Gegen die Spielregeln. Philea Baker
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Название: Gegen die Spielregeln

Автор: Philea Baker

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Baker Street Bibliothek

isbn: 9783948483036

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СКАЧАТЬ schwand aller mädchenhafter Schalk, der sie zu diesem Unternehmen angetrieben hatte. Ryon betrachtete sie intensiv. Und sie war sich nicht sicher, was er sah. Er streckte den linken Arm aus und lächelte. Sie spürte mit jeder Faser ihres Körpers, wie er ihre Hand sanft aufnahm und er seine rechte Hand, die in einem Verband steckte, auf ihrer Taille platzierte. Hitze durchflutete ihren Körper.

      Ryon war ein ausgezeichneter Tänzer. Die Musik schien geradewegs durch seinen Körper zu fließen und sich auf den ihren zu übertragen. Sie schloss die Augen, hörte, fühlte und roch. Ryon verströmte einen herben Duft von Holz und Kräutern, Ferne, Freiheit und Meer … Als sie wieder aufsah, ruhte sein Blick auf ihr. Es war, als sähe er direkt in sie hinein. »Schwindelig?«

      »Oh ja«, gab sie zu.

      »Tanzen Sie trotzdem mit mir weiter?«

      »Ja. Sie tanzen hervorragend.« Sie spreizte die Finger weit über seine Schulter. In ihrem Bauch kribbelte es. Ihre Nase streifte seinen Hals, als sie sich drehten. Seine Haut fühlte sich weich und warm an. »Wie geht es Ihrer Hand, Mr. Buchanan?«

      »Die Brandblasen sind aufgegangen.« Er schmunzelte. Um seine Augen bildeten sich kleine Fältchen. »Ich habe Ihre Anweisung befolgt, Ms. Arlington, und die Salbe regelmäßig aufgetragen. Es hat sich nichts entzündet.«

      »Das ist gut.« Sie nickte zufrieden.

      Nach einer kurzen Pause hob er wieder an zu sprechen. »Ihr Onkel sagte mir, dass Sie darüber nachdenken, auszuwandern. Ist das wahr?«

      Die Frage überraschte sie. Onkel Richard hatte mit Ryon Buchanan über sie gesprochen? Wieso hatte er ihn wissen lassen, dass sie Pläne hatte, auszuwandern? Irritiert sah sie ihn an. »Ich denke darüber nach, ja. Ich bin eine moderne Frau und möchte Medizin studieren. Aber das ist, zumindest hier in England, für Frauen so gut wie unmöglich. Falls man es schafft, einen Platz an einem College zu erhalten – was wirklich sehr schwierig ist – kann man zwar studieren, aber keinen Abschluss machen. Die Frauen, die in England studieren, müssen allesamt für ihren Abschluss ins Ausland gehen.«

      »Das ist, als besäße man ein Pferd, das man nicht reiten darf.«

      Alessa hielt die Luft an und biss sich auf die Unterlippe. Der Vergleich war mehr als unkonventionell. Sie verspürte das dringende Bedürfnis, mehr Sachlichkeit in das Gespräch zu bringen. »In diesem Jahr wird die Leiterin meines Krankenhauses, Florence Nightingale, mit anderen Frauen, die bereits in Amerika studiert haben, die London School of Medicine for Women eröffnen, um Ärztinnen auszubilden. Ich könnte dort einen Studienplatz bekommen. Aber erst nächstes Jahr. Sie sagt, sie brauche mich im Krankenhaus, da sie selbst mit dem neuen Projekt stark eingebunden sei. Das ist ebenfalls eine Option, über die ich nachdenke.«

      Ryons Hand umfing sie fester. Die Stelle auf ihrem Rücken glühte. »Ich habe den Eindruck, Ms. Arlington, dass Sie kein Freund von Halbherzigkeiten sind, dass Sie genau wissen, was Sie wollen. Sie wollen Medizin studieren, einen Abschluss machen. So bald wie möglich.«

      »Das haben Sie völlig richtig erkannt, Mr. Buchanan. Deshalb überlege ich auch noch immer, nach Amerika auszuwandern, um dort zu studieren. Dieses Jahr schon.«

      »Haben Sie sich schon beworben?«

      Sie nickte. »Ja. Dennoch weiß ich nicht, ob ich wirklich gehen würde, falls ich eine Zusage bekäme …«

      »Was hält Sie davon ab?«

      Genau genommen hielt sie nur John ab. Aber das konnte sie ihm unmöglich sagen. »Eine gute Frage«, sagte sie stattdessen. »Vielleicht fällt es mir schwer, England zu verlassen. Ans andere Ende der Welt zu ziehen.«

      »Amerika ist in weniger als zehn Tagen zu erreichen. Mehr nicht. Es sei denn, Sie möchten an die Westküste oder ins Landesinnere.«

