Kornblumenjahre. Eva-Maria Bast
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Название: Kornblumenjahre

Автор: Eva-Maria Bast

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

Серия:

isbn: 9783839246641

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СКАЧАТЬ bin ich … ich bin aus freien Stücken gegangen.«

      Er brauchte nichts mehr hinzuzufügen. Hannes Meinchen begriff auch so, dass Siegfried nach der Rückkehr des Schwagers nicht hatte bleiben wollen, weil er sich dann wie ein Bittsteller vorgekommen wäre.

      Meinchen nickte. »Männer wie Sie kann ich in meinem Hotel gut gebrauchen«, sagte er. »Ich suche einen Geschäftsführer.«

      »Meinen Sie das ernst?« Siegfried dachte an Luise. Wenn das wahr würde, dann könnte sie endlich einmal wieder stolz auf ihn sein. Auf ihn, ihren Mann.

      »Aber natürlich meine ich das ernst. Männer wie Sie sind viel zu wichtig, als dass sie ihre Kraft in Produktionshallen vergeuden dürften.« Meinchen schnaubte. »So schnell wie möglich fangen Sie bei mir an«, bestimmte er.

      Siegfried strahlte. In seinem Glück merkte er nicht einmal, dass er gar nicht gefragt worden war.

      »Noch was«, sagte Meinchen.

      »Ja?«

      »Wir müssen dafür sorgen, dass die Franzosen verschwinden. Auch dafür brauchen wir Männer wie Sie.«

      »Ich werde weiterkämpfen«, versprach Siegfried entschlossen.

      »Gut«, befand Meinchen. »Es gibt viel zu tun. Denn leider denken nicht alle so wie Sie. Es gibt Spitzel, die mit den Franzosen gemeinsame Sache machen. Und die müssen wir finden.«

      Als Fritz Thyssen am 20. Januar verhaftet wurde, weil er sich der Anordnung widersetzte, der französischen Besatzungsbehörde Kohle zu liefern, war Siegfried schon wieder auf freiem Fuß. Es war der Tag, an dem er kündigen wollte. Er saß gerade bei Meinchen in dessen feinem Büro, als sie von der Verhaftung erfuhren. »Ich kann jetzt nicht kündigen«, sagte Siegfried. »Es würde wie ein Verrat wirken. Sie würden denken, ich sei aufseiten der Franzosen. Ich muss doch zu ihnen stehen.«

      Meinchen sah ihn aufmerksam an und tippte mit seinem Füllfederhalter ungeduldig auf das Blatt Papier, das vor ihm lag. Tinte spritzte und hinterließ hässliche schwarze Flecken auf dem Dokument. Meinchen bemerkte es nicht, er hatte Siegfried fest im Visier. »Sie sind ein kluger Mann, Seiler, das hat mir schon von Anfang an an Ihnen gefallen. Und Sie haben recht, Sie können nicht kündigen. Sie bleiben dort. Und beobachten Ihre Leute. Wir müssen die undichten Stellen finden. Sie haben eine äußerst wichtige Rolle inne, Seiler.«

      Obwohl er es selbst vorgeschlagen hatte, fühlte Siegfried Enttäuschung in sich aufsteigen. Er hatte Luise schon von seinem neuen Posten erzählt. Und auch davon, dass sie in eine neue Wohnung umziehen würden. Er hatte das Leuchten der Bewunderung in ihren Augen gesehen. Und nun sollte er ihr sagen müssen, dass er doch ein einfacher Arbeiter blieb?

      Meinchen ahnte, was der Grund für die finstere Miene des anderen war. »Das Stellenangebot steht«, beruhigte er. »Und in die neue Wohnung können Sie gleich einziehen. Ich muss Sie nur bitten, das unauffällig zu tun und mit niemandem darüber zu sprechen. Wir müssen alles vermeiden, was Verdacht erregt. Die Sache ist zu wichtig, als dass wir irgendetwas riskieren könnten.«

      »Selbstverständlich«, versicherte Siegfried erleichtert.

      »Gut.« Endlich bemerkte Meinchen das Gekleckse auf seinem Blatt und legte den Füllfederhalter mit einer verärgerten Bewegung rasch beiseite.

      »Sie begreifen doch, dass der Posten, den Sie bekleiden, im Moment viel wichtiger ist als der des Geschäftsführers? So dringend ich Sie hier sofort brauchen könnte?«

      Siegfried nickte.

      »Gut«, wiederholte Meinchen. »Dann lassen Sie uns ans Werk gehen.«

      7. Kapitel

      Überlingen, Bodensee, 20. Januar 1923

      Die Wellen des Franzosenhasses schlugen hoch, nicht nur im Ruhrgebiet. Die Flaggen standen im ganzen Reich auf Halbmast, der Protest war lang schon zu einem nationalen Anliegen geworden.

