Grundlagen der Philosophie: Einführung in die Geschichte und die Kerndisziplinen. Bernd Waß
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СКАЧАТЬ sieht, die als ihr Schöpfer am Ursprung der Welt steht, sie erhält und lenkt und mit ihrer Vorsehung in der Lage ist, in die Geschichte einzugreifen. Die Auffassung, dass Gott nicht existiert, bildet die Grundannahme des Atheismus. Der theoretische Atheismus ist jene Haltung, welche die Existenz eines oder mehrerer Götter bzw. des Göttlichen an sich ausdrücklich zurückweist. Die Auffassung endlich, dass man über die Existenz Gottes nichts wissen kann, bildet die Grundannahme des Agnostizismus. Der Agnostizismus ist somit jene Haltung, die von der Unerkennbarkeit der Existenz Gottes, des Göttlichen oder des Transzendenten ausgeht. Während Theismus und Atheismus metaphysische Positionen sind, ist der Agnostizismus eine erkenntnistheoretische Position, weshalb er im Rahmen philosophisch-theologischer Betrachtungen nur eine untergeordnete Rolle spielt.

      Die Philosophische Kosmologie endlich beschäftigt sich mit Fragen, die den Prinzipien, dem Status und der Struktur des Kosmos als Ganzem gewidmet sind; und zwar, in Abgrenzung zur physikalischen Kosmologie, samt dem Menschen als einem geistigen, also mit Bewusstsein ausgestatteten, erkennenden, wollenden und handelnden, Wesen. Neben den vermeintlich »harten«, der wissenschaftlichen Objektivierung zugänglichen, Aspekten der Wirklichkeit, wie etwa ihrer räumlichen und zeitlichen Struktur oder ihrer materialen Beschaffenheit, muss die philosophische Kosmologie daher auch jene Phänomene in ihr Nachdenken miteinbeziehen, die überhaupt erst mit der Voraussetzung geistiger Wesen, als eines integralen Bestandteils des Kosmos, zum Vorschein kommen, etwa Sinn, Zweck, Ziel, Wert, Qualität, Schönheit, Moralität, Innerlichkeit, Geistigkeit Perspektivität und dergleichen mehr.

      1.4 Ethik – eine erste Begegnung

      Die Ethik, mit der wir in Kapitel 6 den Schlusspunkt unserer gemeinsamen Reise zu den Grundlagen der Philosophie setzen, ist sehr wahrscheinlich jene philosophische Disziplin, die den meisten auch aus dem Alltag bekannt ist. Man liest und hört immer wieder von ihr, etwa wenn von Medizinethik, vom Ethikrat, von Unternehmensethik oder vom Schulfach Ethik die Rede ist, oder einfach nur davon, dass dieses oder jenes »ethisch verwerflich« oder »ethisch zu begrüßen« sei. Tatsächlich dringt die Ethik weit in die Alltagswelt vor und zählt heute, neben der Philosophie des Geistes, zu den aktivsten Disziplinen der akademischen Philosophie. Verschaffen wir uns also auch hier einen ersten Überblick:

      Was ist der Gegenstand der Ethik? Der Gegenstand der Ethik, oder besser gesagt, ihr Gegenstandsbereich, ist die Moral. In der Ethik haben wir es mit der Moral zu tun. Doch was ist Moral? Moral ist ein, auf einen bestimmten Personenkreis bezogenes System von Werten und Verhaltensnormen (man spricht deshalb auch von Moralsystemen), die von den betreffenden Personen als verbindlich angesehen werden, aufgrund derer sie zwischen gut und böse unterscheiden und versuchen, moralisch richtig zu handeln. Auf diese Weise ist Moral, als praktisches Instrument der Lebensführung, in unsere Alltagswelt eingebettet. Sie dient uns zur Regulierung des Handelns, und zwar im Hinblick auf die Befriedigung der Eigeninteressen des Einzelnen. Diese Regulierung wird notwendig, wenn Menschen in Gemeinschaften leben, denn in einer Gemeinschaft, muss die Befriedigung der Eigeninteressen und das Wohl aller in eine Balance gebracht werden, so ein ernsthaftes Interesse daran besteht, die betreffende Gemeinschaft aufrechtzuerhalten. Es ist daher notwendig, die Befriedigung der Eigeninteressen des Einzelnen in mancher Hinsicht zu limitieren. In welcher Hinsicht, darin unterscheiden sich die verschiedenen Moralsysteme und diese Frage reicht bereits weit in die Ethik hinein. Der Zweck der Ethik liegt nun dementsprechend darin, moralische Systeme auf Funktion, Sinnhaftigkeit, Begründbarkeit, Wahrheit und Bedeutungsgehalt hin zu untersuchen. Eine wichtige Aufgabe, denn wir halten uns an (moralische) Konventionen gemeinhin nur solange, solange sie uns wahr oder sinnvoll oder begründet oder bedeutsam erscheinen. Die Ethik ist in diesem Sinne eine »Theorie der Moral«. Eine theoretische Disziplin, die moralische Phänomene, moralische Fragestellungen, moralische Anschauungen und moralische Einstellungen zum Gegenstand ihrer Untersuchungen macht. Doch nicht nur das: Die Ethik ist eine Disziplin, die entlang der Beschäftigung mit der Moral sogenannte ›Moraltheorien‹ hervorbringt; das sind ideale Systeme, vermittelst derer man versucht, die Fehler etablierter Moralsysteme zu beheben. Man denke etwa an die Nikomachische Ethik des Aristoteles, den Eudämonismus der Stoiker, den Hedonismus der Epikureer, an die Ethik in geometrischer Form bei Baruch Spinoza, an Immanuel Kants berühmte Kritik der praktischen Vernunft‹ oder an John Rawls ›Theorie der Gerechtigkeit‹, um nur einige zu nennen. Diese Systeme geben uns (vermeintlich) Prinzipien an die Hand, die es uns ermöglichen sollen in jedem Fall zwischen gut und böse zu unterscheiden und moralisch richtig zu handeln.

