Der Unterhändler der Hanse. Thomas Prinz
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Читать онлайн книгу Der Unterhändler der Hanse - Thomas Prinz страница 9

Название: Der Unterhändler der Hanse

Автор: Thomas Prinz

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Hansekrimi

isbn: 9783863935146

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СКАЧАТЬ gehört.«

      »Wir haben es im Kloster durchgerechnet. Wenn zwanzig Kaufleute mitmachen, kann jedes Jahr der Verlust einer Parte ersetzt werden.«

      »Und wer macht bei solch einem Mist mit?«

      »Bislang nur Schlechtriemen, aber vielleicht wird die Idee sich ausbreiten«, sagte Pietro, obwohl er selbst nicht daran glaubte.

      »Hätte er Renten gekauft, Parten oder Grund, dann …«

      »Na, zerreißt Ihr Euch das Maul über die Versicherung?« Reinekin setzte sich zu seinen Gästen. »Heute haben Möhlmann und Sackse gezeichnet.«

      »Und wenn die eine Parte verlieren, musst du sie auch bezahlen?« Balthasar schaute seinen Schwiegersohn skeptisch an.

      »Genau das werde ich tun. Und spätestens dann werden alle, die noch Zweifel haben, mitmachen und einzahlen.«

      »Ein Kaufmann muss sein Risiko selbst tragen«, sagte der Bürgermeister mit Überzeugung.

      »Du kannst das, Balthasar, und ich und vielleicht noch zehn andere in Lübeck. Aber was ist mit Leuten wie Schlechtriemen, die nur zwei Parten besitzen? In zwei, drei Jahren wird in Lübeck niemand mehr in ein Armenhaus gehen müssen, weil Piraten oder ein Sturm sein Schiff genommen haben.«

      Der Nachtwächter rief bereits die elfte Stunde aus, als Reinekins Gäste sich verabschiedeten. Balthasar Grevenrode ging, umringt von seiner Wache, vom Kohlmarkt durch die Breite Straße zum Koberg, wo sich gegenüber dem Heilig-Geist-Hospital eine Reihe mit prächtigen Giebelhäusern befand. Wer hier wohnte, gehörte zu den alten Kaufmannsgeschlechtern Lübecks. Es war ein schwerer Tag für Balthasar Grevenrode gewesen: der Kirchgang zum Gedenken an seine Tochter Johanna, die heute vor einem Jahr bei der Geburt ihres dritten Kindes gestorben war, der zerstörte Reinekin, die weinenden Enkelkinder, die Verantwortung für die Familie und die Stadt, und bei all dem blieb kaum Zeit für die eigenen Gefühle. Es war gut, dass es begonnen hatte zu regnen, denn so konnte die Wache die Tränen des alten Mannes nicht sehen.

      KAPITEL 5

      Langheinrich und seine Kutscherkollegen waren dabei, das Trinkgeld des Fremden auf den Kopf zu hauen. Bei den ersten zeigte das Lübecker Starkbier bereits seine Wirkung, und Langheinrich bestellte die nächste Runde in der Schenke »Hinter dem Burgtor«, und für den großen blonden Wachmann, der die Schenke betrat, bestellte er gleich mit.

      »Und einen Humpen für den fleißigen Torwächter. Während wir Fuhrleute uns über matschige Straßen quälen dürfen, müssen die Torwächter in der warmen Stube sitzen und würfeln.«

      Die Fuhrleute lachten.

      »Schön wär’s. Vor lauter Wachdienst weiß ich bald nicht mehr, wie meine Braut aussieht. Seit heute schieben wir wieder Doppelschichten.«

      »Was ist passiert?«

      »Wir suchen einen Mann, der den Bürgermeister umbringen will.«

      »Wer soll das sein?«

      »Wissen wir nicht.«

      »Wie sieht er aus?«

      »Wissen wir nicht.«

      »Na, dann Prost.« Der Fuhrmann hob seinen Humpen. »Auf dass ihr seiner bald habhaft werdet.«

      Langheinrich trank und dachte für einen kurzen Moment an den auffälligen Wegbegleiter mit dem Narbengesicht, der sich nach dem Bürgermeister erkundigt hatte und dann in die entgegengesetzte Richtung gegangen war, in der seine Schwester angeblich lebte. Der Mann war ihm nicht sympathisch gewesen, und seine Geschichte hatte wenig überzeugend geklungen: Heringe für einen Nürnberger Kaufmann abholen. Wie einer, der Lesen, Schreiben und Rechnen konnte, hatte der Mann jedenfalls nicht ausgesehen. Langheinrich verwarf den Gedanken, dem Wachmann von dem Wegbegleiter zu berichten, zunächst, aber als die nächsten Biere getrunken waren, lockerte sich seine Zunge, und er erzählte seine Geschichte dem Torwächter.