      Am 13. Januar hatte die Reichsregierung im Reichstag den passiven Widerstand verkündet. Alle Reparationsleistungen an Frankreich und Belgien wurden eingestellt, und die deutschen Behörden und Zechenbesitzer erhielten strikte Anweisung, den Besatzungsmächten jegliche Zusammenarbeit und Unterstützung zu verweigern. Die Folge: Die komplette Industrie lag brach. Wieder und wieder kam es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Franzosen und Deutschen. »Gestern sollen die Franzosen auch in Bochum eingerückt sein. Aber die haben’s ihnen gezeigt!«, verkündete Elsa Kleinschmitt beim wöchentlichen Nähkränzchen im Alten Schulhaus, während sie mit der ihr eigenen Vehemenz auf das zu bestickende Deckchen einstach, das auf ihren Knien lag. »Das haben die sich nicht gefallen lassen, die Bochumer. Sie haben gesungen: Siegreich wollen wir Frankreich schlagen. Jawohl!« Zufrieden biss sie ein Stück Faden ab, eine Geste, mit der sie das Gesagte zu bekräftigen pflegte. Doch es war weniger diese altbekannte Geste als vielmehr Elsas Aussage, die Johanna reizte.

      »Ich finde dieses Siegeslied viel unbedeutender als die Tatsache, dass ein 17-jähriger Schüler ums Leben kam, als die Franzosen in die Menge schossen«, wendete sie ein.

      »Ja«, ließ sich Johannas Mutter Helene vernehmen und fügte mit einem spitzen Blick auf ihre Schwester Sophie betont laut hinzu: »Und von Luise höre ich, dass sie in Essen einer jungen Frau die Haare abgeschnitten haben. Sie ist selbst schuld, mit zwei Franzosen soll sie im Kino gesehen worden sein.«

      Sophie warf ihr einen bösen Blick zu, pfefferte ihr Nähzeug in den Korb und verließ das Zimmer. »Also Mutter, wirklich«, sagte Johanna gereizt. »Kaum bist du mal zu Besuch, machst du Ärger. Musste das sein?« Sie legte ihr Nähzeug ebenfalls in den Korb und folgte ihrer Tante.

      Elsa hatte die Auseinandersetzung mit großem Interesse verfolgt. »Was war denn das?«, fragte sie voll lüsterner Neugierde.

      Helene seufzte, als sie die Nadel in den brüchigen Stoff steckte. Sie genoss es, die Wissende zu sein, diejenige, die Neugier befriedigen durfte. Sie hielt keine Stickerei in der Hand, sondern änderte alte Kleidungsstücke. Daraus ein Kleid nach der neuesten Mode zu machen, war schier unmöglich. Man trug jetzt zweckmäßige Kleidung aus robusten und haltbaren Stoffen. Der Krieg hatte seinen Tribut gefordert, die Reparationszahlungen ließen, auch wenn sie jetzt auf Anweisung der Regierung eingestellt waren, nicht viel Raum für feines Material. Aber Helene dachte an die Kleider, die in ihren Modezeitschriften abgebildet waren, die die Frauen wenigstens träumen ließen, wenn die Realität sie ihnen schon aberkannte. Wunderbar bestickte Seidenroben in den herrlichsten Farben. Diamantcolliers und – wie mondän, wie verwerflich – tiefrot geschminkte Lippen. Dieserart würde sich Helene freilich nie herausputzen. Sie wusste schließlich, was sich gehörte.

      Helene verachtete diese neue Frau – sie fand sie ungehörig. Aber gleichzeitig und ganz heimlich träumte sie davon, auch einmal so verrucht zu sein. Und vor allem: sich so etwas leisten zu können, so wie früher. Bevor ihnen der Krieg alles genommen hatte. Bevor diese schreckliche Inflation eingesetzt und das Wenige, was ihnen noch geblieben war, auch noch zerstört hatte. Justus, ihr Gatte, verdiente zwar im Vergleich zu anderen Männern nicht schlecht mit seiner Textilfabrik – und vor allem war er nicht arbeitslos wie so viele andere –, aber zu großem Wohlstand reichte es keineswegs. Im Gegenteil. Wenn er Geld nach Hause brachte, musste das Mädchen sofort einkaufen gehen, denn wenig später war die Mark schon wieder so weit entwertet, dass sie nichts mehr dafür bekamen. Und davon, so wie früher, in seiner Firma schöne Stoffe und Kleider zu produzieren, war Justus auch weit entfernt.

      »Ich muss schon sagen, meine Liebe«, riss СКАЧАТЬ