Die Lehren der Zeugen Jehovas. Lothar Gassmann
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Название: Die Lehren der Zeugen Jehovas

Автор: Lothar Gassmann

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783958932753

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СКАЧАТЬ den Anfang der Zeit der Drangsal bezeichnend, an; denn 1542 v. Chr. und 1915 n. Chr. geben 3457 Jahre. So bezeugt die Pyramide, dass der Schluss des Jahres 1914 der chronologische Anfang der Zeit der Drangsal war“ (S. 316 f.).

      Während in der Ausgabe von 1914 die zugrunde gelegten Maße der Cheops-Pyramide 3416 Zoll betragen haben sollen, haben sie in der Neuauflage 3457 Zoll erreicht. Die Pyramide müsste also in dieser Zeit um 41 Zoll gewachsen sein – ein absurder Gedanke, der dazu herhalten muss, die nicht eingetroffenen Voraussagen Russells zu verbergen.

      Ein weiteres Beispiel finden wir auf Seite 296 desselben Buches. In der Ausgabe von 1914 schrieb Russell:

      „… Die prophetischen Marksteine … haben uns gezeigt, dass wir seit 1873 im siebenten Jahrtausend leben; dass das Lehn der Herrschaft der Heiden, ´die Zeiten der Nationen`, mit dem Jahre 1894 ausläuft…“

      1926 hörte sich die gleiche Stelle so an:

      „… Die prophetischen Marksteine… haben uns gezeigt, dass wir seit 1873 im siebten Jahrtausend leben; dass das Lehen der Herrschaft der Heiden, ´die Zeiten der Nationen`, mit dem Jahre 1914 ausläuft…“

      An anderen Stellen ließ Rutherford die Jahreszahlen nicht ändern, sondern ließ sie einfach weg, indem er sie durch eine unbestimmte Zeitangabe ersetzte. Hieß es beispielsweise in der Ausgabe von 1914 noch, „dass die Befreiung der Heiligen etwas vor 1914 stattfinden wird“, so wurde dies 1926 dahingehend geändert, „dass die Befreiung der Heiligen sehr bald nach Schluss der Ernte stattfinden wird“ (S. 214).

      Ab Mitte der zwanziger Jahre ging man dann einfach dazu über, Russells Schriften nicht mehr zu drucken. Zu groß war die Zahl der falschen Voraussagen und veränderten Lehren. Die Parallelsetzung von biblischer Chronologie und Cheops-Pyramide ließ man ebenso fallen wie Russells Chronologie überhaupt und sein Gemeindeverständnis. Manche Umdeutung kam durchaus einer Neuprägung von Lehren gleich.

      Rutherford contra Johnson

      Als drittes betrachten wir etwas näher den Kampf um die Vormachtstellung in der Wachtturm-Gesellschaft nach Russells Tod. Rutherford galt als kontaktarmer und argwöhnischer Vorgesetzter, der undurchschaubar war und sehr brutal mit Gegnern umgehen konnte. Er nahm das Recht für sich in Anspruch, Glaubenswahrheiten in letzter Instanz zu formulieren. Wurde Pastor Russell von seinen Anhängern geliebt, so wurde Richter Rutherford von ihnen gefürchtet. Die Wachtturm-Gesellschaft spricht heute offen davon. So hat sie in ihrem Geschichtswerk „Jehovas Zeugen – Verkündiger des Königreiches Gottes“ Auszüge aus einem Brief eines „Dieners Jehovas“ aus Kanada abgedruckt, der deutlich die Unterschiede zwischen Russell und Rutherford zum Ausdruck bringt. In diesem Brief an Rutherford heißt es:

      „Lieber Bruder, verstehe das, was ich Dir schreibe, jetzt nicht falsch. Deine Art unterscheidet sich von der Art unseres lieben Bruders Russell wie Tag und Nacht. Viele, ach, unsagbar viele mochten Bruder Russell wegen seiner Persönlichkeit, seiner Art und vieler anderer Dinge; kaum einer lehnte sich gegen ihn auf. So mancher nahm die Wahrheit nur an, weil Bruder Russell es sagte… Aber deine Art, Bruder Rutherford, lässt sich mit der von Bruder Russell nicht vergleichen. Selbst dein Aussehen ist anders. Dafür kannst du nichts… Es wurde Dir in die Wiege gelegt, und du hattest keine andere Wahl… Seitdem du über die Angelegenheiten der Gesellschaft gesetzt bist, wurdest Du von den Brüdern ungerechtfertigterweise kritisiert und aufs böswilligste verleumdet… Früher neigten wir alle dazu, eher das Geschöpf als den Schöpfer zu verehren. Das blieb dem Herrn nicht verborgen. Deshalb setzte er jemand an die Spitze, das heißt, er übertrug jemand die Verantwortung für das Erntewerk, der eine ganz andere Art hatte“ (S. 625 f.).

