Das Asam Vermächtnis. Rüdiger Woog
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Читать онлайн книгу Das Asam Vermächtnis - Rüdiger Woog страница 7

Название: Das Asam Vermächtnis

Автор: Rüdiger Woog

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783969177112

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СКАЧАТЬ sollte denn das nun wieder? Leo hasste es, wie sie bei Ihnen da unten sagte, und fragte sich ganz nebenbei, wieso denn aus Landshuter Sicht Kelheim unten sei.

      »Aber da gibt es noch etwas anderes«, fuhr sie fort. Wieder wartete Leo ab, ohne Hoffmann-Bühl zu antworten.

      »Frau Gräber möchte mit Ihnen sprechen.«

      »Mit mir? Aber wieso das denn?«, entfuhr es Leo.

      »Das weiß ich nicht, Cherr Kollege. «

      Beim nächsten Cherr Kollege würde er durchs Telefon springen, schwor sich Leo.

      »Aber sie bestand darauf, mit Ihnen sprechen zu dürfen. Ich vermute mal, sie möchte auch wissen, was Sie und ihr Mann in aller Cherrgottsfrüh im Kloster Weltenburg zu schaffen chatten.«

      »Das verstehe ich natürlich. Ich möchte mich aber in keinster Weise in Ihre Ermittlungen einmischen, Frau Kollegin«, sagte Dietz genüsslich.

      »Deswegen chabe ich Sie angerufen. Chierbei – und nur chierbei – chaben Sie grünes Licht. Ihren Bericht können Sie mir gerne per E-Mail zusenden. Guten Abend.«

      Und weg war sie.

      »Meinen was? Meinen Bericht?«, rief Leo laut und hätte am liebsten sein Handy an die mintgrüne Wand geworfen.

      »Bin ich jetzt vom Mordverdächtigen zu ihrem Assistenten aufgestiegen, oder was?«

      Er wandte sich an Adnan.

      »Adi, bitte sag mir, dass hier irgendwo eine versteckte Kamera ist und sich jemand mit ganz, ganz komischem Humor eine Schmierenkomödie ausgedacht hat und mir diesen Dolores Umbridge-Verschnitt auf den Hals geschickt hat!«

      Aber Adi zuckte nur verständnisvoll lächelnd mit den Schultern und sagte »Lass dich doch von der Landshuterin gehörig am … apropos Komödie – wollte da nicht jemand sich noch in Schale schmeißen und dem Theaterspektakel des Jahrhunderts beiwohnen?«

      »Oh scheiße, nicht schon wieder zu spät!«, rief Leo, sprang auf, boxte seinem Partner zum Abschied gegen die Schulter und rannte ins Treppenhaus.

      Anna trug ein kurzes, hellblaues Kleid mit einem weißen Tuffschal und hohen, weißen Schuhen. Sie sah darin zum Anbeißen aus. Leo hatte sich extra passend zu Annas Kleid einen dunkelblauen Anzug und eine hellblaue Krawatte gekauft. Als er zu Hause in den Spiegel sah, fand er sich recht passabel, um ganz ehrlich zu sein, sogar ziemlich attraktiv. Wenn er sich so mit anderen Männern auf der Zielgeraden in die Fünfzig verglich, konnte er sich eigentlich nicht beklagen. Auch seine Fitness war mehr als passabel, er fühlte sich sogar besser in Form als in seinen Dreißigern.

      Michaela war schon lange von der Mutter einer ebenfalls mitwirkenden Klassenkameradin abgeholt worden, sodass das Paar Dietz/Stadler alleine mit Annas schwarzem Sportflitzer an der Turnhalle mit der kleinen Theaterbühne vorfuhr und nach dem einen oder anderen Plausch mit bekannten Eltern und Lehrern in der dritten Reihe Platz nahm, um Hand in Hand freudig darauf zu warten, dass sich der Vorhang hob.

      Das Stück war als krönender Abschluss eines klassenübergreifenden Projekts ein mit viel Liebe und Mühe arrangiertes Plädoyer für das soziale Miteinander und mehr Empathie in der modernen Multikultigesellschaft. Als Schauspieler traten aber nur die Viertklässler auf. Somit kam der Aufführung ein gewisser vorweggenommener Abschiedscharakter zu, denn mit Michaela sollten noch viele andere Schüler diesen Herbst auf weiterführende Schulen wechseln.

