, Braunschweig und Magdeburg. Andererseits erlosch in aristokratisch regierten Städten die Kraft früherer Jahrhunderte. Irren würde man, wenn man die Zunftkämpfe als ein Zeichen innerer Zersetzung auffaßte. So wie in der ersten Blütezeit der Städte die Kämpfe gegen die Stadtherren, waren die Aufstände der Zünfte vielmehr ein Zeichen überschäumenden Lebens. Während das gellende Geschrei des Aufruhrs die Nacht zerriß, während das Blut Erschlagener und Gerichteter auf die Steine tropfte, während die Städte sich zerfleischten, warfen sie ihr Wort und Schwert oft ausschlaggebend in die Waage der Geschicke des Reiches.

       Inhaltsverzeichnis

      In der Goldenen Bulle Karls IV. wurden die Städtebünde für verfassungswidrig erklärt; erlaubt wurden einzig die Landfriedensbündnisse, denen alle Reichsglieder beitraten, und die den Zweck hatten, Frieden und Ordnung zu erhalten. Seit Friedrich II. ordneten alle Kaiser von Zeit zu Zeit Landfrieden an, und zwar entsprechend der herrschenden Dezentralisation verschiedene für die verschiedenen Landschaften. Sie waren ein merkwürdiges Mittel, die Parteiungen, die das Reich zerrissen, zu überwinden, den stets sinkenden Einfluß der geschwächten Zentralgewalt durch die Parteien selbst zu ersetzen. Wenn auch im einzelnen manches Gute dadurch bewirkt sein mag, so waren die Gegensätze doch zu scharf, das Mißtrauen zu eingewurzelt, als daß ein segensreiches Zusammenarbeiten sich hätte ergeben können; fast machte es die verwickelten Zustände noch chaotischer. Die Fürsten hatten das Recht, die an der Spitze des Bundes stehenden Landrichter zu setzen, und wählten natürlich solche, die das fürstliche Interesse im Auge hatten. Im nördlichen Deutschland kam damals die Rede auf: »Traue dem Landfrieden nicht!«, die sprichwörtlich geworden ist. So blieb die Neigung der Städte, sich durch Einungen untereinander zu sichern und zu stärken, bestehen und trotzte dem Verbot des Reichsgrundgesetzes. Zugrunde lagen ihnen Verbindungen, von denen man sagen kann, die Natur selbst habe sie gebildet, durch ihre Nachbarschaft und durch die Verwandtschaft der wirtschaftlichen Betriebe, von denen sie lebten. Zuweilen war es so, daß Betriebe einer Stadt oder Landschaft die anderer ergänzten, wie zum Beispiel die Weinstädte Mainz und Worms der Hölzer des Schwarzwaldes zur Herstellung der Fässer bedurften oder wie da, wo Tuch gemacht wurde, die Färbemittel Waid und Krapp gebraucht wurden, die gewisse Städte anpflanzten. Wiederum verbanden Ströme und Straßen gewisse Orte miteinander, kleinere ließen sich von größeren beim Bezug von Waren, bei der Benützung von Schiffen vertreten. So kam es, daß aus dem Gewimmel von Städten, Dörfern, Landschaften, das sich über das Reich verbreitete, sinnvoll und unzertrennlich verbundene Sternbilder hervorleuchteten.

      Eine der ältesten Gruppen bildeten die drei weinbauenden Bischofsstädte Mainz, Worms und Speyer, zu denen sich zuweilen die Reichsstadt Oppenheim gesellte. Die Verbindung der drei erstgenannten wurde mit der Zeit zu einer verfassungsmäßigen Einrichtung, die von den neu eintretenden Ratsherren beschworen wurde. Ebenso unzertrennlich hingen am unteren Rhein Boppard und Wesel zusammen, zu denen etwa Koblenz und Andernach hinzutraten, am oberen in ähnlicher Weise Straßburg und Basel, denen sich manchmal Freiburg anschloß. Mit den vier sogenannten wetterauischen Städten Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar vereinigte sich zuweilen Seligenstadt. Die Bodenseestädte Überlingen, Konstanz, Wangen, Isny, St. Gallen fanden im 14. Jahrhundert einen Mittelpunkt in Ravensburg, wo eine kapitalkräftige Handelsgesellschaft die in den betreffenden Städten erzeugte Leinwand bis nach Spanien vertrieb. In den Oberen Landen Schwabens verbanden sich Bern und Freiburg miteinander und zuweilen mit Solothurn. Zürich hielt sich bald zu ihnen, bald zu Basel und Straßburg.

      Im nördlichen Deutschland waren Braunschweig und Magdeburg zwei Mittelpunkte, denen sich auf der einen Seite Hannover, Hildesheim, Goslar, Göttingen, Einbeck, auf der anderen Seite Halberstadt, Quedlinburg, Aschersleben anschlossen. Nur einige Jahre waren vergangen, seit Braunschweig sich durch Schulden, Revolution und Verbannung ins Unglück СКАЧАТЬ