Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman. Viola Maybach
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Название: Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman

Автор: Viola Maybach

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der kleine Fürst Staffel

isbn: 9783740970284

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СКАЧАТЬ Kleid anzuziehen, das ihr wahrscheinlich nicht passen würde und das sie noch unscheinbarer machen würde, als sie sich ohnehin schon fühlte.

      Während Lilo drängend auf sie einredete, schlüpfte sie aus ihren Jeans und in das silberne Kleid. Und dann …

      »Ich fasse es nicht«, stammelte sie und suchte im Spiegel Lilos Blick.

      »Ja, so ist dieses Kleid«, sagte Lilo mit belegter Stimme. »Wie ein Zauber.«

      Zwei Frauen schauten aus der Goldumrahmung des alten milchigen Spiegels heraus: eine alte Frau mit weißen Ringellöckchen – und eine Prinzessin. Unfrisiert, Staubschlieren im Gesicht, ungeschminkt und blass. Aber wunderschön. Weich fiel der seidige Silberstoff über Verenas Körper und machte ihn verheißungsvoll. Der fließende tiefe Ausschnitt zeigte gerade so viel von ihren Brüsten, dass diese zu näherem Schauen verlockten, über der Hüfte betonte der Stoff die perfekte Kurve, während die Taille schmal unter den blauen Punkten leuchtete. Verena war wunderschön, und dieses Gefühl saugte sie auf wie ein Löschblatt die feuchte Tinte. Zu lange hatte sie das schon entbehrt.

      Nachdenklich schälte sie sich wieder aus dem Kleid und hängte es in den Kasten zurück. Auch Lilo war mit einem Mal schweigsam. Nur ihr Blick, mit dem sie ihre junge Gesellschafterin bedachte, war beredt.

      *

      Eigentlich hätte er den verlockenden Frühsommertag viel lieber für einen gemütlichen Spaziergang genutzt, denn auf seinen eigenen Sohlen fühlte er sich nun mal viel sicherer als auf dem Rücken eines Pferdes. Aber Graf Markus hatte den Mädchen schon vor drei Wochen einen gemeinsamen Ausritt versprochen. Nun war es also so weit, und seine Schwester Gabriela hatte ihn und ihre Freundin Sonja in den Porsche gezerrt und in den Prater verschleppt. In den Stallungen hinter dem Lusthaus hatten die Familien Bäumler und Rütter schon immer ihre Pferde einquartiert. Natürlich konnte Markus gut reiten, für den Sohn des Grafen Bäumler hatte es, was das Erlernen gewisser Sportarten betraf, gar keine Ausflucht gegeben. Reiten, Ski fahren, Tennis, Segeln und Golf zählten neben einer fundierten Ausbildung auf dem Tanzparkett zu jenen Qualifikationen, zu denen Adel immer noch verpflichtete. Als sportlicher Junge und braver Sohn beherrschte Graf Markus außerdem Judo und konnte passabel fechten. Von allen sportlichen Tätigkeiten war ihm das Reiten aber jene, die ihm am wenigsten behagte, und sein Pferd, der gutmütige Warmblutwallach Ghandi, schien das durchaus zu spüren. Zum Glück galt bei diesem Tier der Grundsatz ›Nomen est Omen‹: Ghandi verzieh seinem Herrn großzügig die meisten Reitfehler.

      »Wo bleibst du, Markus?«, rief Gabriela ungeduldig. Sie hatte ihren Wallach Luzifer, einen stattlichen Rappen, vom Stallburschen Rudi aufzäumen lassen und saß bereits fix und fertig im Sattel.

      »Nicht so schnell, Schwesterherz, ich will Ghandi erst mit mir vertraut machen!« Markus striegelte dem Wallach liebevoll die Mähne, dann steckte er ihm ein Leckerli zu. »Nun denn«, murmelte er gottergeben und legte den Sattel auf. Ghandi schaute ihn ruhig an und hielt während des Aufzäumens ganz still.

      Auch Sonja saß inzwischen auf ihrer Schimmelstute Penelope. Sie war eine begeisterte Reiterin, die schon als Kind ›mit dem Kopf im Heu geschlafen hatte‹, wie ihre Mutter es missbilligend ausdrückte. Zehn Jahre waren seitdem vergangen, und die Zweiundzwanzigjährige verbrachte immer noch jede freie Minute im Stall. Natürlich war die Anzahl dieser Minuten inzwischen geschrumpft, allzu oft war Sonja, die Schauspiel studierte, zwischen ihren beiden Leidenschaften, dem Theater und der Liebe zu Pferden, hin- und hergerissen.

