Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ Fall, daß sie ohne Erben sterben sollte; aber nach dem Tode ihres Mannes geriet die Haltlose unter den Einfluß des Tiroler Adels und ließ sich Schenkungen abdrängen, während auf der anderen Seite der Herzog von Niederbayern ihren Sohn gefangennahm, um durch ihn die Hand auf Tirol legen zu können. Da entschloß sich Rudolf zu schnellem Handeln: mitten im Winter überschritt er heimlich, nur von seinem Kanzler begleitet, unter unsäglichen Mühen, oft kriechend, die Tauern und kam wohlbehalten in Brixen an. Seine Kühnheit war erfolgreich, Margarethe, deren Sohn inzwischen gestorben war, übergab ihm ihr Land. Bozen, Meran, Sterzing, Innsbruck, Hall huldigten, auch der Bischof von Brixen anerkannte die Oberherrschaft Österreichs in seinem Gebiet, das bald dem Herzogtum völlig einverleibt wurde. Auf einem Fürstentage in Brünn belehnte Karl IV. seinen Schwiegersohn mit Tirol.

      Rudolf entfaltete in seinen Ländern eine rege Tätigkeit und wurde von Städten und Bauern geliebt. Er unterstützte sie, indem er die Steuerfreiheit der Geistlichen auf den Umfang der Kirchen und Klöster beschränkte, für ihre Besitzungen außerhalb derselben sie aufhob. Abgaben an Kirchen, ob sie von Grundrechten, Rentenkauf oder Vermächtnissen herrührten, erklärte er für ablösbar. Entgegen dem Geiste seiner Zeit und dem Wunsch der Zünfte zwang er den Städten Gewerbefreiheit auf, in der Hoffnung, dadurch den Zuzug von Bürgern zu heben. Immer bestrebt, es seinem Schwiegervater an kaiserlicher Wirksamkeit gleichzutun, beschloß er den Umbau der Wiener Pfarrkirche, die Heinrich Jasomirgott in der Mitte des zwölften Jahrhunderts gegründet hatte, im gotischen Stil und in gewaltigen Maßen. Im Frühling 1359 tat er den ersten Spatenstich und legte den Grundstein zum neuen Stephansdom. Schon vorher hatte er das Zimmer in einem Turme der Burg, in dem er erzogen war, zu einer Kapelle umbauen lassen, um daraus eine unmittelbar dem Papst unterstehende Kollegialkirche zu machen. Da es sich als zu klein für den Gottesdienst erwies, übertrug er die Stiftung auf St. Stephan und begabte sie mit außerordentlichen Rechten. Der Propst des Stiftes sollte Erzkanzler von Österreich sein und zu den österreichischen Fürsten gehören, obwohl es solche noch gar nicht gab, die Kleidung der Stiftsherren sollte rot mit goldenem Kreuz sein, und in gewissen Fällen, nämlich zur Beschützung seiner Kirche, zur Verteidigung des christlichen Glaubens und im Dienste der Herrschaft Österreich sollte der Propst Harnisch und Waffen tragen dürfen. Ferner sollte der Propst Kanzler der Wiener Universität sein, die Rudolf zu gründen unternahm. Bevor er noch die Erlaubnis des Papstes erhalten hatte, am 12. März 1365, unterzeichnete er die Urkunde, durch die er sie nach dem Muster der Universitäten von Athen, Rom und Paris in verschwenderischer Weise stiftete. Da Rudolf bald hernach starb, blieb es bei den großen Worten auf dem Pergament; erst zwanzig Jahre später rief Herzog Albrecht die erneuerte Gründung ins Leben.

      Überblickt man die Leistungen Rudolfs des Stifters, der mit 26 Jahren starb, so verliert man den Mut, das Wort Größenwahn auf ihn anzuwenden oder über das kindlich Prahlerische seines Geschmacks, die kindlichen Antriebe seiner Handlungen zu lächeln. Zuweilen ist es doch, als erzeuge sich ein Land seine Herren, die Erde Geschöpfe, die ihre Gedanken ausführen müssen. So fühlte der junge Herzog in seinem Geist Österreichs große Bestimmung. Die Verbindung mit Böhmen, die schon König Rudolf angebahnt hatte durch die Vermählung eines habsburgischen und eines böhmischen Kindes, schien jetzt wieder durch Verwandtschaft erleichtert, die Einigung mit Ungarn wurde erträumt. Konnte Rudolf der wegweisenden Donau nicht folgen, so drang er doch siegreich ans Adriatische Meer, über das Gebirge wuchs Österreich nach Italien hinüber. Als der Patriarch von Aquileja sich mit dem Carrara von Padova verständigte, um das Verlorene zurückzugewinnen, ging Rudolf als Schildknappe verkleidet zu Fuß über die Berge ins Pustertal und nach Schloß Tirol, wo er krank wurde. Trotzdem eilte er nach Verona und Mailand, um Bundesgenossen zu werben; in Mailand starb er. Als man im Jahre 1739 seine Gruft öffnete, fand man ihn prächtig ausstaffiert, wie er es liebte, im goldgestickten Kleide. Die rotgoldenen Gewänder, die er für die Wiener Stiftsherren vorgeschrieben hatte, verbot Urban V. als ärgerniserregend. Sein letztes Kleid focht niemand an, und niemand wird dem ruhelosen Jüngling den Ruhm streitig machen, ein Mitbegründer der glorreichen Monarchie gewesen zu sein, die beim Sinken des Römischen Reiches den universalen Gedanken aufnahm und noch einmal in großartiger Weise verwirklichte.

