Sex and Crime. Klaus Püschel
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Название: Sex and Crime

Автор: Klaus Püschel

Издательство: Bookwire

Жанр: Юриспруденция, право

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isbn: 9783831910434

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СКАЧАТЬ weiterer wichtiger Grund, sich gleich zumindest in medizinische Obhut zu begeben, ist auch die eigene Gesundheit: Die Opfer eines sexuellen Missbrauchs könnten ohne eine weitergehende ärztliche Untersuchung ihre Gesundheit gefährden. Sie können nicht sicher sein, ob ihr Vergewaltiger vielleicht eine ansteckende Krankheit hatte, womöglich Aids. Dies auszuschließen beziehungsweise Vorsorge zu treffen, kann ein wichtiger Schritt sein, um das Trauma des sexuellen Übergriffs besser verarbeiten zu können. Und besonders wichtig für eine Verurteilung: Bei einer rechtsmedizinischen und gynäkologischen Untersuchung kann es möglich sein, Täter-DNA zu sichern und auf diese Weise mitzuhelfen, den Peiniger zu überführen. Damit er seine gerechte Strafe bekommt und keine weiteren Opfer suchen kann, die als Nächste traumatisiert werden.

      Andreas A., der Mann, der zum Serienvergewaltiger wurde, hat sich über die Qualen seiner Opfer keine Gedanken gemacht. Die wenigsten Täter tun das, es geht ihnen ausschließlich um ihre eigenen Bedürfnisse: um Sex und wohl auch um Macht. Aber Andreas A. ist Arzt. Er hat bei seiner Ausbildung einen Eid darauf geleistet, niemandem zu schaden: „Nihil nocere“. Diesen Schwur hat der Mediziner, als er maskiert über Frauen herfiel, in unfassbarer Weise ad absurdum geführt.

      Ein Opfer sagt im Prozess über den Täter: „Er ist in meine Wohnung eingedrungen und hat mich vergewaltigt. Wenn ich in meiner Wohnung nicht sicher sein kann, kann ich mich auf den Mond schießen lassen.“ Man kann diesen Satz auch so verstehen: Es gibt nirgendwo auf der Welt mehr einen Platz, an dem ich mich geschützt und geborgen fühle. Eine andere Frau, die von dem Arzt missbraucht worden ist, sagt: „Ich habe den Eindruck, dass er das Ausmaß, das er angerichtet hat, überhaupt nicht begriffen hat.“

      Worauf es ihm ankommt, ist, seine Phantasien auszuleben, die ihn seit seiner Pubertät begleiten. Schon als Jugendlicher beginnt der Hamburger, Mädchen und Frauen heimlich beim Entkleiden zu beobachten. Im Schutz der Dunkelheit späht er durch die Fensterscheiben in Wohn- und Schlafzimmer, manchmal stundenlang. Als er mit Anfang zwanzig seine spätere Frau kennenlernt, hört er für eine Weile mit dem Spannen auf. Doch seit sie mit dem ersten Kind schwanger ist, verspürt er wieder den Drang, heimlich fremde Frauen zu beobachten. Dass er immer wieder abends und nachts unterwegs ist, begründet er seiner Partnerin gegenüber mit seinen Dienstzeiten in dem Hamburger Krankenhaus, in dem er mittlerweile als Arzt arbeitet; oder er sagt, er wolle joggen. Stattdessen ist er auf der Pirsch. Stundenlang klebt er an Fensterscheiben. Aber das allein reicht ihm inzwischen nicht mehr. Er möchte die Frauen vor sich haben, ohne dass ihm Glas im Weg ist.

      Zu Beginn des Jahres 1990 besorgt sich Andreas A. aus einer Klinik eine Flasche Chloroform, die er nun ständig in seinem Wagen bei sich hat. Er will die Frauen in ihren Wohnungen betäuben. Der Mediziner weiß, dass Chloroform zu Brechreiz führen kann und auf der Gesichtshaut ätzend wirkt. Auch kann es zu einer Reizung der Augen führen. Zudem ist ihm bewusst, dass das Narkotikum Atemstillstand und ein Aussetzen des Herzschlags bewirken kann. Es sind dies seltene Nebenwirkungen, aber sie kommen vor. Ob Andreas A. solche Komplikationen im Zweifelsfall beherrschen würde?

      Doch darüber macht sich der Arzt keine Gedanken. Die Dunkelheit ist weiter seine Verbündete. Das Beuteschema von Andreas A. ist einfach gestrickt: Die Opfer müssen weiblich sein, jung — und in einer Erdgeschosswohnung oder in einem Haus mit Garten leben. Ein Ort also, der leicht einsehbar und für ihn ohne großen Aufwand zugänglich ist. Er ist ein sportlicher Typ und geschickt. Ein nicht vollständig verschlossenes Oberlicht oder ein auf Kipp stehendes Badezimmerfenster reichem ihm, um in das Zuhause seiner Opfer einzudringen.

      Das erste Verbrechen begeht er Ende März 1990. Danach schlägt er wieder zu. Und wieder. Zunächst vergehen zwei Monate bis zur nächsten Tat, dann mehrere Wochen. Zu den letzten drei Überfällen kommt es innerhalb einer einzigen Oktoberwoche.

