Das Asam Vermächtnis. Rüdiger Woog
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Читать онлайн книгу Das Asam Vermächtnis - Rüdiger Woog страница 4

Название: Das Asam Vermächtnis

Автор: Rüdiger Woog

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783969177112

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СКАЧАТЬ einmal Samariter, immer Samariter, dachte sich der Kommissar und öffnete die Tür zum mintgrünen Polizeipräsidium, das mit kiloweise Akten und immer noch über hundertzwanzig E-Mails aus seinem Osterurlaub auf ihn wartete.

      3

      Obwohl das Frühstück in der kleinen Weltenburger Ferienpension ganz ausgezeichnet war, machte sich das dänische Rentnerpaar aus der Nähe von Apenrade schon bei Sonnenaufgang auf in Richtung des ältesten Klosters Bayerns. Sören wollte es sich nicht entgehen lassen, den Sonnenaufgang in der Kirche zu erleben. Denn, wie er, als pensionierter Architekt und großer Verehrer des Barockmeisters Cosmas Damian Asam, aus der Literatur wusste, war es ein beispielloses Spektakel, wenn hinter dem gen Osten ausgerichteten Hochaltar mit der Reiterstatue des heiligen Georg, der gerade im Begriff war, einen Lindwurm zu töten, die Sonne aufging. Durch geschickt versteckte Fenster wurde dann der Altarraum mit rötlich goldenem Licht durchflutet und von überirdischer, auf die Herrlichkeit des Paradieses vorausweisender Transzendenz erfüllt. Dies galt es fotografisch festzuhalten.

      Inge hatte schon um fünf Uhr morgens Stullen geschmiert und die Rucksäcke mit den Teleskopwanderstöcken gepackt. Sie wollten unbedingt die Allerersten sein, die an diesem Freitagmorgen die weltberühmte Benediktinerklosterkirche betraten.

      Noch lag die Dunkelheit über dem Donaudurchbruch, aber sie schwebte nur noch über dem Wasser, ganz leicht, wie ein Nebeldunst, den schon das erste Vogelgezwitscher des Tages gänzlich auflösen würde. Sören und Inge bestaunten schweigend die Felswände zu ihrer Rechten und schickten ihre Gedanken dem Fluss zu ihrer Linken mit. Nach wenigen Gehminuten durchschritten sie den Torbogen des Klosters. Im Klosterhof befand sich ein Biergarten, der sich in circa drei Stunden bis auf den letzten Platz mit Schiffsausflüglern, Mountainbikern oder Wanderern wie ihnen füllen würde und in dem man sich schon früh am Morgen eine deftige Brotzeit oder ein süffiges Dunkelbier gönnte.

      Ein wenig nervös war Sören schon, als er die schwere Eichenpforte aufschob und Inge, als Gentleman der alten Schule, den Vortritt ließ. Er hatte seine Spiegelreflexkamera bereits im Anschlag, wie ein Jäger seine Flinte.

      Plötzlich stieß seine Inge einen spitzen Schrei aus und hielt sich die zitternden Hände vor den Mund. In der Eingangshalle lag eine reglose Gestalt. Sören hielt seine Kamera darüber und löste einen Serienblitz aus, um besser sehen zu können. In diesem hellblauen Sekundengewitter sah das alte Paar mit vor Entsetzen und Lichtschock geweiteten Augen, dass es sich um einen schlaksigen Mann mit Glatze um die Fünfzig handelte. Er hatte, wie der gekreuzigte Heiland, beide Arme von sich gestreckt und seine graublauen Augen waren weit aufgerissen. Der Tote war ganz in Schwarz gekleidet und in seiner Brust stak eine etwa einen Meter fünfzig bis sechzig lange, schwarze Lanze.

      Sören und Inge stürzten hinaus in den Klosterhof. Während Inge panisch an alle Türen der Gaststätte, der Brauerei und des Konvents hämmerte und Sören mit noch stärkerem Trema als gewöhnlich zweimal den falschen Entsperrungscode in das gemeinsame Smartphone tippte, um einen Notruf abzusetzen, ging hinter dem Hochalter die Sonne auf und tauchte die Apsis in rotgoldenes Licht, das sich über den goldenen Helm des heiligen Georgs, seinen Harnisch und die Lanze ergoss, um letztendlich von dem dunklen Rachen des Lindwurms verschluckt zu werden. Das rote Licht war berauschend schön und wäre wohl das spektakulärste Fotomotiv in Sörens Asam-Album geworden.

