Название: Mein
Автор: Lilly Grünberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783945163696
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Blödsinn! Das lag bestimmt daran, dass er so sehr auf dieses Date fixiert war, dass seine Sinne völlig verrückt spielten.
So verlegen hatte Linus sich schon lange nicht mehr gefühlt. Nur mit Mühe gab er sich einen Ruck, schaute auf das Display seines Handys, drückte die Kurzwahl und gab die Information an die Zentrale weiter. Als er es wieder in die Brusttasche stecken wollte, ertönte Maiks spezifische Erkennungsmelodie.
»Sekunde, ich hab’s gleich«, erklärte Linus der jungen Frau und ergänzte geistesgegenwärtig: »Ein Kollege.«
Zu seiner Erleichterung zeigte ihre Miene keine Zeichen von Ungeduld. Im Gegensatz zu ihm hatte sie heute vermutlich nichts mehr vor.
»Also Alter, nochmal zu deinem Anliegen: du willst wirklich, dass ich dahin gehe und dich vertrete?« Statt Spott meinte Linus jetzt pure Neugierde aus Maiks Stimme herauszuhören.
»Ja, sicher«, erwiderte Linus und kehrte zwei Schritte zu seinem Wagen zurück, um ungestörter sprechen zu können. »Du würdest mir wirklich einen Riesengefallen tun. Erklär’ ihr die Situation. Irgendwie. Bitte. Sag ihr, wie leid es mir tut. Das ist zumindest persönlicher als zu schreiben.«
»Na gut, du verrückter Idiot. Ich mach’s. Allerdings musst du mir noch erklären, warum du mein Foto verwendet hast.«
Er macht’s, dachte Linus mit einem Anflug von Euphorie und befürchtete, augenblicklich in Ohnmacht zu fallen. Er sah schon die Schlagzeilen vor seinem geistigen Auge: Oranger Engel fällt auf Standstreifen um … Jetzt reiß dich mal zusammen! Mann oder Memme?
Ein kurzer Blick auf das Display genügte. »Maik, es ist keine Zeit für Erklärungen. Du hast noch genau fünf Minuten.«
Ein gequältes Lachen war zu hören. »Also im Prinzip gar keine Zeit, Umziehen ist da nicht mehr drin.«
Daran hatte Linus überhaupt nicht gedacht. Hoffentlich jagt er ihr keinen Schock ein und trägt nicht ausgerechnet heute eine von seinen schmuddeligen Jeans mit abgetretenem Saum, dazu ein löchriges Shirt mit einem scheußlichen ausgewaschenen Aufdruck.
Die Frage nach Maiks Outfit wagte er nicht zu formulieren. Es war ohnedies schon fast zu spät, um die Situation zu retten.
»Aber dass dir eins klar ist, die Sache mit dem Foto hat noch ein Nachspiel. Von wegen Datenschutz und so. Da bist du mir was schuldig!«, knurrte Maik. »Also, sie erkennt mich, und was ist mit mir? Wie sieht SIE aus? Und wie heißt sie überhaupt?«
Linus’ Mund war so trocken, dass er kaum in der Lage war zu antworten. Maik würde es tun! Der Jubel in seinem Inneren wollte kein Ende nehmen. Er wird es tatsächlich für mich machen! Allen Ungläubigen zum Trotz, sein Horoskop würde sich heute erfüllen!
»Maureen. Sie heißt Maureen. Ich schick dir gleich ihr Foto. Und Maik – danke!«
Die Antwort war ein undefinierbarer Ton zwischen freundlichem Knurren und einer nicht in Worte gefassten Drohung. Dann hatte sein Kumpel aufgelegt.
Linus scrollte schnell durch seine Liste, um die Nachricht mit dem Foto weiterzuleiten. Stunden hatte er damit verbracht, auf dieses Gesicht zu schauen, während sie miteinander gechattet hatten. Wie sich wohl ihre Stimme anhörte? Für heute Abend hatte er sich einen Kuss erhofft, von diesen schön geschwungenen Lippen, oder auch mehr. Noch einmal atmete Linus tief durch, ehe er sich wieder der Autofahrerin zuwandte.
