Tatort Bodensee: Der Fall Winterbergs. Martin Oesch
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Название: Tatort Bodensee: Der Fall Winterbergs

Автор: Martin Oesch

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

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isbn: 9783839268148

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СКАЧАТЬ in der Drogenarbeit hatte er vor acht Jahren ein Volontariat beim Anzeiger absolviert und daraufhin pragmatisch beschlossen, dass dies der angenehmere Weg war, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Damals ahnte er noch nichts von den unzähligen, von sinkenden Werbeerträgen getriebenen Sparrunden in den Printmedien, die nur schlecht getarnt als Umstrukturierungen daherkamen. Tschanz war das soziale Gewissen der Redaktion und spezialisierte sich auf Berichte aus Wirtschaft und Finanzen. Mit »Stottler-Train«, die Tram und Züge für den Weltmarkt herstellten, und der Brauerei Winterberg, die die Gastronomie im Umkreis von 50 Kilometern am Schweizer Bodensee-Ufer beherrschte, waren tatsächlich zwei wirtschaftliche Hochkaräter für die Vernissage angekündigt. »Ich glaube kaum, dass sich die Herren Stottler und Winterberg im Rahmen eines gepflegten Small Talks anlässlich einer Vernissage zu ihren überrissenen Honoraren oder bescheidenen Arbeitsbedingungen befragen lassen. Und mit dem Gekleckse an den Wänden habe ich wirklich überhaupt nix am Hut.«

      Was für eine schlappe Gegenwehr. Die Chefs und der Rest der Redaktion staunten. An jedem anderen Tag hätte der für seine aufbrausenden Auftritte bekannte Tschanz ein Affentheater aufgeführt, hätte von »Glaubwürdigkeit« und »Berufsethos« geschwafelt und unter Protest den Raum verlassen. Nicht ohne hinter seinem Abgang mit dem schwungvollen Zuknallen der Tür einen Punkt zu setzen. Aber heute …

      »Ist Ihnen nicht gut, Tschanz?«, fragte Wüthrich besorgt. »Etwas bleich um die Nase …«

      »Hmm?« Der Angesprochene schien nicht so richtig bei der Sache zu sein.

      »Tja, dann sind wir uns einig!«, nahm Chefredaktor Fromm elegant den rhetorischen Faden auf und faltete dabei die Hände. Ein sicheres Zeichen, dass er ein baldiges Ende der Veranstaltung wünschte.

      Wüthrich sah seine Chance gekommen: »Gut so! Dann also der Fotograf. Eine Seite für Montag. Die Liste mit den Personen auf den Bildern bekommt er bis vier Uhr von mir.« Die Versammlung erhob sich zögerlich. »Und du, Tschanz, du bleibst noch kurz hier.«

      Von Kartoffeln und Bohnen

      »Ja so eine Sauerei!« Herbert Hutter war ehrlich empört über den Anblick, der sich ihm im ersten Stock des Museums bot. Blutspritzer auf dem weißen Boden, eine kleine rote Fußspur führte nach unten, etwas Hirnmasse trat aus der Wunde am Hinterkopf der Leiche und vermischte sich unschön mit der Blutlache.

      Auch nach über 30 Jahren Polizeiarbeit war für Hutter jeder Tatort eine Störung der gewohnten Ordnung. Und wenn er etwas nicht ausstehen konnte, war es Unordnung.

      »Amélie Cohen«, sagte die junge Frau an seiner Seite mit Blick auf die bizarre Szenerie. Lisa Lehmann war Hutters Praktikantin. Eine ehrgeizige und kluge junge Frau. Hutter und Lehmann waren, anders als die meisten Ermittler im Fernsehen, kein Dream-Team. Da waren nicht nur der beträchtliche Altersunterschied, er bald 60, sie knapp 30, auch optisch passten die beiden nicht zusammen. Während Hutter etwas kartoffelig aussah, war Lehmann zu groß und zu dünn und glich einer Dörrbohne. Einen ausschweifenden Hang zu Attraktivität konnte man beiden nicht vorwerfen.

      »Die Kuratorin der Ausstellung, sagt der Direktor des Museums.« Lehmann deutete mit dem Kopf nach rechts. Dort saß ein älterer Mann wie ein Häufchen Elend ein wenig abseits und starrte auf den Boden, als ob es dort etwas zu entdecken gäbe. Hansueli Niedermann war ein Museumsdirektor alter Schule. Mit seinem beigen Cordanzug schien er wie aus der Zeit gefallen zu sein. Seine Gesichtsfarbe hatte inzwischen die Farbe seiner Kleidung angenommen. Hutter ließ die Kriminaltechniker in ihren weißen Overalls die Arbeit machen, trottete langsam zu Niedermann und setzte sich neben ihn. »33 Jahre alt ist sie – war sie. Und auf dem Weg nach ganz oben«, erzählte der Museumsdirektor ungefragt. »Ein Star in der Kunstszene. Das hier ist das letzte kleine Ding, das sie macht«, sagte er apathisch. »Als Nächstes wäre sie nach Basel gegangen, in die Kunsthalle: Moderne Klassiker.«

      »Hm?« Hutter hörte zwar zu, schien aber in Gedanken woanders zu sein.

