Die Halskette von Worms. Franziska Franke
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Halskette von Worms - Franziska Franke страница 2

Название: Die Halskette von Worms

Автор: Franziska Franke

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Krimi

isbn: 9783958132290

isbn:

СКАЧАТЬ Dabei hatte keine der beiden Schwestern jemals weitere Familienmitglieder erwähnt.

      »Da kann man nichts machen«, murmelte ich und blieb einen Augenblick unschlüssig auf der Schwelle stehen.

      Als ich mich gerade zum Gehen wandte, huschte die Kammerdienerin der Hausherrin vorbei. Bei meinem Anblick hielt sie in der Bewegung inne und bedachte mich mit einem einfühlsamen Lächeln.

      War es schon so weit gekommen, dass die Dienerschaft mich bemitleidete?

      »Sie muss bald vom Markt zurückkommen. Willst du nicht solange im Atrium warten?«, bot mir das unscheinbare Mädchen an, worauf der Türsteher zwar das Gesicht verzog, dann jedoch endlich zur Seite trat.

      Als ich eintrat, stieg mir der Geruch von geschmortem Fleisch verführerisch in die Nase. Ich wollte lieber nicht wissen, worum es sich handelte, denn ich hatte gewisse Vorbehalte gegenüber der gallischen Kochkunst. Zwar hatte man mir versichert, dass die Einheimischen keine Hunde mehr verspeisten, aber man konnte nie wissen, wie hartnäckig sich die alten Bräuche hielten. Aus dem Flügel, in dem sich Julia Marcellas Privaträume befanden, drangen Stimmen. Ich konnte nicht einmal unterscheiden, ob es Männer oder Frauen waren, die redeten, sondern vernahm nichts als das Murmeln einer fernen Unterhaltung. Ich konnte nur hoffen, dass kein Verehrer Pinas älterer Schwester seine Aufwartung machte.

      Ohne genauere Weisungen abzuwarten, machte sich Cicero auf den Weg zur Küche, wo mein schmächtiger Leibsklave immer verwöhnt wurde. Dabei war es eigentlich seine Pflicht, mir bei öffentlichen Auftritten und Besuchen nicht von der Seite zu weichen. Ich sagte mir, dass ich einfach zu warmherzig sei, hielt ihn aber nicht auf, da er in der Küche mit dem neuesten Hausklatsch versorgt wurde. Die meisten Menschen reden im Beisein ihrer Sklaven als ob diese nicht vorhanden wären, weshalb ich Cicero immer ermahnte, sich alles zu merken, was ihm zu Ohren kam.

      Während der Ermittlungen zu meinem letzten Fall hatte ich eine Woche lang in der Villa logiert. Seitdem verlief ich mich nicht mehr in den Zimmerfluchten und fand das Atrium ohne fremde Hilfe.

      Es war ein quadratischer Innenhof mit Wasserbecken, der von Blumenkübeln gesäumt war. Irritiert bemerkte ich, dass in der hintersten Ecke ein großer, zotteliger Hund mit braunem Fell kauerte. Seine rosa Zunge hing zwischen seinen spitzen, weißen Zähnen und seine Ohren waren angelegt. Als er mich hörte kniff er die gelben Augen zusammen und fixierte mich misstrauisch. Dann streckte er sich und spannte die Muskeln, bereit loszuspringen. Ich blieb verärgert stehen.

      Ich selbst hatte Julia Marcella geraten, sich einen Hund anzuschaffen. Aber das Tier sollte angekettet hinter der Haustür wachen und nicht frei in der Villa herumlaufen. Im gleichen Augenblick trat die Dienerin in den Innenhof, um mir einen Becher verdünnten Weins zu bringen, was meine Stimmung etwas anhob. Natürlich fürchtete ich mich nicht vor Hunden, aber etwas beruhigter war ich so schon.

      »Das ist Ariovist, unser neuer Wachhund«, erklärte das Mädchen, beugte sich hinunter und strich dem Tier über den wuscheligen Kopf, bevor sie sich mir zuwandte. Während dieser Worte hatten Ariovist und ich uns gegenseitig beäugt.

      »Du kommst leider zu einem ungünstigen Zeitpunkt«, bedauerte sie. »Die Herrin führt gerade zwei Kaufinteressenten in der Villa herum.«

      Julia Marcella hatte nämlich vor einiger Zeit ein Anwesen in Italien gekauft und wollte dorthin übersiedeln, sobald sie Pina verheiratet hatte.

      Nachdem das Mädchen wieder gegangen war, gähnte der Hund ungeniert und legte sich mit dem Kopf zwischen den Pfoten vor mich hin. Erleichtert wischte ich mir mit dem Handrücken über die Stirn, zog dann einen der drei im Atrium stehenden Stühle zum Wasserbecken und ließ mich darauf nieder. Lustlos nippte ich an meinem Wein und lauschte den Stimmen, die der Wind herwehte. Die Diener saßen anscheinend schwatzend und lachend beisammen, wie ich vermutete, in der Küche.

