Название: Fesseltrick
Автор: Klaus Stickelbroeck
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Privatdetektiv Hartmann
isbn: 9783954415502
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»Locker bleiben, Schatz«, brummte die Stimme, tiefer und kälter als zuvor.
Ihr gelang es tatsächlich, die Muskeln in den Armen zu entspannen. Das machte nur wenige Millimeter aus, tat aber gut. Sie blickte an sich herunter, das Kruzifix baumelte. Sie öffnete den Mund.
»Schweig! Kein Wort!«
Der zweite Strick wurde auf Spannung gebracht und sorgte dafür, dass sich ihr Körper stramm in die Aufrechte streckte. Sie stand auf Zehenspitzen, lediglich ihre Hüfte ließ sich bewegen. Sie sah einen weiteren Griff zum Tisch, in den Beutel. Rot …
»Kein Knebel! Nein!«, stieß sie hervor.
Ein, wie sie wusste, letztes Nein. Denn im gleichen Moment wurde ihr der rote Knebelball grob in den Mund gedrückt, ein schwarzes Gummiband brachte das Instrument auf Spannung. Ihre nächsten Worte waren kaum mehr als ein sinnloses Murren.
Kein Knebel. Kein. Knebel!
Diesmal spürte sie die Nasenspitze an der ihren, fühlte sie eine heiße Wange, den heißen Atem auf ihrer Haut. »Keinen Knebel, hattest du gesagt. Ich weiß. Das war für das heutige Treffen deine einzige Bedingung, ich erinnere mich. Dumm gelaufen, Honey, dumm gelaufen. Es läuft ja überhaupt ein wenig anders ab, als du es geplant hast, oder?«
Sie wand sich zur Seite, weg. Der Schlag mit der flachen Hand in ihr Gesicht kam ansatzlos. Das Klatschen hallte durch den Keller, ihre Wange brannte.
Wieder der Griff an ihre Kehle. »Erkennst du mich?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Du lügst, du Schlampe. Sicher erkennst du mich. Und ich, was viel wichtiger ist, habe dich auch erkannt!«
Der Druck verstärkte sich, drückte auf die beiden Punkte, die ihr den Sauerstoff rauben würden. Sie blinzelte, ihr Bewusstsein trübte sich ein, ihr Blick wurde an den Rändern verschwommen, hilflos taumelte das Kruzifix.
Die Frau mit den langen, schwarzen Haaren lachte. »Ich habe dich sogar sofort erkannt, du Miststück!«
Hartmann nippte vorsichtig am Heimathafen-Kaffeebecher. Es war sein dritter. »Boah, hab ich einen Schädel. Hammer! Als ob jemand stundenlang draufgekloppt hätte.«
Alina saß am Schreibtisch. Der Bildschirm strahlte sie an. »Angies neue Cola-Mischung ist noch nicht ganz ausgereift.«
Hartmann verdrehte die Augen. »Hör bloß auf. Ähm, ich weiß, du hast es mir vorhin schon mal gesagt, aber wo ist der Sack jetzt noch mal hin?«
Die Computerexpertin tippte sich an den Kopf. »Das Zeug hat dir die Festplatte eingedickt und das Kurzzeitgedächtnis verklebt. Dein Kumpel Angie zog es vor, heute auswärts zu nächtigen.«
»Er hat Angst vor mir«, knurrte Hartmann.
»Das trifft es in etwa«, grinste Alina.
Der Computer ratterte ein weiteres Programm an die richtige Stelle, Alina nickte zufrieden.
»Wenn ich den Burschen in die Finger bekomme«, knurrte Hartmann und spielte in Gedanken einige Folterszenarien durch, von denen ihm die eine besser gefiel als die andere.
Dabei drehte er den Kopf vorsichtig von links nach rechts, denn sein Nacken schmerzte wie drei Wochen Krankenhausbett. Alina schob den Bürostuhl zurück, stand auf, glättete ihre Jeans und zupfte die schwarze Sommerbluse glatt. Dann trat sie hinter Hartmann und legte sacht ihre Hände auf dessen Schultern. Behutsam gruben sich ihre Finger ins Fleisch.