      4

      Leo war sehr früh aufgestanden und hatte schon um sieben am Schreibtisch gesessen. Er hatte die Idee, nach dem Treffen mit Tim Anna und Michaela mit warmem Leberkäse und frischen Semmeln daheim zum Mittagessen zu überraschen und erst dann wieder ins Büro nach Regensburg zurückzufahren.

      Natürlich war er wie immer spät dran und kam erst um zehn nach neun auf dem Busund Touristenparkplatz in Weltenburg an. Deshalb zog er die Polizeikarte aus dem Handschuhfach, warf sie vor sich auf das Armaturenbrett und steuerte auf das Kloster zu. Dann hielt er noch einmal kurz an und rief von der erhöhten Straße aus dem Parkwart auf seinem Campingstuhl hinunter »Polizei Regensburg. Tut mir leid. Ich bin ein bisschen spät dran …«

      Der Parkwart machte eine lässige Handbewegung.

      »Is‘ schon gut. Fahren’s nur zu. Ihre Kollegen sind eh schon da.«

      Kollegen? Wie war das denn gemeint? Zielte der Mann womöglich auf irgendwelche Touristen ab, die sich mit allerlei Ausreden die drei Euro Parkgebühr sparen wollten, und steckte ihn jetzt mit denen unter einen Hut?

      Als Leo vor dem Torbogen des Klosters ankam, den Defender links davon auf dem ausladenden Kiesbett des Donauufers abstellte und durch die hintere Pforte den Klosterhof betrat, sah er, was oder wen der Parkwart gemeint hatte.

      Im Hof standen ein Rettungswagen, ein Streifenwagen und zwei dunkle BMW mit Blaulicht und Landshuter Kennzeichen. Zwei Polizeibeamte in Uniform waren dabei, ein Absperrband um den Kircheneingang zu ziehen, und zwei weitere Leute, ein Mann in Leos Alter und ein etwas jüngerer, trugen Westen mit der Aufschrift KIT Landshut.

      Einer der Polizisten bezeigte Dietz von weitem mit einer abwehrenden Handbewegung, dass er sich fernhalten sollte. Als er das aber nicht beachtete, kam der Beamte auf ihn zu.

      »Bleiben Sie bitte zurück. Hier ist vorläufig alles gesperrt.«

      Leo zog seinen Dienstausweis aus der Jackentasche und hielt ihn dem Polizisten hin.

      »Hauptkommissar Leo Dietz, Kripo Regensburg. Was ist hier passiert?«

      Der Polizist besah sich den Ausweis genau, etwas zu genau, fand Leo, bevor er antwortete »Eine Person wurde offensichtlich getötet – in der Kirche.«

      »Was für eine Person? Und wie?«

      »Ein Mann. Er wurde vermutlich mit einem Speer… aufgespießt.«

      »Was? Mit einem Speer?«, entfuhr es dem Kommissar.

      »Mit einer Lanze, nicht mit einem Speer«, hörte Dietz dicht hinter sich eine Frauenstimme und drehte sich ruckartig um. Er hatte nicht bemerkt, wie lange die Mittdreißigerin mit den brünetten, schulterlangen Haaren und der roten Softshellkapuzenjacke schon neben ihm stand. Obwohl die Frau perfektes Deutsch sprach, erkannte Leo an ihrer Art, wie sie jedes h im Wortanlaut zu ch machte, dass sie keine gebürtige Deutsche war. Sie war offensichtlich aus dem Konventeingang herausgekommen, wo ein hochgewachsener grauhaariger Benediktinermönch mit Brille und scharf geschnittenen Gesichtszügen unbeweglich, wie aus Stein gemeißelt, verharrte und seinen Blick über den Hof schweifen ließ.

      »Eine Lanze ist länger als ein Speer. Sie wird nicht geworfen, sondern dient zum Stoßen«, ergänzte die Frau, wobei ihre blauen Augen den Blick des Kommissars fixierten.

      »Elena Choffmann-Bühl, Chauptkommissarin aus Landshut«, stellte sie sich vor und reichte Leo eine kleine Hand mit kalten Fingern.

      »Wie kommt es, dass Sie chier sind, Cherr Kollege?«, fragte sie. »Wir chaben gar keine Chilfe aus Regensburg angefordert.«

      Leo stellte sich noch einmal vor.

      »Ich bin eigentlich privat hier, oder halbprivat, wenn man so will.«

      Elena Hoffmann-Bühl hob fragend die Augenbrauen.

      »Ich wollte mich vor zwanzig Minuten mit jemandem treffen, der mich um Hilfe gebeten hat, um Hilfe als Polizist, nehme ich an. Aber wahrscheinlich wurde er von Ihren Kollegen schon mit den anderen Touris fortgeschickt, nehme ich an.«

      Die Kommissarin und СКАЧАТЬ