Die Lehren der Zeugen Jehovas. Lothar Gassmann
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Название: Die Lehren der Zeugen Jehovas

Автор: Lothar Gassmann

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783958932753

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СКАЧАТЬ Adventismus, aus dem er ja hervorgegangen ist. Übernommen wurde zumindest prinzipiell die Schrifthaltung, der Glaube an die göttliche Inspiration der Bibel, wenn auch auf eine eigenwillige Art (dazu später mehr), ferner die Vorstellung von einer inhaltlichen Gleichwertigkeit von Altem und Neuem Testament. Die biblischen Aussagen werden – trotz vordergründig geschichtlichem Denken – nicht in ihrem heilsgeschichtlichen Fortschreiten betrachtet und ernstgenommen, sondern geradezu steinbruchmäßig aus dem Textzusammenhang herausgebrochen und nach eigenen Vorstellungen miteinander kombiniert. Auf die sogenannte Rösselsprung-Methode bei den Zeugen Jehovas werde ich noch ausführlicher eingehen. Die Gleichordnung des Alten Testamentes mit dem Neuen führt zum Beispiel bei den Adventisten zur Sabbat-Heiligung, bei den Zeugen Jehovas zu einem sehr gesetzlichen Denken insgesamt, besonders auffallend etwa in Gestalt des Blut-Verbots.

      Ein weiteres gemeinsames Kennzeichen ist der Versuch, den Termin der Wiederkunft Christi zu berechnen. Nach dem Nichteintreffen der sichtbaren Wiederkunft verlegten sich sowohl adventistische Kreise als auch Russell auf eine unsichtbare Wiederkunft oder Gegenwart Christi.

      Gemeinsam ist ferner die Vorstellung, dass der Mensch nicht eine Seele hat, sondern eine Seele ist. Damit hängt die Ablehnung jeder Behauptung einer Unsterblichkeit der Seele zusammen. Da der Mensch als ganzer eine Seele sei, könne er den leiblichen Tod nicht überdauern, sondern sterbe ganz. Nach dem Tod gebe es keine Weiterexistenz. Auferstehung bedeute Neuschaffung. Diese Ganztod-Theorie findet sich heute sowohl bei den Siebenten-Tags-Adventisten als auch bei den Zeugen Jehovas. Eng damit zusammen hängt die Verwerfung der Lehre von der Ewigkeit der Höllenstrafen. Die Hölle sei nur das Grab, ein Ort der Ruhe und der Hoffnung, wo weder Bewusstsein noch Empfindung vorhanden sei.

      Worin sich Russell von den Adventisten unterscheidet, ist vor allem seine Ablehnung der Lehre von der Dreieinigkeit, aber auch der Sabbat-Heiligung, darüber hinaus manche eigenen Terminberechnungen, nicht zuletzt die Einbeziehung der Cheops-Pyramide in seine Zeitalter-Lehre. Aber die Gemeinsamkeiten mit Ansichten in der adventistischen Bewegung des 19. Jahrhunderts sind doch auffallend. Von Russells Neuerungen hat nur weniges seinen Tod überlebt. Seine Terminberechnungen wurden von seinen Nachfolgern umgedeutet oder „aktualisiert“, die Berücksichtigung der Cheops-Pyramide wurde fallengelassen. Dietrich Hellmund bemerkt in seiner Dissertation „Geschichte der Zeugen Jehovas“ zu Recht:

      „Nun gibt es freilich einige Glaubenslehren, die unverändert oder doch nur mit ganz geringen Korrekturen den Tod des Gründers überdauern und bis heute bei den Zeugen Jehovas vertreten werden: die Seelenlehre, die Höllenlehre, die Ablehnung der Trinitätslehre, die praktische Bevorzugung des Alten Testaments. Im weiteren Sinn wären dazu auch das chronologische Zeitschema (Adams Erschaffung um 4.000 vor Christus), das endzeitliche Bibelverständnis, die Lehre vom Läuterungscharakter des Millenniums, auch das Schriftprinzip zu rechnen. Mit alleiniger Ausnahme der Gotteslehre sind alle diese Anschauungen adventistischen Ursprungs oder durch Adventisten vermittelt.“

      Im 1993 veröffentlichten Geschichtsbuch „Jehovas Zeugen – Verkündiger des Königreiches Gottes“ werden die Einflüsse anderer Personen und Gruppierungen, insbesondere der Adventisten, auf Russell offen zugegeben:

      „C. T. Russell erkannte dankbar die Hilfe an, die ihm George W. Stetson aus Edinburgh (Pennsylvanien) beim Studium der Heiligen Schrift geleistet hatte … George W. Stetson war … Pfarrer der Adventistisch-Christlichen Kirche … C. T. Russell fühlte sich George Storrs, der etwa 56 Jahre älter war als er, sehr zu Dank verpflichtet. Russell hatte von ihm viel über die Sterblichkeit der Seele gelernt“ (S. 45 f.).

