Schlangen, Guillotinen und ein elektrischer Stuhl. Dennis Dunaway
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Название: Schlangen, Guillotinen und ein elektrischer Stuhl

Автор: Dennis Dunaway

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Музыка, балет

Серия:

isbn: 9783854456032

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СКАЧАТЬ eine Epiphone Halbakustik.“

      Das klang schon mal besser als die Klampfe Dads. Wir erzählten ihm von unserem Talentwettbewerb und der Suche nach einem Gitarristen.

      „Na klar“, entgegnete er. „Ich werde es mal versuchen.“

      Am nächsten Tag trafen wir ihn im Kurs. Er saß an seinem Tisch, zu seinen Füßen ein brauner Gitarrenkoffer.

      „Hey, wie geht’s so? Ich habe die Gitarre mitgebracht.“ Er kniete sich hin und öffnete die Metallverriegelungen. Als er den Deckel hochhob, sahen wir sie – eine wunderschöne helle Gitarre in Sunburst, die in dem mit Samt ausgekleideten Koffer ruhte.

      Wir fragten, ob er den Beatles-Song „Please Please Me“ kenne.

      Glen nahm die Gitarre hoch und begann, die Akkorde zu schrubben.

      Mit leisen, schüchternen Stimmen sangen Vince und ich: „Last night I ran four laps for myyy coach …“

      Glen war ähnlich weit von einer Aufnahme bei den Lettermen entfernt wie von seiner Heimatstadt Akron, Ohio. Er fand die Idee mit den Beatles cool, wollte aber nur die Rolle des Mitläufers spielen. Abgesehen von den Beatles-Perücken gehörten die schwarzen Cortez-High-Letterman-Jacken zur Garderobe. Obwohl Glen das als nicht sonderlich originell empfand, stand er auf den Gedanken, in einem Outfit aufzutreten, das ihm niemand zutraute.

      Eine Tages frohlockte er: „Ich kenne einen Typen, der Rhythmus-Gitarre spielt. Er kann auch Bier besorgen.“

      Vince und mir war das mit dem Bier egal, doch die Vorstellung zusätzlicher „musikalischer Munition“ klang großartig.

      John Tatum war der zweite Gitarrist, ein selbstbewusster, gutaussehender Typ, der eine Menge Gitarren-Akkorde kannte. Seine blonden Haare ähnelten der Frisur Glens. Beide waren so stolz darauf, dass sie sich weigerten, die Beatles-Perücken zu tragen.

      Glen wartete jedoch mit einem Styling-Tipp auf. Er reichte Vince eine Sonnenbrille und sagte: „Wir müssen unbedingt Sonnenbrillen tragen. Mit der richtigen Einstellung wirkst du dann viel zu cool für die Schule.“

      Vince und ich fanden zudem den Letterman Phil Wheeler, der ein Schlagzeug besaß und sogar einige Stunden Unterricht genommen hatte. Wir baten ihn, auszuhelfen.

      „Das kann ich machen, aber ohne Perücke! Ich werde alles schlicht halten und benutze nur eine Snare und ein Becken.“

      Egal. Hauptsache, wir hatten einen Drummer.

      Bei den Geländeläufen brachten wir John die Texte bei. Die Liste der verfälschten Beatles-Stücke war recht kurz. Aus „She Loves You“ wurde „I’ll Beat You“. Dann gab es noch „Please Beat Me“ zur Musik von „Please Please Me“. (Last night I ran four laps for myyy coach/He said I didn’t even tryyy much.)

      Als ich den Song „Foot Stompin’“ erwähnte, einen Hit der R’n’B-Gruppe Flares, den ich sehr mochte, zuckte Glen bloß mit den Achseln.

      „Kinderleicht. Das ist nur eine Abfolge mit drei Akkorden.“ Tja, er hätte mir genauso gut E = mc2 erklären können. Doch als er mit der Begleitung begann, sangen wir einfach mit. Dann wünschte sich Vince, den knalligen Contours-Hit „Do You Love Me (Now That I Can Dance)“ zu spielen. Ohne mit der Wimper zu zucken, schaffte sich Glen die Nummer drauf. Klasse! Nun hatten wir zwei zusätzliche Songs.

      In der Geschichte des Rock’n’Roll tauchen einige Band mit Insektennamen auf: zum Beispiel Buddy Hollys Crickets und die Beetles, natürlich mit einem a. Ich schlug das fieseste Insekt vor: den Ohrwurm, und das im Plural, also Earwigs. Es ist ein sich windendes kleines Insekt, mit Zangen am Schwanz. Jeder, der in der Wüste kampierte, fürchtete sich davor, dass ihm eins der Ungeheuer ins Ohr kriecht und dann für immer in seinem Gehirn hängt. Aber ist das nur ein Gerücht, denn die Viecher sind harmlos.