      Im November wird der Täter gefasst und in Haft genommen. Kommissar Zufall kommt zu Hilfe. Offensichtlich hat er sich zu sicher gefühlt und ist leichtsinnig geworden. Sein Fehler: Er lungert vor einer Wohnung herum, in der er sich Monate zuvor schon ein Opfer gesucht hat, und wird wiedererkannt.

      Die Verbrechen sind jeweils ähnlich abgelaufen. Über Stunden beobachtet Andreas A. jede Bewegung einer Frau in deren Wohnung. Wenn sie ins Bett geht und das Licht löscht, holt der Mediziner das Chloroform und mehrere Kordeln aus seinem Wagen. Heimlich dringt er durch das Fenster, das nicht vollständig verschlossen ist, in das Zimmer ein und geht an ihr Bett. Als das Opfer wach wird und den fremden Mann sieht, der eine Kapuze tief ins Gesicht gezogen hat und zusätzlich mit einem Halstuch maskiert ist, schreckt die Frau auf. Vor Angst und Entsetzen versucht sie zu schreien. Doch der Verbrecher weiß, wie er sie zum Schweigen bringen und ihren Widerstand lähmen kann. „Ich habe ein Messer dabei“, raunt er dem Opfer zu. Sie kann nicht wissen, dass das gar nicht stimmt. Er hat kein Messer dabei. Seine beste Waffe ist die Angst der Überfallenen. Und er hat auch noch das Chloroform und seine Fesseln.

      Die Frau ist ihm ausgeliefert. Er fordert sie auf, ihn nicht anzusehen und sich bäuchlings auf ihr Bett zu legen. Aus Angst tut sie, was er sagt. Als Nächstes fesselt der Arzt seinem Opfer die Hände auf dem Rücken und hält ihm ein mit dem Narkotikum getränktes Tuch vor Mund und Nase. Die Frau versucht, sich zu wehren, wirft ihren Kopf hin und her. Doch er hält sie fest, bis das Chloroform wirkt und ihr Bewusstsein schwindet. In dem sicheren Gefühl, dass sie nun nichts mehr mitbekommt, zieht er die Maskierung von seinem Gesicht und vergeht sich an ihr. Dann löst er ihre Fesseln und verschwindet. Die Kordel lässt er zurück, ebenso wie sein gebrauchtes Präservativ. Eigentlich ein gravierender Fehler, aber der Vergewaltiger wähnt sich sicher, dass man ihn nicht identifizieren wird. In der Wohnung bleiben auch sein Geruch und der des Chloroforms zurück – und die Angst, die sich in das Leben des Opfers verbeißt. Sie lässt sich nicht mehr abschütteln, für sehr lange Zeit nicht.

      Eines der Opfer hat besonders unter den Misshandlungen des Serientäters zu leiden. Die 31-Jährige hat versucht, sich seinem Griff zu entwinden und dem Chloroformtuch zu entkommen. Obwohl der Verbrecher es ihr schließlich doch für einen Moment auf das Gesicht drücken kann, hält sie die Luft an und bleibt bei Bewusstsein. Als der Vergewaltiger seine Bemühungen, sie zu betäuben und zu fesseln, beendet, schlägt er auf die Frau ein. Er trifft sie hart am Kopf. Außerdem beginnt er, sie zu würgen. Für einen Moment kann sie nicht atmen. Sie verharrt in Schmerzen und Angst. Als der Täter die Hände von ihrem Hals löst, beginnt sie laut zu schreien. Sie rennt nackt nach draußen, wo sich ein Nachbar um sie kümmert. Der maskierte Mann flieht.

      Die Polizei fahndet mit Hochdruck nach dem Serientäter. Gegenden, wo er zugeschlagen hat, werden observiert. Doch der Vergewaltiger hat sich nicht auf einen Stadtteil beschränkt, er hat offenbar einen großen Radius. Dass er schließlich gefasst wird, ist einem glücklichen Zufall zu verdanken – und der Chuzpe des Verbrechers.

      Als er sich erneut vor dem Haus einer 26-Jährigen aufhält, die er Monate zuvor überfallen hat, erkennt ihn die Frau und verständigt die Polizei. Sie ist das einzige seiner Opfer, die den Täter unmaskiert gesehen hat. Im Unterschied zu den anderen Frauen hat sie durch das Chloroform nicht vollständig das Bewusstsein verloren, sondern ist in eine Art Trance gefallen.

      Bei seiner Festnahme hat Andreas A. eine Chloroformflasche dabei und acht Stilleinlagen für einen BH. Die hat er mit Chloroform getränkt, um sie seinem nächsten Opfer vor Mund und Nase zu halten. Bei einer Wohnungsdurchsuchung wird später auch eine Plastiktüte mit einer Kordel darin sichergestellt.

      Keine der Frauen, die der 32-Jährige überfallen und missbraucht hat, kann problemlos in ihrer Wohnung bleiben. Nicht, nachdem ein brutaler Verbrecher den bis dahin sicher schützenden Raum entweiht, benutzt und beschmutzt hat. Eine 26-Jährige zieht für sechs Monate zu ihren Eltern. Sie leidet auch dort unter Schlafstörungen. Als sie schließlich allmählich wieder anfängt, in ihrer Wohnung zu übernachten, kann sie die Dunkelheit nicht ertragen. Sie muss nachts das Licht angeschaltet lassen. Eine andere Frau bekommt nach der Tat Asthmaanfälle. Sie zieht aus ihrer Wohnung aus und geht nicht mehr allein auf die Straße. Ein Opfer СКАЧАТЬ