      Den zentralen Schauplatz des Stücks stellte ein kleiner Kramerladen vor, dessen Inhaberin von Michaela gespielt wurde. Die Pointe bestand darin, dass die Kunden, je nachdem, mit wem sie gerade zusammentrafen, im Gespräch über Gott und die Welt ihre Meinung wie die Hemden wechselten und so ständig ihr Fähnchen nach dem Wind hängten. Ein Klassenkamerad, dessen Name Leo nicht kannte, gab einen Asylbewerber, der als Aushilfe in dem kleinen Kramerladen arbeitete und mit seinen ehrlichen, naiven Fragen an die Chefin über das Verhalten ihrer Kundschaft die Doppelmoral der Menschen aufdeckte und auch dem Publikum einen Spiegel vorhielt. Der Junge war wirklich gut und bekam viel Szenenapplaus, wobei Leo immer wieder um sich sah und sich fragte, wie viele der laut klatschenden Moralapostel im Publikum bei der letzten Wahl ihr Kreuzchen heimlich bei den Rechtsextremen gemacht hatten.

      Aber auch Michaela verkörperte ihre Rolle als Tante Emma mit Schürze und grau gepudertem Dutt mit Bravour. Nur einmal verhaspelte sie sich im Text, aber das schien außer Anna niemandem sonst aufzufallen. Leo indessen war vor Stolz kurz vorm Platzen. Seine Augen ruhten auf der kleinen Michaela, oder Lela, wie sie sich als Kleinkind immer selbst genannt hatte, da sie ihren kompletten Namen noch nicht aussprechen konnte, und plötzlich bekam er, wie aus heiterem Himmel, Angst – nein, es war mehr als Angst, er hatte eine regelrechte Panikattacke. Erst fühlte er einen kleinen Schauer im Nacken, dann spürte er, wie sein Atem schneller und schneller ging und sein Herz zu rasen anfing. Anna sah ihn erschrocken an und flüsterte ihm zu »Geht es dir nicht gut, Leo? Du bist kreidebleich.«

      Leo spürte den kalten Schweiß auf der Stirn und fühlte sich elendig.

      »Alles gut, Schatz«, flüsterte er zurück, »hier ist es nur ein bisschen stickig und ich habe außer literweise Kaffee seit dem Frühstück noch nichts im Bauch.«

      Er machte den obersten Hemdknopf auf und lockerte seine Krawatte.

      Es war Anna deutlich anzusehen, dass sie sich mit dem leeren Bauch nicht zufrieden gab, aber sie drückte Leos Hand ein wenig fester, schob ihr Bein etwas enger an seines und versuchte, sich wieder auf das Geschehen auf der Bühne zu konzentrieren.

      Nach endlosen Augenblicken der Hilfslosigkeit und einem kalten Gefühl des absoluten Ausgeliefertseins beruhigte sich Leo langsam wieder und versuchte, sich alles mit dem Stress der letzten Tage und seinem übertriebenen Kaffeekonsum zurechtzulegen.

      Als die kleine Familie schließlich zu Hause war, drehte sich natürlich alles um die kleine Schauspielerin, die sich nach ihrem großen Erfolg zu Mama und Papa ins Bett kuscheln durfte; und auch in den darauffolgenden Tagen gab es keine Gelegenheit, den kleinen Vorfall zu besprechen. Also schlich sich wieder der gewohnte Alltag ein. Eine Zeitlang nahm alles seinen gewohnten Gang wie eh und je – eine Zeitlang.

      6

      Der Cubus aus Glas, Stahl und verwittertem Lärchenholz in der Regensburger Galgenbergstraße war schnell gefunden. Auch das Plexiglasschild mit der dunkelroten Aufschrift archotec war nicht zu übersehen. Leo erkannte durch die knauflose Glastür in der schlanken blonden Frau, die ihm in engem, schwarzem Rollkragenpullover und weiter, schwarzer Marlene Dietrich-Hose die Tür öffnete, sogleich Katja Gräber. Sie war immer noch außergewöhnlich attraktiv. Vielleicht hatte inzwischen ihre Haut einen reiferen Teint bekommen und auch das blonde, lockige Haar musste mittlerweile wohl nachgefärbt sein, aber abgesehen davon hatte es die Zeit mehr als gut mit ihr gemeint und Leo glaubte fast, die siebzehnjährige Weißbierkönigin von einst vor sich stehen zu sehen. Ihre blauen Augen wirkten wie damals irgendwie feucht, als hätte sie gerade eben erst geweint. Sie waren nicht gerötet, aber eben wässrig, wie von Tränen gefüllt, die aus irgendeinem Grund nicht fließen konnten oder durften.

      »Leo, grüß dich, komm doch rein«, empfing die alterslose Frau den Kommissar mit derselben samtigen Stimme wie vor dreißig Jahren.

      Katja Gräber ging zielstrebig auf ein kleines Büro mit futuristischen Möbeln aus schwarzem Stahl und schwerem Eichenholz zu. Aber Leo blieb noch im Gang stehen.

      »Katja, lass mich dir mein Beileid СКАЧАТЬ