      „Und wenn du drauflatschst, stinken die voll widerlich“, ekelte sich Glen. „Mit denen kannste nix anfangen.“

      Ich mochte die Idee, dass die Earwigs Perücken [engl.: wigs] trugen. Schien logisch zu sein. Und so wurden wir die Earwigs, für uns ein exzellenter Rock’n’Roll-Name.

      Dann war es so weit. Endlich konnte der als Überraschung geplante Lettermen-Talentwettbewerb starten. Es war mal wieder ein typisch heißer Abend im „Cafetorium“ der Cortez, einer Kombination aus Cafeteria und Auditorium. Vom Backstage-Bereich aus beobachteten wir nervös die Auftritte der von purpurnen Spotlights angestrahlten Gruppen. In jenem Jahr stand ein Hauch von internationaler Musik im Mittelpunkt. Man führte einen philippinischen Tanz auf sowie Musik aus Spanien und Frankreich. Auch drei Lehrer versammelten sich unter dem Banner der Singer/Songwriter und gaben einen Anti-Atombomben-Song zum Besten.

      Schließlich fiel der Vorhang, woraufhin Phil Wheeler in aller Eile das Schlagzeug aufbaute. Als sich Vince, John und ich die Perücken und die Sonnenbrillen aufsetzten, hörten wir drei Mädchen vom Pep-Club, die sich einen abkicherten und mit den Fingern auf uns zeigten. Vince schnappte sich die Ukulele; John und ich posierten mit den Gitarren.

      „Und nun kommt eine besondere Überraschung“, hörte ich die Ansage durch das Mikrofon. Wir klopften die Füße im Takt des ersten Songs. „Direkt aus Cesspool, England! The Earwigs!“

      Der Vorhang öffnete sich, und wir starrten in ein Meer verblüffter Gesichter. John Tatum unterstützte Glen bei seinem brettharten Gitarrenspiel, und alle sangen die umgeschriebenen Texte: „Listen to my track shoes/Stomping all over you …“

      Über die Strahler der Direktbeleuchtung hinweg erkannte ich die Gesichter von Freunden, Lehrern und Eltern, die sich alle vor Lachen bogen. Sogar der Hund des Hausmeisters schien zu lachen.

      In der Hochstimmung des Augenblicks dachten wir nicht im Entferntesten daran, dämlich auszusehen. Die lauten Gitarren, das Schlagzeug und unsere Stimmen donnerten über die Lautsprecher und elektrifizierten uns emotional, ein unglaubliches, kaum zu beschreibendes Gefühl.

      Die ganze Band rockte, stampfte mit den Füßen auf und sprang durch die Gegend, als wüssten wir, wie man das macht. Die Zuschauer da draußen waren sprachlos, aber auch gut unterhalten.

      Die Beatles machten am Ende jedes Konzerts eine tiefe Verbeugung, eine Art Markenzeichen. Als Earwigs verwandelten wir das natürlich in eine alberne Geste.

      Der Vorhang schloss sich. Von draußen hörte man die tobenden und applaudierenden Zuschauer aus dem Cafetorium. Wir sahen uns schockiert an. Diese Ekstase – die hatten wir ausgelöst. Das Ganze war viel besser gelaufen, als man sich je hätte vorstellen können.

      Mrs. Axelrod, unsere Chemie-Lehrerin, huschte auf uns zu und schwärmte: „Ihr Jungs müsstet in der Ed Sullivan Show sein!“

      Dieser Ohrwurm hatte uns gebissen, mit dem Fieber des Entertainments infiziert und klammerte sich nun am Gehirn fest. Wie das „todbringende“ Insekt setzte er sich dort für alle Ewigkeit fest.

      Unsere verruchte Reputation überdauerte die nächsten Wochen. Natürlich bliesen wir den Auftritt durch eine Titelstory in der nächsten Ausgabe des Tip Sheet auf, ergänzt durch eine gefälschte/humorvolle Story über die frühen Tage in Cesspool, Großbritannien.

      Die Popularität der Earwigs schoss schon bald zu den Sternen. Football-Spieler mussten mürrisch anerkennen, dass wir nun zur selben Attraktivitäts-Spezies gehörten. Die Lehrer begrüßten uns СКАЧАТЬ