      »Ein Totenkopffalter!«, tönte plötzlich eine gellende weibliche Stimme durch das Haus und schreckte mich aus meinen trübsinnigen Gedanken.

      Eine zweite, wesentlich schärfere Frauenstimme, die Julia Marcella gehörte, forderte sie auf, sich nicht so anzustellen. Dann hörte man nur noch ein aufgeregtes Geraune. Es verebbte und mit einem Mal lastete eine beklemmende Stille auf der Villa.

      Kurze Zeit später beehrte mich Julia Marcella endlich mit ihrer Anwesenheit. Bleich und mit aufeinandergepressten Lippen balancierte sie einen Weinbecher in das Atrium. Trotz ihres lateinischen Namens war sie eine Gallierin, hatte jedoch an diesem Tag römische Tracht angelegt. Über einem faltenreichen hellroten Gewand trug sie ein fliederfarbenes Manteltuch, das zwar gut zu ihrem blonden Haar passte, aber recht dick für einen warmen Sommertag war. Diese Stola war eigentlich keine Alltagstracht, sondern kam nur bei repräsentativen Anlässen zum Einsatz. Umso erstaunlicher, dass sich die Witwe nur mit einem halben Dutzend Ringe und wenigen Armreifen begnügte, denn gewöhnlich pflegte sie pfundweise Goldschmuck anzulegen.

      »Schön, dass du vorbeigekommen bist«, sagte sie und begrüßte mich mit einem flüchtigen Heben der Hand. Ihre Stimme sollte wohl freundlich klingen, hatte aber einen gelangweilten Unterton. Die Witwe schien in Gedanken noch woanders zu sein und ihre Geistesabwesenheit ließ mich wieder in meinem Entschluss schwanken.

      »Guten Tag, Julia Marcella, ich hoffe die Verkaufsverhandlungen waren erfolgreich«, bemerkte ich und forderte sie mit einer einladenden Geste auf, ebenfalls Platz zu nehmen, doch sie blieb neben mir stehen. Die Sonne schien ins Atrium und ließ Julia Marcellas – wie immer kunstvoll frisiertes Haar – wie Gold leuchten, betonte aber auch die feinen Kummerfalten um ihren Mund. Sie musste im Alter zwischen Achtundzwanzig und Fünfunddreißig sein und die letzten Jahre waren bitter gewesen: Zuerst der plötzlich Tod ihres treulosen Ehemanns, dann der Verdacht seine Mörderin zu sein, gefolgt von der Enttäuschung, dass der Bewerber, den sie gern zum Schwager gehabt hätte, ein Verbrecher war.

      »Leider nicht!«, erwiderte sie und rang sich ein halbherziges Lächeln ab.

      »Drinnen ist es recht kalt«, versuchte sie ihre Aufmachung zu begründen. Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass ich sie angestarrt hatte.

      »Eigentlich wollte ich mit Pina sprechen …«, begann ich.

      »Sie ist leider nicht da. Ich weiß auch nicht, wo sich das Mädchen schon wieder herumtreibt«, wurde ich unterbrochen. Inständig hoffte ich, dass Pina tatsächlich bald zurückkommen möge. Ich war wirklich nicht in der Stimmung, mit der kapriziösen und momentan obendrein auch noch wortkargen Witwe Konversation zu betreiben.

      Die Hausherrin lehnte sich an einen Pfeiler und seufzte leise, bevor sie ihren halbvollen Becher in einem Zug leerte und ihn der Zofe gab, die ihr auf dem Fuß gefolgt war. Mit finsterer Miene knetete sie ihre beringten Finger und starrte dabei auf den Boden.

      »Was für ein Tag! Wegen eines harmlosen Schmetterlings gerät meine abergläubige Dienerschaft in helle Aufruhr«, brach es aus ihr heraus.

      »Dann ist auch noch dieses junge Paar verschwunden, das sich für mein Haus interessiert hat. Ich war mir ganz sicher, dass sie es nehmen würden.« Sie senkte die Lider und massierte sich die Schläfen.

      »Verschwunden?«, fragte ich, nachdem ich mit einem Räuspern die Aufmerksamkeit der Hausherrin auf mich gezogen hatte.

      »Sie können sich ja kaum in Luft aufgelöst haben.«

      »Das war nur so eine Redewendung. Sie haben sich in der allgemeinen Verwirrung aus dem Staub gemacht, ohne sich auch nur zu verabschieden.«

      Den fluchtartigen Aufbruch der Interessenten hatte wohl die protzige Ausmalung der Räume und der daraus СКАЧАТЬ