      Welche Konflikte waren es nun, die auf dem Weg zu Rutherfords Machtergreifung auszufechten waren? An der Spitze der Opposition stand Paul S. L. Johnson. Dieser, ein früherer lutherischer Pastor, war seit 1903 Mitglied der „Ernsten Bibelforscher“. Als hervorragender Redner und Mann mit einem ausgeprägten Sendungsbewusstsein, war er für Rutherford ein ebenbürtiger Gegner. Kurz vor seinem Tod hatte Russell Johnson dazu bestimmt, nach England zu gehen, um die überseeischen Verbindungen zu bewahren und zu festigen. Im November 1916 entsandte ihn die Wachtturm-Gesellschaft – mit zahlreichen Vollmachten ausgestattet – nach Großbritannien. Dort handelte er sehr selbständig, setzte zwei leitende Bibelforscher (H. J. Shearn und W. Craeford) ab und versuchte, das englische Einflussgebiet von Rutherford und der Brooklyner Führung unabhängig zu machen, etwa indem er das Londoner Bankkonto der Wachtturm-Gesellschaft sperren ließ. Johnson betrachtete sich als Nachfolger Russells. Er behauptete, der Mantel Pastor Russells sei auf ihn gefallen wie zur Zeit des Propheten Elia.

      In dieser schwierigen Lage sah Rutherford – nach dem misslungenen Versuch, Johnson abzusetzen – keinen anderen Ausweg, als diesen nach New York zurückzurufen, um ihn besser unter Kontrolle zu haben. Freilich holte er sich damit die Opposition ins eigene Haus. Ein von der Wachtturm-Gesellschaft einberufener Untersuchungsausschuss kam zum Ergebnis, dass Johnsons Verhalten in England berechtigt war. Innerhalb kurzer Zeit zog er vier der sieben leitenden Direktoren der Wachtturm-Gesellschaft auf seine Seite. Die Macht lag ja seit der Entmachtung der anderen Gremien in der Hand des Direktoriums, zu welchem Rutherford selber gehörte. Somit standen vom führenden Gremium nur zwei Männer auf Rutherfords Seite, nämlich sein Vizepräsident A. N. Pierson und sein Sekretär-Kassierer W. E. Van Amburgh. Die anderen hielten zu Johnson.

      Rutherford war nicht mehr in der Lage, bei Abstimmungen seinen Willen durchzusetzen. Andererseits war er Präsident und konnte nicht abgesetzt werden, weil das Präsidenten-Amt auf Lebenszeit vermittelt worden war. Somit war eine gewisse Patt-Situation eingetreten. Jede Partei versuchte, die andere aus dem „Bethel“ zu drängen oder sie zumindest zu entmachten. Die auf Johnsons Seite stehenden Direktoren verfolgten den Gedanken, die Stellung des Präsidenten dem Direktionsausschuss unterzuordnen. Er sollte nur noch die Befugnisse eines Beraters besitzen. Daraufhin ging Rutherford in die Offensive.

      Er brachte Band 7 der Schriftstudien heraus. Am 17. Juli 1917 wurde im Brooklyner Bethel der Band mit dem Titel The Finished Mystery (Das vollendete Geheimnis) freigegeben. Die Freigabe dieses Buches führte zu einer fünfstündigen heftigen Debatte zwischen den verfeindeten Parteien, deren Konflikt nun offen zutage trat, und schließlich zum Bruch. Johnson und seine Anhänger warfen Rutherford Umdeutungen der Lehre Russells, neue Jahresberechnungen (etwa auf 1918) sowie seinen übergroßen Machtanspruch vor.

      Aus der Sicht der heutigen Zeugen Jehovas stellt sich die Person Johnsons folgendermaßen dar:

      „Da er sich als eine wichtige Persönlichkeit betrachtete, behauptete er in Ansprachen und Briefen, seine Tätigkeit sei in der Bibel von Esra, Nehemia und Mordechai vorgeschattet worden. Er beanspruchte, der in Jesu Gleichnis aus Matthäus 20,8 erwähnte Verwalter (oder Beauftragte) zu sein. Er versuchte, die Verfügungsgewalt über das Geld der Gesellschaft zu bekommen, und strengte deshalb vor dem Hohen Gerichtshof in London einen Prozess an.

      Als dieser Versuch vereitelt wurde, ging er zurück nach New York. Dort buhlte er um die Unterstützung bestimmter Personen, die im Vorstand der Gesellschaft waren. Diejenigen, die er auf seine Seite ziehen konnte, versuchten durch eine Resolution durchzusetzen, dass die Geschäftsordnung der Gesellschaft, die den Präsidenten ermächtigte, alle Angelegenheiten zu regeln, außer Kraft gesetzt würde. Sie wollten, dass alle Entscheidungsgewalt bei ihnen liege. Bruder Rutherford unternahm rechtliche Schritte, um die Interessen der Gesellschaft zu schützen, und alle, die deren Tätigkeit behindern wollten, wurden aufgefordert, das Bethelheim zu verlassen“ (JZ, S. 627). Welche „rechtlichen Schritte“ es waren, die Rutherford vornahm, werden wir weiter unten betrachten.

      Das vollendete Geheimnis

      Hier bewegt uns zunächst die Frage, worum es in dem umstrittenen Band 7 der Schriftstudien mit dem Titel „Das СКАЧАТЬ