      KAPITEL 6

      Albert Puster hatte einen dreckigen, zerrissenen alten Mantel angezogen und sich auf die Stufen der Marienkirche gesetzt. Es war die mächtigste Kathedrale, die er je gesehen hatte. Die gewaltigen Doppeltürme ragten über hundert Meter hoch in den Himmel. Albert Puster hasste Kirchen – nicht nur weil er sich in den riesigen Hallen noch kleiner fühlte, als er ohnehin schon war. Es war vor allem der Gedanke an das Fegefeuer, der ihn erschaudern ließ, wann immer er ein Gotteshaus betrat. Aber auch das Fegefeuer konnte nicht schlimmer sein als seine Kindheit im Hause seines Vaters, und der Teufel trug vielleicht das Antlitz des Bremer Burgmanns.

      Neben ihm saßen ein beinloser Krüppel auf einer Strohmatte, der unablässig Psalmen rezitierte, und ein Blinder, der schweigend die rechte Hand ausstreckte. Als der Krüppel zum Gott weiß wie vielten Mal mit ›Der Herr ist mein Hirte. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser …‹ begann, erwog Albert Puster, dem Mann auf der Stelle ein Messer zwischen die Rippen zu rammen. Alberts Vater hatte immer Psalmen gebetet, wenn er seinem Sohn das Fell gerbte. Alberts ältere Brüder Vicko und Dierk hatten vor dem Essen Psalmen gebetet – zum Wohlgefallen des Alten. Und jetzt dieser Krüppel. Albert Puster spürte das Messer in seiner Manteltasche. Er sah seinen Vater vor sich, wie er die Gerte nahm, und es gab kein Entkommen. Er hörte sich flehen und schreien, und er würde nie vergessen, welche Explosion von Schmerzen der erste Schlag hinterließ. Und wenn der Alte nicht mehr konnte, gab er die Gerte an den ältesten Sohn weiter. Vicko hatte die Aufgabe mit Freude übernommen und ihn gequält, wann immer es möglich war. Auch mit ihm hatte er noch eine Rechnung offen.

      »… er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde …«, rezitierte der Krüppel, und Albert Puster schwor sich, dass der Nächste auf seiner Liste, wenn die Arbeit hier erledigt wäre, der Bremer Burgmann sein würde.

      Die Rathaustür öffnete sich, und die Garde des Bürgermeisters erschien: Sechs Männer traten aus dem Rathaus, schauten sich um und bildeten einen Halbkreis. Dann erschien der Bürgermeister und trat in den Halbkreis, der sich sodann zu einem engen Kreis um ihn herum schloss. Die Gruppe setzte sich in Bewegung und marschierte ohne Umweg zu Grevenrodes An wesen davon. Albert Puster stand auf, nahm die Krücken, die er einem Krüppel vor St. Aegidien gestohlen hatte, und folgte der Eskorte. Der Bürgermeister wurde zu seinem Haus begleitet. Zwei Männer der Eskorte gingen mit ihm hinein. Die anderen kehrten um. Das ging jetzt schon seit Tagen so. Als ob der alte Pfeffersack ahnen würde, dass es jemand auf ihn abgesehen hatte. So war ihm jedenfalls nicht beizukommen, es sei denn vom Speicher oder Dach eines der angrenzenden Häuser, aber es wäre verdammt schwer dorthin, und vor allem schnell genug wieder wegzukommen. Wie einfach war es dagegen vor zwei Monaten in Wismar gewesen. Morgen war Sonntag, und es blieb abzuwarten, ob Balthasar Grevenrode seine Recken auch beim Kirchgang um sich scharen würde. Albert Puster nahm die Krücken unter seinen Mantel und verschwand flinken Schrittes in Richtung seiner Unterkunft am Hafen. Die Holzhütte bestand aus einem einzigen Raum, in dem ein Herdfeuer für beißenden Gestank sorgte. Auf dem blanken Lehmboden lag eine Strohmatte, und ein Kleinkind krabbelte zwischen Geschirr und Unrat herum. Über dem Feuer hing ein Kessel mit einer dünnen Brühe. Es roch nach Fisch. Albert Puster warf die Krücken in eine Ecke des dunklen Raumes, zog den stinkenden Mantel aus und legte sich auf die Strohmatte.

      »Komm!«, СКАЧАТЬ