      So, wie sie auf der silbergrauen Stute saß, schien sie eine Einheit mit dem Tier zu bilden. Markus betrachtete die junge Frau ausführlich und musste blinzeln, obwohl die Sonne ja in seinem Rücken stand. Ja, Sonja war eine Schönheit und seine beste Freundin seit Kindertagen. Sie war auch – was für künftigen häuslichen Frieden nicht ganz unwichtig war – die beste Freundin seiner Schwester. Warum diese beiden so unterschiedlichen Frauen voneinander angezogen waren, konnte er allerdings nicht begreifen. Die eine dynamisch, dunkel und zielgerichtet, die andere blond und etwas weltfremd. Es war ein Glück für Sonja, dass ihre Eltern über ein beträchtliches Vermögen verfügten, andernfalls hätte sie sich vielleicht nie dazu durchgerungen, sich an der Schauspielschule zu bewerben. Und nie hätte sie erfahren, dass sie tatsächlich begabt war. Sonjas Eltern besaßen ein lukratives Unternehmen, das Messingbeschläge erzeugte und seine Produkte weit über die Landesgrenzen hinaus lieferte. Es war nicht weiter verwunderlich, dass die Rüttgers zu den reichsten Familien Österreichs zählten. Hier Möbel, da Beschläge – welch eine vielversprechende Kombination würde sich aus einer Ehe mit Sonja ergeben! Nicht nur der alte Graf Bäumler hatte diese Vision, auch sein Sohn erkannte das Potential, das eine derartige Verbindung ermöglichte. Dennoch war ihm der Gedanke, Sonja zu heiraten, nicht geheuer. War er ein heilloser Romantiker, dass er von der wahren Liebe träumte?

      »Nun mach schon, du Faulpelz!«, drängte Gabriela, dann lächelte sie ihrer Freundin zu. »Meine liebste Sonja – oder soll ich dich schon Schwester nennen?« Sie lächelte verschmitzt. »Wollen wir voraus reiten?«

      Sonja wurde rot bis über beide Ohren, dann deutete sie mit dem Kinn auf Markus, der sich soeben in den Sattel geschwungen hatte. »Dein Bruder ist ja auch schon fertig«, sagte sie.

      »Yippieee!«, schrie Gabriela voller Lebenslust und galoppierte los.

      *

      »Jetzt ziehen Sie nicht so an der Leine, Herr Franz!« Inzwischen hatte sich Verena an die skurrile Sitte im Hause Benedikt gewöhnt, den kleinen übergewichtigen Hund per Sie anzusprechen. Sie konnte es sich schon gar nicht mehr anders vorstellen. Herr Franz hatte zuweilen Star-Allüren – ehe er wieder einen seiner Schmuse-Anfälle bekam. Dann schlabberte er alles ab, was sich nicht rechtzeitig in Sicherheit brachte.

      Für gewöhnlich drehte er jeden Vormittag mit Anna eine Runde durch Sievering, aber Verena hatte beschlossen, dass das nicht reichte. Deshalb wollte sie die gute Anna von nun an wenigstens einmal pro Woche entlasten und den überflüssigen Kilos des Hundes den Garaus machen. Ihr selbst würde die Bewegung auch nicht schaden – so gut, wie sie neuerdings gefüttert wurde.

      Sie brauchte ohnehin viel Zeit zum Nachdenken. So viel war seit ihrer Flucht aus Hamburg noch ungeklärt. Im Augenblick sah sie weder zurück noch nach vorn, sie versuchte einfach im Jetzt zu leben, und das war oft anstrengend genug. Noch immer weinte sie sich manches Mal in den Schlaf.

      Von Bernd hatte Verena nichts gehört, seit er sie damals mit den Worten ›Ich brauche Freiheit‹ verlassen hatte. Von seiner Familie, die sonst nie müde geworden war, Verenas Hilfe einzufordern, kam kein Wort. Funkstille auch, was den gemeinsamen Freundeskreis betraf. Klar, dass die alle Bernd, dem Promisohn, die Treue hielten. Verena musste sich allerdings eingestehen, dass sie auch selber dafür verantwortlich war, denn sie hatte all die eigenen Freunde vernachlässigt und schließlich aus den Augen verloren. Alles, was neu dazu gekommen war, hatte sich über die Familie Grünbach und Bernds Firma ergeben. So, und das hatte sie nun davon. Allein marschierte sie über die Prater Hauptallee, ihr einziger Begleiter ein kurzatmiger, glubschäugiger Mops. Selber schuld, Verena! Und im Übrigen ist hier nicht der Moment für Selbstmitleid, schallt sie sich still. Sieh dich nur um: blühende Bäume, zwitschernde Vögel, Sonnenschein! Im Rucksack eine Box mit frischen Erdbeeren, die Anna morgens vom Naschmarkt mitgebracht hatte. Und keine Leute außer ein paar wenigen Glücklichen, die sich ebenfalls den Vormittag frei genommen hatte, um Luft zu schnappen! Gerade wurde sie von einem Jogger überholt, der, die Ohren mit seinem i-Pod verstöpselt, vorbei schnaufte. Herr Franz versuchte ein paar Meter lang mitzuhalten, dann gab er es auf und hob lieber sein Bein an einem der Kastanienbäume. Verena zog ihn weiter und ohne nach links oder rechtes zu schauen, querte sie die asphaltierte Bahn in Richtung eines kleinen Wäldchens.

      Genau in diesem Augenblick dröhnte die Erde, und eine Reitergruppe galoppierte wie eine wilde Horde an ihr vorüber. Verena СКАЧАТЬ