Hartmann stöhnte wohlig. »Oh, das tut gut.«
»Gelernt ist gelernt«, gurrte Alina mit erstaunlich tiefer Stimme.
»Gehört das in Rumänien zum IT-Studium dazu?«, fragte Hartmann interessiert.
»Das hat mir eine der Damen aus dem Eros-Center in den Pausen beigebracht, wenn bei uns im Call-Center mal keine Web-Cam zu reparieren war. Kann nie schaden«, flüsterte sie.
Hartmann wollte da aber auch mal gar nicht widersprechen. Seine Nackenmuskulatur machte mehr Lärm als der PC beim Umherschaufeln der neuen Programme.
Alinas Finger strichen kreisend vom Nacken die Wirbelsäule runter. Ihre Finger fanden die richtigen Druckpunkte. Hartmann schloss die Augen und stöhnte, die Computerexpertin lächelte zufrieden. Die fabelhafte Jill Scott groovte eine brillante Version von Lovely Day. Großartig. Am liebsten hätte Hartmann mitgebrummt.
Stattdessen hielt er die Luft an, denn Alinas Hände arbeiteten sich über seine Schulter auf die Vorderseite und strichen über seine rasierte Brust. Hartmann spürte Alinas spitze Brüste in seinem Rücken. Das war, äh, ein bisschen mehr als entspannend. Er sollte seinen Computer regelmäßiger warten lassen. Ja, sicher, die gewissenhafte Pflege der Hardware war so wichtig.
»Hast du hier aufgeräumt?«, fragte Hartmann, um sich ein wenig abzulenken.
»Du hast eine Stunde lang gepennt, der Computer war gefüttert, kein Ding.«
Hartmann öffnete seine Augen und lugte zur Couch. »Im Sofa, äh, meinst du, ob der grünbraune Fleck noch rausgeht.«
»Hm, kann sein. Aber das ist eine gute Gelegenheit, an einen neuen Bezug zu denken. Orange ist derart out.«
Ach was, dachte Hartmann.
Alina arbeitete sich Hartmanns Halsmuskulatur hoch. »Da hat übrigens jemand für dich angerufen.«
»Och?«
»Silke. Silke sagt dir was?«, fragte Alina.
Hartmann meinte, ein zaghaftes Vibrato in ihrer Stimme zu erkennen. Ja, allerdings sagte ihm Silke etwas. Er hatte die hinreißende Silke mit dem großflächigen Schlangentattoo auf dem Rücken vor einiger Zeit bei seinen Ermittlungen kennengelernt. Sie waren sich in Krakes Aquarium alkoholtrunken näher gekommen als zulässig. Was jetzt an und für sich nichts Schlimmes war. Schlimm war nur die Tatsache, dass sie die Lebensgefährtin des Präsidenten der Black Mambas war. Der Chef des gemeinhin als sehr gewalttätig geltenden Motorradclubs, Matze Kusch, war sehr pingelig, was sein Eigentum anging. Das war somit also auch nicht nur schlimm gewesen, sondern eher tödlich. Silke hatte Matze irgendwie davon abbringen können, ihn, Hartmann, zu foltern und in Stücke zu reißen. Sie wird da ihre Einflussmöglichkeiten gehabt haben. Allerdings forderte sie von Hartmann als Gegenleistung für diesen Deal in regelmäßigen Abständen … Gegenleistungen. Hartmann war klar, dass das irgendwann schiefgehen würde.
»Äh, ja, sagt mir was. Eine entfernte Bekannte. Von früher«, log er und lächelte.
Sein Lächeln geriet zum Fehlschlag, er spürte, dass er errötete.
Alinas Finger arbeiteten sich den Hals hoch. »Eine entfernte Bekannte? Soso, ich soll dir ausrichten, du sollst zum Ficken vorbeikommen.«
Hartmann schluckte entsetzt. »Äh …«
»So hat sie sich ausgedrückt«, summte Alina wie unschuldig. »Klartext, finde ich.«
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