      In diesem Zusammenhang wird folgende Selbstaussage Russells zitiert:

      „Ich bekenne … dass ich sowohl den Adventisten als auch anderen Denominationen Dank schulde … obgleich mir der Adventismus keine bestimmte Wahrheit erschloss, so war er mir doch behilflich, Irrtümer zu verlernen und mich so für die Wahrheit vorzubereiten“ (ebd., S. 44).

      Russells Testament

      Wie es nach Russells Tod weitergehen sollte, hatte er 1908 in einem Testament festgelegt, welches nach seinem Tod im Wachtturm vom Februar 1917 erschien. Vorausgeschickt sei die Bemerkung, dass dieses Testament so viele Lücken enthielt, dass es von seinem (nicht von ihm bestimmten oder eingesetzten!) Nachfolger Rutherford bequem umfunktioniert werden konnte. Russell hatte folgendes als seinen letzten Willen bestimmt:

      „Ich treffe die Anordnung, dass das ganze Werk der Herausgabe des Wachtturms sich in Händen eines Komitees von fünf Brüdern befinden soll, die ich zu großer Sorgfalt und zur Treue gegen die Wahrheit ermahne … Die unten als Mitglieder des Herausgeber-Komitees genannten Brüder (ihre Annahme vorausgesetzt) sind, wie ich annehme, den Lehren der Heiligen Schrift völlig treu, besonders der Lehre vom Lösegeld, der Lehre, dass es keine Annahme bei Gott und keine Errettung zum ewigen Leben gibt, außer durch den Glauben an Christum und Gehorsam gegen sein Wort und den Geist desselben. Wenn einige von den Bestimmten zu irgend einer Zeit sich nicht mehr in Harmonie mit dieser Vorkehrung befinden sollten, so würden sie ihr Gewissen verletzen und darum Sünde begehen, wenn sie trotzdem noch Mitglieder des Herausgeber-Komitees bleiben würden…

      Die Namen des Herausgeber-Komitees sind folgende: William E. Page, William E. Van Amburgh, Henry Clay Rockwell, E. W. Brenneisen, F. H. Robison. Die Namen der fünf Brüder, von denen ich annehme, dass sie am besten dazu passen, um freigewordene Stellen beim Herausgeber-Komitee wieder auszufüllen, sind: A. E. Burgeß, Robert Hirsh, Isaak Hoskins, Geo H. Fisher (Scranton), J. F. Rutherford, Dr. John Edgar …

      Ich habe schon die Wachtturm-Bibel- und Traktat-Gesellschaft mit allen meinen Stimmanteilen begabt, und ich lege diese nun in die Hände von fünf Bevollmächtigten. Es sind folgende: Schwester E. Louise Hamilton, Schwester Almeta M. Nation Robison, Schwester J. G. Herr, Schwester C. Tomlins, Schwester Alice G. James. Diese Bevollmächtigten sollen für Lebenszeit dienen. Im Falle ihres Todes oder von Verzichtleistung sollen Nachfolger gewählt werden von den Direktoren der Wachtturm-Bibel- und Traktat-Gesellschaft, dem Herausgeber-Komitee und dem Rest der Bevollmächtigten, nachdem sie um göttliche Leitung gebetet haben.“

      Der Weg zur Macht

      Joseph Franklin Rutherford wurde der zweite Präsident der Ernsten Bibelforscher. Der Weg dorthin war allerdings nicht einfach. Wie es dazu kam und welche Neuerungen Rutherford einführte, wollen wir in diesem Kapitel betrachten. Wie ging es nach dem Tod von Charles Taze Russell weiter?

      In Russells Testament waren verschiedene Gruppierungen erwähnt worden, welche die Nachfolge Russells gemeinsam antreten sollten. Die Machtfülle, die vorher im Wesentlichen in seiner Person vereinigt war, sollte sich auf drei Gremien aufteilen. Leider waren die Kompetenzen dieser drei Gremien nicht deutlich genug voneinander abgegrenzt. Um welche Gremien handelte es sich?

      Da war zunächst das siebenköpfige Direktorium der Wachtturm-Bibel- und Traktat-Gesellschaft. Aber in Konkurrenz zu diesem Direktorium setzte Russell in seinem Testament ein fünfköpfiges Herausgeber-Komitee für die Zeitschrift „Zions Wachtturm“ ein. Mindestens drei der fünf Herausgeber mussten den Artikeln zustimmen, damit sie in „Zions Wachtturm“ erscheinen konnten. Dieses Komitee stand zunächst unabhängig neben dem Direktorium. Hinzu kam als drittes das Gremium der fünf Aktien-Bevollmächtigten, allesamt Damen, die Russell als Verwalterinnen seines Vermögens eingesetzt hatte. Auffallend ist, dass Russell nicht einen Nachfolger eingesetzt hat, sondern immer Gruppen von Nachfolgern, um die Macht und Finanzen möglichst demokratisch zu verteilen. Es sollte also keiner die Alleinherrschaft besitzen.

      Das Testament war allerdings – und hier sitzt das Problem – so nicht durchführbar. Die erwähnten fünf Damen hatten das СКАЧАТЬ