       Inhaltsverzeichnis

      Staatskunst ist schwierig, weil die Tendenzen der inneren Politik denen der äußeren oft entgegengesetzt sind und doch beide berücksichtigt werden müssen. Nur der kann nach außen die notwendige Stärke zeigen, der über ein einmütiges, lenkbares Volk verfügt; Einmütigkeit setzt blinden Gehorsam oder gerechte Verteilung der Rechte und Lasten und erträgliche Verteilung der Güter voraus, diese besteht aber selten, wo eine bevorzugte Schicht herrscht, die mit schneidiger Vehemenz die Zügel der Regierung straff hält. Demokratische Verfassung, das heißt eine solche, bei welcher das Volk in allen seinen Schichten nach Möglichkeit an der Verwaltung und Leitung beteiligt ist, macht den Gang des Gemeinwesens umständlicher, schwerfälliger, als wo eine geschulte Regierung oder ein allmächtiger Wille die unterwürfige Menge wie eine Waffe nach Belieben gebraucht. Freiheit im Inneren kann die Freiheit nach außen beeinträchtigen, außer in den Fällen, wo die Freiheit zur Ordnung geworden ist, und die demokratische Gesinnung alle Teile des Volkes so durchdringt, daß sie in der Not einen Körper mit einer Seele, einem Willen bilden können.

      In der Zeit ihres Aufschwungs lag in den Städten des Reiches die Regierung in den Händen einiger patrizischer Familien, die sich bewußt waren, daß sie des guten Willens der übrigen Schichten des Volkes, der Gemeinde, bedurften. Ohne daß sie dazu verpflichtet gewesen wären, pflegten sie bei wichtigen Gelegenheiten die Gemeinde zu versammeln und sich ihrer Zustimmung zu versichern. Sie überließen es den Handwerkern, ihre Angelegenheiten selbst zu verwalten, ihre Zunftmeister zu wählen, die anfänglich der Stadtherr, dann die städtische Regierung, der Rat, ernannt hatte, und bedienten sich derselben, um durch sie die Stimmung des Volkes kennenzulernen und zu beeinflussen. Ein solches Verhältnis erhielt sich in manchen Städten sehr lange, wie zum Beispiel in Göttingen, wo der Rat stets darauf bedacht war, daß die Handwerksgilden nicht dächten, er verschmähe sie oder achte sie für nichts, und damit erreichte, daß bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts der innere Frieden nicht gestört wurde. Es versteht sich, daß dies besonders bei Städten tunlich war, die ein verhältnismäßig bescheidenes Dasein führten; große Unternehmungen, Kriege, Eroberungen, Käufe kosteten viel Geld und nötigten zu Steuererhebungen, die das Volk verstimmten und mißtrauisch machten. Je üppiger ein Gemeinwesen erblühte, desto mehr nahm der Reichtum auch der Handwerker zu und weckte in ihnen das Streben, auf Grund der Vermögensgleichheit soziale und politische Gleichheit zu erringen.

      Sieht man die Schiffe, mit denen die niederdeutschen Kaufleute das Meer befuhren und Schlachten schlugen, die bauchigen Koggen mit dem hohen Bord und vergoldetem Zierat, sieht man die geschnitzten Truhen, das Gerät in der Küche, die Schwerter, die Harnische, so stellt man sich gern den Mann vor, der diese Dinge herstellte, versunken in seine Aufgabe, unverfälscht wie sein Werk, ein Handwerker, der ein Künstler war, wie der Künstler seine Kunst als Handwerk ausübte. Die Redlichkeit, Ehrbarkeit und Zucht, das Herzhafte und Sinnreiche des mittelalterlichen Städtewesens beruhte hauptsächlich auf dieser Klasse, die mit ihrer Handarbeit eine gediegene Kultur begründen half. An Bildung stand sie den Geschlechtern kaum nach, auch nicht an Wehrhaftigkeit, wenn auch die Geschlechter beritten ins Feld zogen, die Handwerker zu Fuß. Die eigentliche Stärke im Kriege machten doch die Handwerker aus, und sie verteidigten die Mauer, die ihnen in Abschnitten zur Bewachung zugewiesen war. Sehr unterschieden sich die Handwerker von den Kaufleuten in ihren geschäftlichen Sitten, die sie im Sinne der Kirche auffaßten, entsprechend den Worten des Paulus: Wenn wir aber Nahrung und Kleidung haben, so laßt uns begnügen. Die Arbeit sollte den Arbeiter ernähren, nicht der Anhäufung von Reichtümern dienen; zu diesem Zwecke wurde die Zahl der Gesellen, die jeder halten durfte, beschränkt. Trotzdem angestrebt und auch erreicht wurde, daß jeder Zunftangehörige sein Auskommen hatte und daß die Lebenshaltung so ziemlich auf gleicher Ebene blieb, gab es doch bedeutende Unterschiede zwischen den Zünften wie zwischen den einzelnen. Die Schuster, Bäcker, Schmiede, Weber und einige andere erfreuten sich in manchen СКАЧАТЬ