      Die Ethik umfasst drei Teildisziplinen: die Präskriptive Ethik (auch Normative Ethik), die Metaethik und die Angewandte Ethik.

      Die Präskriptive Ethik oder auch Normative Ethik befasst sich einerseits mit der Frage, welche Handlungen (bzw. Handlungstypen) moralisch erlaubt, welche geboten und welche verboten sind, andererseits mit der Frage, was moralisch gut (bzw. wertvoll) oder schlecht (bzw. nicht wertvoll) ist. Theorien, die eine Antwort auf die erstgenannte Frage geben, werden ›Theorien des richtigen Handelns oder Normtheorien‹ genannt. Theorien, die eine Antwort auf die zweitgenannte Frage geben, werden ›Werttheorien‹ genannt. Die präskriptive Ethik ist als philosophische Disziplin sowohl von der Deskriptiven Ethik als auch von der Theologischen Ethik zu unterscheiden. Die Deskriptive Ethik ist eine Disziplin, die in historischer oder auch systematischer Absicht unterschiedliche Moralauffassungen, etwa von Einzelpersonen und Personengruppen, von Religionen oder Weltanschauungen, beschreibt und ihr Zustandekommen zu erklären sucht. In der philosophischen Ethik geht es demgegenüber nicht um die Beschreibung und Erklärung, sondern um die kritische Auseinandersetzung mit solchen Moralauffassungen und deren Problemen und um die konkrete Beantwortung der Frage, was es denn – unabhängig von der Meinung einzelner Personen oder Personengruppen, Religionen und Weltanschauungen – heißt, moralisch richtig zu handeln. Ein ähnliches Ziel hat auch die Theologische Ethik oder Moraltheologie. Während diese aber bei der Begründung und Rechtfertigung ethischer Sätze auf spezifisch theologische Prämissen zurückgreift, versucht die Philosophie ethische Sätze ohne Rückgriff auf theologische Prämissen zu begründen.

      Die Metaethik befasst sich mit der sehr grundsätzlichen Frage nach der Bedeutung, Funktion und Wahrheit ethischer Sätze, wie sie in präskriptiv-ethischen Theorien bzw. Moraltheorien vorkommen, sowie mit der Frage nach ihrer Begründbarkeit und Überprüfbarkeit. Der Gegenstandsbereich der Metaethik ist also die Ethik selbst.

      Und endlich ist die Angewandte Ethik (oder auch Praktische Ethik) jene Teildisziplin der Ethik, die präskriptiv-ethische Theorien und Prinzipien auf konkrete Problemfälle und moralische Konfliktsituationen anwendet, und zwar in verschiedenen Bereichen des Alltags, etwa in der Medizin, der Wissenschaft, der Technik, der Wirtschaft oder der Politik. In diesem Sinne lassen sich verschiedene Bereiche der Angewandten Ethik wie Medizinethik, Wissenschaftsethik, Technikethik, Wirtschaftsethik, Politikethik, Bioethik, Tierethik usw. unterscheiden.

      1.5 Spezielle Disziplinen der Philosophie

      Neben den soeben besprochenen vier Kerndisziplinen gibt es eine Vielzahl spezieller Disziplinen der Philosophie wie etwa die Geschichte der Philosophie – die uns in Kapitel 2 begegnen wird – die Ästhetik, die Philosophische Anthropologie, die Rechtsphilosophie und die Sozialphilosophie, aber auch Disziplinen, die sich mit den philosophischen Aspekten verschiedener Einzelwissenschaften befassen, wie etwa die Philosophie der Mathematik, die Philosophie der Physik, die Philosophie der Biologie usw. usf. Die Entwicklung dieser Spezialdisziplinen hängt einerseits damit zusammen, dass ja alles Gegenstand philosophischer Betrachtung sein kann, andererseits aber auch damit, dass die Philosophie gefordert ist, auf die rasche Entwicklung der Einzelwissenschaften durch philosophische Reflexion Bezug zu nehmen. Das ist durchaus von Bedeutung, will die Philosophie ihrer Reduktion auf eine bloß historisch-hermeneutische Geisteswissenschaft entgegenwirken und sich im akademisch-wissenschaftlichen Betrieb als ernst zu nehmendes Fach re-etablieren. Das gilt freilich nicht nur für die Spezialdisziplinen, СКАЧАТЬ