Tatort Bodensee: Der Fall Winterbergs. Martin Oesch
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Название: Tatort Bodensee: Der Fall Winterbergs

Автор: Martin Oesch

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

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isbn: 9783839268148

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      »Also Robert …«

      »Weißt du«, fiel er ihr ins Wort, »ich setze mein Geld gerne ein. Aber ich möchte einen gewissen Return on Investment sehen. Also mehr Geld. Oder meinen Spaß haben beim Ausgeben. Fällt dir dazu was ein?«

      »Wozu?«

      »Zu eins von beidem!« Winterberg tupfte sich die Lippen mit der weißen Stoffserviette ab und ließ seinen Blick erneut über die Weite des Sees schweifen.

      Amélie Cohen tat so, als müsste sie nachdenken. »Return on Investment, R O I, Roi: wie König auf Französisch. Was will denn der König des Bodensees zurück? Gehört ihm nicht schon alles?«

      Tatsächlich gehörte ihm auch der Seehof, wo sie zu Gast waren. Eines der besten Lokale weit und breit. Gebaut wurde das Haus am See kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Dann zerfiel es langsam, nach einer Reihe von schnellen Wirtewechseln, in den 1980er-Jahren. Knapp ein Jahr stand es sogar leer, bevor Winterberg es kaufte und für einen zweistelligen Millionenbetrag renovieren ließ. Dann suchte er sich einen der damals angesagtesten Spitzenköche. Seither florierte der Seehof. Es war ohne Zweifel ein kulinarisches wie auch wirtschaftliches Husarenstück.

      Winterberg griff, um etwas Zeit zu gewinnen, zum Amarone, die Flasche zu 120 Franken, um nachzuschenken. Cohen hielt schnell die Hand über ihr fast leeres Glas. Winterberg schaute sie an. »Siehst du, liebe Amélie. Genau das meine ich.« Er hielt ihren Blick, bis sie langsam die Hand vom Glas nahm und Winterberg nachschenken durfte. Der ließ das süffige Rot provokativ langsam ins Glas laufen. Amélie Cohen schwieg und fixierte ihrerseits einen imaginären Punkt am Horizont. Winterberg genoss den Moment. »Meine Liebe: Ich denke, wir werden uns einig!«

      Der König sitzt ein

      Sechs Tage nach dem Mord

      Ich staune: Wie klein meine Welt geworden ist. Ein Schritt geradeaus, eine Drehung um 90 Grad nach links, vier Schritte geradeaus, wieder im rechten Winkel nach links, ein Schritt, die Drehung und nochmals vier Schritte. Zurück zum Ausgangspunkt. Willkommen in meiner neuen Welt. Ja, lachen Sie ruhig. Der große Winterberg so klein. Spüren Sie sogar etwas Schadenfreude? Kein Problem, ich kann Sie verstehen.

      Das ist mein neues Zuhause. Für 23 Stunden am Tag. Eine Zelle, wenige Quadratmeter groß. Eine Pritsche mit einer harten Matratze in der einen, eine Kloschüssel und ein kleines Lavabo in der anderen Ecke. Der Spiegel aus Blech, damit man sich nicht verletzen kann. Ein kleiner, an die Wand geschraubter Tisch und ein Stuhl, der ebenfalls fixiert ist. Mehr ist da nicht. Platz für: einen Schritt, vier Schritte, einen Schritt, vier Schritte.

      Man hat mir alles genommen. Alles, was mir lieb und teuer war: mein Ansehen, meinen Reichtum, meine Familie und vor allem meine Freiheit. Sagen Sie ruhig: Recht geschieht ihm. Aber ich sage Ihnen: Ich war’s nicht! Mein Anwalt meint, es sehe ernst aus. Die Polizei behauptet, die Beweislast sei erdrückend. Was die Medien berichten, weiß ich nicht, und was meine Freunde denken, ebenso wenig. Vielleicht ist das ein Vorteil in meiner Situation. Wenn es auch der einzige ist.

      Darf ich mich Ihnen kurz vorstellen? Gestatten: Mein Name ist Winterberg. Bei den männlichen Lesern dürfte der Name sofort einen Reflex auslösen: »Noch ein Winterberger!« Genau. Das bin ich. Der Bierkönig. Die Brauerei kaufte mein Vater, Conrad Winterberg, vor 82 Jahren. Aber zur wahren Blüte kam das Geschäft erst, als ich es nach dem Tod von Vater übernahm. 30 Jahre ist das her.

      Ein Schritt, vier Schritte, ein Schritt, vier Schritte. Das ist manchmal auch Glück, so eine Zelle. Da staunen Sie. Denn ein solches Leben bedeutet viel Zeit zum Nachdenken. Eigentlich ein Luxus. Einen, den ich trotz allem Reichtum nie hatte. Ich, ein Mann der Tat. Sie fragen sich sicher, wie ich in diese missliche Situation geraten bin. Nun, man verdächtigt mich, eine Frau erschlagen zu haben. Ein Vorwurf, der ernst zu nehmen ist, sagt mein Anwalt. Er muss es wissen, denn immer, wenn er mir gegenübersitzt, macht er ein besorgtes Gesicht. An seinem Honorar kann es nicht liegen.

