Die Lehren der Zeugen Jehovas. Lothar Gassmann
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Название: Die Lehren der Zeugen Jehovas

Автор: Lothar Gassmann

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783958932753

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СКАЧАТЬ nicht um einen Kommentar im üblichen Sinne, sondern um eine Bibeldeutung von der Sicht der „Ernsten Bibelforscher“ her. So wird Russell mit dem Propheten Hesekiel verglichen, der Russell vorbildlich dargestellt habe. Weissagungen Hesekiels werden so ausgelegt, dass sie Hinweise auf die spätere Tätigkeit Russells seien, so etwa die Tempel-Prophezeiungen. Russell hatte zwar ein großes Selbstbewusstsein besessen, aber wenn er dieses selber geschrieben hätte, wie es die fingierte Autorschaft dieses Bandes nahelegt, hätte er größenwahnsinnig sein müssen.

      Zweitens enthält der Band 7 eine grundsätzliche scharfe Polemik gegen das traditionelle Christentum und seine Geistlichen, die sogenannten Religionisten, insbesondere gegen die römisch-katholische Kirche und das Papsttum. Trotz der besonderen Aversion der „Ernsten Bibelforscher“ gegen Rom wird aber das Christentum generell, nicht nur der römische Katholizismus, als „Babylon“ bezeichnet. Alle außer den „Ernsten Bibelforschern“ gelten den Autoren von Band 7 als „Babylon“, als vom Glauben abgefallene Hure.

      Ein typisches Beispiel für die maßlose Polemik liefert die Auslegung von Offenbarung 9,18, wo von apokalyptischen Rossen die Rede ist, „aus deren Mäulern Feuer und Rauch und Schwefel ging“. Die Autoren von Band 7 kommentieren diese Stelle (allegorisch) so:

      „Eine genaue Prüfung des Vorstehenden führt zu dem Schluss, dass die verschiedenen Kirchensysteme von Kahlköpfen gegründet sein müssen, und dass, da der Rauch keinen Ausweg durch die Kopfhaut finden konnte, er natürlicher Weise aus ihrem Munde (´aus ihren Mäulern`, wie es in Vers 17 heißt) hervorkommen musste!“ (S. 215).

      Als weiteres Beispiel zitiere ich die Auslegung von Offenbarung 18,4:

      „Und ich hörte eine andere Stimme aus dem Himmel: Eine andere himmlische Botschaft durch die Wachtturm-Bibel-und-Traktat-Gesellschaft, die Organisation, welche Pastor Russell persönlich gründete, um das Erntewerk durchzuführen“ (S. 370).

      Im Unterschied zu den traditionellen Kirchen wird die Wachtturm-Gesellschaft in den positivsten Farben völlig unkritisch ausgemalt.

      Das dritte, was auffällt, ist die Einführung neuer Jahreszahlen in Band 7, insbesondere das Datum 1918. Die „vierzigjährige Erntezeit“ bis zum Beginn der „Trübsal“ war von Russell aufgrund sogenannter „Parallelen der Heilszeitordnungen“ zwischen urchristlicher Zeit (ca. 30-70 n. Chr.) und Endzeit (1874-1914) behauptet worden. Nun fügten Rutherford und seine Mitarbeiter im 1917 veröffentlichten Band dreieinhalb Jahre zu diesen 40 Jahren hinzu und gelangten so zum Frühjahr 1918 als neuem, unmittelbar bevorstehendem Termin für das Eintreten der Bedrängnis und des „Falles Babylons“, also der Christenheit außerhalb der „Ernsten Bibelforscher“. Begründet wird dies damit, dass zwar 70 n. Chr. Jerusalem von den Römern zerstört worden sei, aber erst 73 n. Chr. der jüdische Aufstand niedergeschlagen wurde – also mit der parallelen Heilszeitordnung.

      So wird in der Auslegung von Offenbarung 3,14 ausgeführt, die „Laodizäa-Epoche“ reiche „vom Herbst 1874 bis zum Frühling 1918, dreieinhalb Jahre der Vorbereitung und 40 Jahre Erntezeit“. Alles deute darauf hin, „dass der Frühling 1918 ein noch größeres Maß von Bedrängnis über die Christenheit bringen wird, als dies im Herbst des Jahres 1914 der Fall war“ (S. 65 und 69). Das Jahr 1918 brachte allerdings nicht „ein noch größeres Maß von Bedrängnis“, sondern das Ende des Ersten Weltkriegs und – zumindest für einige Jahre – Frieden. Auch hier war eine angemaßte Prophetie in das Gegenteil umgeschlagen.

      Ebenfalls wegen der nicht eingetroffenen Prophezeiungen wurden in einer späteren deutschen Ausgabe von „Das vollendete Geheimnis“ manche Passagen aus dem amerikanischen Original falsch übersetzt. Eckhard von Süsskind hat in seiner sehr gründlichen Quellen-Untersuchung Zeugen Jehovas. Anspruch und Wirklichkeit der Wachtturm-Gesellschaft die Änderung oder Relativierung der Jahresangaben nachgewiesen, welche in der deutschen Ausgabe von „The Finished Mystery“ im Jahre 1925 vorgenommen wurde. An einigen Stellen wurde das Jahr 1918 einfach ausgelassen.