      »Basel?«

      »Nein, das andere … Dingens.«

      »Moderne Klassiker?«

      »Genau. Das war’s. Wie soll denn das gehen? Entweder ist was doch modern oder klassisch, also alt.«

      »Tja, also das ist so. Modern meint hier …«

      »Übrigens, Hutter, Kripo Thurgau. Freut mich.« Der Kommissar wollte sich mit Niedermann nicht auf eine Kunstdiskussion einlassen.

      »Die Freude hält sich in Grenzen«, antwortete Niedermann wenig diplomatisch. »Eine Katastrophe ist es! Monatelang haben wir daran gearbeitet, Amélie, also Frau Cohen, und ich. Und nun das. Am Tag der Eröffnung. Ein Höhepunkt des Jahres. Wichtige Treffen mit Sponsoren, Netzwerken mit der Politik, existenziell, das Ganze!«

      Vor allem für das Opfer, dachte sich Hutter. Einen Tag später ermordet wäre wohl passender gewesen.

      Zimmer mit Aussicht

      Vier Monate zuvor: 11. September 2018

      Gnadenlos brannte die Sonne vom Himmel an diesem Dienstag im Sommer, der nicht enden wollte. Der Bach, der am Schloss vorbeiführte, hatte kaum noch Wasser und war zu einem schmalen Rinnsal verkommen. Amélie Cohen trug ein schlichtes, luftiges Kleid, das ihre Figur äußerst vorteilhaft betonte. Christina Winterberg bemerkte es sofort. »Kors?«

      »Genau! Aber im Outlet. Ein Schnäppchen.« Eines, das freilich immer noch einige Hundert Euro kostete. Aber in diesen Kreisen bemerkt man den Wert des Lümpchens immerhin, stellte Cohen befriedigt fest.

      »Charakterköpfe also«, lenkte die Schlossherrin das Gespräch auf den Grund des Besuchs. »Ich weiß nicht, wie wir da …«

      »Der Herr Winterberg selber brachte mich auf die Idee. Bei einem Sponsoren-Essen, das wir kürzlich hatten, erwähnte er, dass die Familie vor allem früher sehr aktiv auf dem Gebiet der Kunst war: sein Vater, aber auch Roberts, also Herr Winterbergs erste Frau.«

      Einige Ölgemälde, die im Entree des Schlosses hingen, schienen diese Aussage zu bezeugen. »Und da dachte ich, es wäre doch eine nette Referenz an die Familie, die dank ihrer Großzügigkeit die Ausstellung überhaupt erst ermöglicht, wenn eines ihrer Bilder die Sammlung ergänzen würde. Natürlich nur, wenn die Qualität stimmt!«

      »Natürlich, meine Liebe. Qualität! Da sind wir uns einig. Dafür steht der Name Winterberg.«

      Schloss Conradsberg thronte leicht erhöht am Fuße des Schweizer Seerückens. Erbaut wurde es in den 1930er-Jahren nach den Ideen von Conrad Winterberg. Seine Pläne waren damals schon etwas antiquiert. Heute würde man sagen: Conradsberg ist ein Anwesen im Retro-Design. In einer Zeit, in der architektonisch der Bauhaus-Stil oder ein Le Corbusier aufkam, beharrte der Bauherr auf Anleihen beim Klassizismus. Dort eine Säule, da ein Türmchen. Winterberg senior hatte Mühe, einen Architekten zu finden, der seine Vision umsetzen konnte. Nach vier Jahren Bauzeit war es aber so weit: 1940 war das Schloss fertiggestellt: Conradsberg, eine Mischung aus griechischem Tempel und italienischem Palazzo.

      Fast 80 Jahre später fügten Christina Winterberg und ihr Gast sich gut in diese Kulisse ein. Sie machten eine kurze Führung durch das Anwesen. Mit ihrem Master of Arts war Amélie Cohen erstaunt über die geradezu reaktionäre Architektur, ließ sich aber nichts anmerken.

      »Wie pittoresk!« – »Oh wie eigen …« – »So etwas sieht man selten!« Sie flüchtete sich in Allgemeinplätze.

      »Manchmal habe ich das Gefühl, in einem СКАЧАТЬ