      Ich gestehe: Ich kannte diese Frau. Alle Welt weiß das, darum gibt es keinen Grund, es zu leugnen, sagt auch mein Anwalt. Sebastian Hess heißt er übrigens. Und teuer ist er. Aber das Beste, was man sich in meinem Fall leisten kann, leisten sollte, meint er.

      Amélie Cohen ist der Name der Toten. Der Vorname wie aus dem französischen Film, den meine Frau so gerne sieht. Und der Nachname wie der kanadische Musiker, den ich sehr verehre. Übrigens: Ist der nicht auch gestorben? Schlechte Zeiten für Cohens.

      Amélie und ich waren Geschäftspartner. Geschäftsfreunde sogar. Kein Wunder kannten wir uns, die Tote und ich. Sie war häufig zu Gast bei uns auf dem Conradsberg, dem Anwesen, das nach meinem Vater benannt wurde. Ich soll sie erschlagen haben, behauptet die Polizei. Deshalb sitze ich hier, liege viel und denke nach. Und manchmal gehe ich: einen Schritt zur Seite, vier Schritte nach vorn, einen Schritt nach links, vier Schritte zurück.

      Giacometti schlägt zu

      Am Tag nach dem Mord: 11. Januar

      Uwe Drechsler hatte schlechte Laune. Das hatte er meist, seit er hier am See lebte. Das halbe Jahr Nebel, das andere halbe Jahr Touristen, die zum Einkaufen oder Flanieren kamen und ihm den Platz für das Bier an der Abendsonne streitig machten. Da fehlte ihm eine frische Leiche am Freitagnachmittag grad noch. Verlängertes Wochenende futsch, Ski-Ausflug in die Berge futsch. Dabei war die Nähe zu den Bergen, außer dem Zahltag in Schweizer Franken, etwas vom wenigen, was er als Ostdeutscher hier im Süden schätzte.

      »Amélie Cohen, 38 Jahre, 1.79 Meter groß, 60 Kilo.« Eine attraktive Frau zu Lebzeiten, dachte er. »Getötet mit einem Schlag auf den Hinterkopf, mit etwas Hartem, einem Hammer vielleicht, einer Eisenstange, so was in der Art.« Lustlos rapportierte Drechsler weiter. »Keine weiteren Verletzungen, kein Geschlechtsverkehr in den letzten 24 Stunden, soweit ich das auf den ersten Blick feststellen kann. Außerdem scheint es keinen Kampf gegeben zu haben, Fingernägel sind frei von Stofffasern oder Hautabschürfungen. Ansonsten tipptopp manikürt. Nagellack ist purpurrot«, ergänzte er zufrieden.

      Hutter warf Drechsler einen irritierten Blick zu. Er bezweifelte, dass die Medien heute Abend an Werbung für Frau Cohens Nagelstudio interessiert waren. Hutter brauchte dringend Informationen. Für 19 Uhr war eine Medienkonferenz im Foyer des Museums angesagt. Die Vernissage, die eigentlich für diesen Zeitpunkt geplant gewesen wäre, wurde offiziell, mit einem nebulösen Hinweis auf betriebliche Probleme, kurzfristig abgesagt. Und nachdem die Eltern der Kinder, die Cohens Leiche entdeckt hatten, erstaunlicherweise auch dichtgehalten hatten, war das Ableben der Kuratorin bis zur Stunde tatsächlich geheim geblieben.

      »Todeszeitpunkt?«

      »Das ist einfach: Zum Glück herrscht in einem Museum Tag und Nacht die gleiche Temperatur, zur Schonung der Exponate«, erklärte Drechsler mit einem süffisanten Lächeln. »Der tödliche Schlag jedenfalls, nur ein einziger, wurde am Donnerstagabend zwischen 20 und 22 Uhr ausgeführt. So weit leg ich mich fest. Genaueres gibt es Anfang Woche. Wenn mich jetzt der Herr Kommissar bitte entschuldigt.«

      »Moment, können wir schnell … Läuft Ihr PC noch?«

      Umständlich klaubte Hutter das iPad aus der Manteltasche und tippte die Notiz von dort in die Suchmaske des Computers. Da ploppte das Gewünschte auf. Eine 3-D-Aufnahme von Giacomettis Figur mit dem unaussprechlichen französischen Namen.

      »Was ist denn das?«, fragte Drechsler.

      »So eine Art Kunst«, antwortete Hutter unbeholfen.

      Aufmerksam betrachtete der Gerichtsmediziner den Kopf der Figur, СКАЧАТЬ