      E. v. Süsskind resümiert:

      „Die Passagen, die falsch übersetzt wurden, betreffen ausnahmslos Prophezeiungen, die sich auf das für 1918 erwartete Ende der Christenheit durch Aktionen der Arbeiter und Sozialisten, auf das für 1920 angekündigte Ende der Republiken und der Arbeiterschaft sowie auf die in dieser Zeit angeblich zunehmende Anarchie beziehen“ (S. 73).

      Spaltungen

      Wie kam es nun zur Entmachtung der für Rutherford unangenehmen Direktoren und anderen Oppositionellen? Hier war für Rutherford seine juristische Erfahrung hilfreich. Er fand formaljuristische Begründungen für deren Amtsenthebung. In einem Gespräch zwischen Rutherford und den vier widerspenstigen Direktoren wird seine Vorgehensweise deutlich. Rutherford sagte:

      „Es ist euch entgangen, Brüder, … dass ihr alle vier Mitglieder der pennsylvanischen Körperschaft seid. Die Satzungen dieser Körperschaft besagen, dass ihr im Staate Pennsylvania gewählt werden müsst. Seid ihr dort gewählt worden?

      Nein, antworteten sie.

      Ihr wurdet im Staate New York gewählt. Wollt ihr nun streng sachlich werden, dann sage ich euch streng sachlich, dass ihr vor allem keine legalen Mitglieder der Körperschaft seid“ (zitiert nach Gebhard 1970, S. 105).

      Hinzu kam, dass Rutherford ein Gesetz rückwirkend anwandte, das die jährliche Wiederwahl der Direktoren forderte. Da aber eine solche jährliche Wiederwahl nicht erfolgt war, sondern Russell die Direktoren auf Lebenszeit eingesetzt hatte, seien sie – so behauptete Rutherford – keine rechtmäßigen Mitglieder des Direktoriums. Johnson seinerseits bestritt, dass ein solches Gesetz rückwirkend angewandt werden könne, und fragte, ob dann nicht auch Rutherford zu Unrecht zum Präsidenten gewählt worden sei.

      Nichtsdestotrotz konnte Rutherford aufgrund solcher formaler Versäumnisse die vier Direktoren entmachten. Nach ihrer Entlassung nahmen vier Männer seines Vertrauens ihre Stelle ein. Bei dieser Säuberungsaktion schlossen sich mehrere Dutzend leitende Mitarbeiter der Wachtturm-Gesellschaft den Oppositionellen an und mussten ebenfalls gehen. Auch in vielen Gemeinden kam es zu Unruhen und vielerorts auch zu Spaltungen.

      Über Rutherfords Vorgehensweise bei der „Säuberungsaktion“ berichtet Johnson aus seiner Sicht folgendes:

      „Er (Rutherford) befahl mir, das Bethel am gleichen Tag zu verlassen, die vier Direktoren sollten am folgenden Montag gehen. Meine respektvolle, oft wiederholte Bitte, vor der Familie eine Erklärung abgeben zu dürfen, wurde nicht erfüllt… Bruder Hirsch bat darum, einen Brief von Bruder Pierson vorlesen zu dürfen, in dem dieser schrieb, dass er Rutherfords Ausschluss der vier Brüder vom Direktorium nicht billigte und dass er treu zu dem alten Direktionsausschuss hielte. J. F. R. schrie förmlich, dass Bruder Johnsons ´Falschheit` daran schuld wäre, dass dieser Brief geschrieben wurde… Noch zorniger befahl er mir unter Androhung von gerichtlichen Schritten, das Bethel zu verlassen. Ich antwortete, dass ich den Direktionsausschuss wegen dieser Entscheidung angerufen hätte; und da ich den Ausschuss als amtierend betrachtete, wobei dieser das Recht habe, bei der Berufung Entscheidungen zu treffen, wartete ich nun auf diese Entscheidung; wenn mir der Ausschuss befehlen sollte, das Bethel zu verlassen, würde ich dies sofort tun. Auf diese Erwiderung hin verlor Rutherford alle Selbstbeherrschung. Um seinen Befehl durchzusetzen, stürzte er sich auf mich und schrie: ´Du verlässt dieses Haus`. Er packte mich am Arm, so dass ich fast hingefallen wäre“ (zitiert nach Rogerson 1969, S. 49).

      Daraufhin verließ Johnson die Zentrale der Wachtturm-Gesellschaft. Doch die Oppositionellen gaben sich noch nicht geschlagen. Rutherford hatte den entlassenen Direktoren ehrenvolle, aber einflusslose Posten als „Pilgerbrüder“ angeboten, um sein Gesicht zu wahren. Dieses Angebot wurde von diesen selbstverständlich abgelehnt. Sie СКАЧАТЬ