»Tut mir leid, dass Sie warten mussten.« Sein Blick schweifte über den Mini. Nicht ganz neu, aber gut gepflegt, das sah er trotz der wetterbedingten Schmutzpartikel. »Jetzt erzählen Sie mal, Frau …«
»Gehrke, Lola Gehrke«, half sie ihm.
»Okay, Frau Gehrke, was für Probleme macht denn Ihre Knutschkugel?«
Du meine Güte, das hatte er überhaupt nicht sagen wollen! Seine Hormone schienen völlig mit ihm durchzugehen.
Ihr glucksendes Lachen nahm der Situation ein wenig die Peinlichkeit. »Knutschkugel – das hab’ ich ja noch nie gehört! Nun, jedenfalls rollt sie nicht mehr. Plötzlich war der Schwung weg. Der Motor lief, aber – Gaspedal durchtreten half nichts, dann hab’ ich’s gerade noch auf die Standspur geschafft, ehe mein Schätzchen ausgegangen ist.«
Das klang nicht gut. Linus fielen sofort mehrere Möglichkeiten ein, woran es liegen könnte, von denen sich einige leicht, andere hier vor Ort gar nicht beheben ließen. Für einen Mini allerdings eher ungewöhnlich.
»Steigen Sie bitte ein und ziehen Sie den Hebel für die Motorhaube?«
Die junge Frau nickte, ging um den Wagen herum und stieg ein, die Tür ließ sie einen Spalt weit offen.
Immer noch schob sich die Autoschlange an ihnen vorbei, nur hatte das Tempo inzwischen ein wenig zugenommen. Der Stau schien wieder in Fluss zu kommen.
Maik müsste jetzt gerade das Restaurant betreten.
Ein Klacken verkündete das Lösen der Sperre, Linus griff unter die Haube, um diese anzuheben und zu justieren. »Wie viel Benzin ist noch im Tank?«
»Halb voll«, kam die prompte Antwort.
Das also war es nicht. Zwei halbvolle Benzin- und Dieselkanister hatte er für den Notfall immer dabei, auch wenn es nicht allzu oft vorkam, dass jemand wegen eines leeren Tanks liegenblieb.
»Starten Sie mal bitte?«
Es klang jämmerlich. Beim dritten Versuch sprang der Motor zwar an, aber nur, um gleich wieder mit einem kläglichen Röcheln abzusaufen.
»Okay, reicht schon. Ich werde die Batterie Ihres Wagens mal an meine Messeinheit anschließen. Hört sich an, als ob sie leer ist.«
»Aha«, murmelte Gehrke, die wieder ausgestiegen war. »Kann denn das sein? So alt ist die Batterie doch noch gar nicht.«
»Ist nur eine Theorie. Manchmal macht die Winterkälte den Batterien zu schaffen«, erwiderte Linus, während er die Klemmen an der Batterie befestigte. »Ich vermute aber mal, dass Ihr Wagen nachts in einer Garage steht?« So gepflegt wie er trotz der Wetter bedingten Schmutzspritzer aussieht, fügte er im Stillen hinzu.
»Ja, ich hab einen Tiefgaragenstellplatz«, erwiderte sie. »Zum Glück. Sonst müsste ich im Winter jeden Morgen Eis kratzen. Das wäre echt ätzend.«
Linus nickte. Leider bestätigte sich seine Vermutung nicht, dass der Fehler bei der Lichtmaschine zu suchen wäre. In diesem Fall hätte er die Batterie aufgeladen, und seine Kundin hätte vielleicht selbst bis zur nächsten Werkstatt fahren können.
»Wohin müssen Sie denn heute noch?«
»Feldkirchen.«
»Kenne ich gut. Sie wohnen dort?«
»Ja.«
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