      Sie schüttelte verneinend den Kopf. »Es gibt zwei Colleges, die infrage kommen. Beide liegen an der Ostküste. Einmal das Women’s Medical College of the New York Infirmary in New York, das Elizabeth Blackwell gegründet hat, und zum anderen das Boston Female Medical College. Allerdings ist mir zu Ohren gekommen, dass diese Städte nicht ganz ungefährlich seien.«

      Ryon schmunzelte. »Ich habe in New York studiert. Und ich lebe noch.«

      Sie lachte auf. Sie sind aber ein Mann, wollte sie ihm entgegnen, unterließ es aber. Er war zweifelsohne ein Mann. Aber kein Weißer. Vermutlich hatte er es nicht leicht gehabt in New York. Sie entschied, das Gespräch in eine andere Bahn zu lenken. »Was haben Sie studiert, Mr. Buchanan?«

      »Mathematik und Philosophie.«

      Verdutzt sah sie ihn an. Doch bevor sie etwas erwidern konnte, sprach er weiter. »Auch ich habe mein Zuhause verlassen. Ich bin in der Nähe von Philadelphia, Pennsylvania, großgeworden.«

      Sie sah, wie sich auf Ryons Stirn Falten bildeten. Er wirkte mit einem Male angespannt. »Ms. Arlington, Ihr Wunsch, Medizin studieren zu wollen, beeindruckt mich, ebenso wie die Tatsache, dass Sie sich bereits mit den Möglichkeiten der Realisierung befasst haben.« Er schürzte die Lippen. »Sie werden Ihren Weg gehen, da bin ich mir sicher.« Mit dieser Feststellung hatte er die letzten Worte für sich beansprucht, denn das Orchester beendete das Stück. Atemlos blieb sie vor ihm stehen. Er ließ ihre Hand los, doch nahm er seine Rechte nicht von ihrer Taille, als hielte ihn etwas davon ab, sie gehen zu lassen. »Ich glaube, Sie sind wirklich eine moderne Frau, Ms. Arlington, auch, wenn wir uns kaum kennen und ich mir kein Urteil erlauben dürfte. Ich hege keinen Zweifel, dass Sie Ihren Traum in die Realität umsetzen werden. Vielleicht früher, als sie selbst ahnen.«

      »Wie kommen Sie darauf, Mr. Buchanan?«

      »Ihre Leidenschaft wiegt schwerer als Ihre Heimatliebe oder Ihre möglichen Bedenken hinsichtlich der Ferne oder lauernder Gefahren in einer Großstadt, Ms. Arlington. Sie leben in einer der größten Städte der Welt. Es ist etwas anderes, das Sie hier hält.«

      Sie richtete sich auf. »Warum haben Sie mich nicht zum Tanz aufgefordert, Mr. Buchanan?«

      Er warf einen flüchtigen Blick zur Seite und ihr war sofort klar, dass ihre Frage ihn unangenehm berührte. Ryon richtete seine dunklen Augen wieder auf sie. »Vielleicht habe ich darauf gewartet, dass Sie mich zum Tanz auffordern.«

      »Ich glaube Ihnen kein Wort. Sie wollten nicht mit mir tanzen. Wenn ich Sie nicht gefragt hätte, wäre dieser Tanz niemals zustande gekommen.« Sie sah, wie sein Wangenmuskel zuckte. Sein Blick wurde hart. »Ich habe den Tanz mit Ihnen genossen, Ms. Arlington. Haben Sie herzlichen Dank, sowohl für die Aufforderung als auch für das Gespräch.« Er nahm seine Hand von ihrer Taille und verbeugte sich. Sie spürte, wie ihre Wangen glühten. »Ich danke auch, Mr. Buchanan«, erwiderte sie mit belegter Stimme, als er sich wieder aufrichtete. Er lächelte nicht, sondern trat mit verschlossenem Gesichtsausdruck einen Schritt zurück und wandte sich um.

      Ihr war heiß. Sie hatte Durst. Und Tausend Fragen. Der größte Teil davon ging an sie selbst. Wieso hatte sie einem Fremden so viel von sich preisgegeben? Wie war es möglich, dass Ryon Buchanan den Haken, der sie hier in England hielt, sogleich geahnt hatte? Instinkt? Sie hatte sich unmöglich benommen! Am liebsten wäre sie im Erdboden versunken. Was war nur mit ihr los? Warum war sie derart direkt und unfreundlich zu ihm gewesen? Sie kaute auf ihrer Unterlippe. Ryon Buchanan hielt sie sicherlich für ein selbstgefälliges Mädchen. Vielleicht war sie das ja auch. Mehr nicht. Sie hätte längst ihre Ziele verfolgen können, hatte es aber nicht getan. Damals nicht, weil es ihren Vater gegeben hatte. Der zugegebenermaßen mehr auf Reisen als zu Hause gewesen war. Aber er war eben immer wieder mal zu Hause gewesen. Das war damals ihr СКАЧАТЬ