Название: Eigenständige Kinder – Entspannte Eltern
Автор: Damon Korb
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783868675177
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Durch modernes Neuroimaging sehen wir Live-Aufnahmen des denkenden Gehirns. Die Technologie erlaubt es Wissenschaftlern, die Sauerstoffzufuhr genau zu verfolgen, während Kinder denken (z. B. Rechnen oder Puzzle lösen). So können sie feststellen, welche Gehirnregionen bei bestimmten Arten des Denkens aktiv sind. Außerdem können elektrische Ströme durch die quantitative Elektroenzephalographie (QEEG) gemessen werden, da Nerven durch eine Spannung stimuliert werden. Beim Denken lassen sich also im Gehirn elektrische Ströme feststellen. Bei so präzisen Messmethoden stellt sich doch die Frage, warum man nicht von jedem Kind ein Neuroimaging macht, sodass man feststellen kann, ob das Kind ADHS, Autismus oder etwas anderes hat.
Die Antwort auf diese Frage ist kompliziert. Von dem geringen gesundheitlichen Risiko dieser Tests abgesehen, liegt es vor allem an der Ungenauigkeit. Diese medizinischen Tests erzielten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Buches in den meisten Fällen keine genauere Diagnose als ein guter Mediziner im Patientengespräch. Die Schwierigkeit liegt darin, dass jedes Gehirn in der Vernetzung einzigartig ist. Eine Diagnose wäre einfach, wenn jedes Gehirn gleich aufgebaut wäre und man ein Nervenbündel finden könnte, das an der falschen Stelle sitzt. Tatsächlich hat jedoch jedes Gehirn eine ganz eigene Architektur.
Um die Variabilität im Gehirn zu erklären, eignet sich ein Streudiagramm. Ein einfaches Beispiel ist die Schätzung des Geschlechts einer Person anhand der Haarlänge. Die meisten Mädchen wären auf der Langhaar-Seite des Streudiagramms, die meisten Jungs auf der Kurzhaar-Seite. Dann gibt es aber einige Mädchen, die kurze Haare haben, und wiederum Jungs, die längere Haare als viele Mädchen besitzen. Folglich kann man das Geschlecht in Abhängigkeit von der Haarlänge nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit schätzen. Das Gleiche gilt auch für einen SPECT-Scan oder ein QEEG, zumindest zu diesem Zeitpunkt. Diese Verfahren können eine Verhaltensdiagnose nur anhand von typischen Mustern mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit schätzen.
Durch Studien zu Gehirnverletzungen junger Kinder wissen wir, dass man mit dem Wort „typisch“ aufpassen muss, denn Gehirne sind plastisch. Das heißt, Gehirne können sich in ihrer Struktur verändern und anpassen. Nehmen wir als Beispiel ein Kind, das seinen Arm aufgrund eines Schlaganfalls nicht mehr heben kann. Dann ist es möglich, dass das Gehirn durch eine geeignete Physiotherapie eine „Alternativverbindung“ für diese Funktion kreiert. Das Gehirn ist zu strukturellen Veränderungen fähig! Folglich ist es schwierig, eine Diagnose mit von „typischen“ Werten abhängiger Computer-Technik zu stellen. Dennoch wird Technologie für zukünftige Forschung und Entdeckung eine große Rolle spielen. Ihr Kinderarzt kann Ihnen sicher die Vor- und Nachteile neuer Diagnose-Techniken erklären.
Exekutive Funktionen
Die exekutiven Funktionen werden vor allem im präfrontalen Cortex gesteuert; eine Region, die etwa 5 cm von der Vorder- und Oberseite des Gehirns angesiedelt ist. Das Zentrum der Organisation im Gehirn wird auch „Zentrum der exekutiven Funktionen“ genannt. Es steuert die Selbstkontrolle, räumliche und sequenzielle Verarbeitung, Gedankenwechsel und gleichzeitige Verarbeitung. „Sequenzielle Verarbeitung“ beschreibt die Verarbeitung von Reihenfolge und Zeit. „Räumliche Verarbeitung“ bezieht sich auf die räumliche Lage. Durch Gedankenwechsel kann das Gehirn sanft von einem Gedanken auf einen anderen umspringen. Das Prinzip der gleichzeitigen Verarbeitung ist jedoch komplizierter.
Gleichzeitige Verarbeitung bezieht sich auf die Fähigkeit des Gehirns, über mehr als eine Sache auf einmal nachzudenken. Diese Veranlagung wird häufig auch Arbeitsspeicher genannt. Betrachten Sie den Arbeitsspeicher als große Tafel, auf der viele Informationen gleichzeitig stehen. Auf einer Tafel ist es beispielsweise viel einfacher, eine mathematische Rechnung durchzuführen, als sich die ganzen Rechenschritte zu merken. Das Gleiche gilt für das Merken einer Telefonnummer. Wenn der Arbeitsspeicher intakt ist, kann das Gehirn mehrere Gedanken gleichzeitig verarbeiten.
Wie lässt sich das auf Organisation anwenden? Nun, die meisten organisierten Gedanken werden durch den Arbeitsspeicher verarbeitet. Er ist wie der Hauptbahnhof für jegliche Organisation im Gehirn. Planen hängt mit ihm zusammen. Schließlich kann ein Kind so über mehrere Schritte gleichzeitig nachdenken – vorausdenken. Der Arbeitsspeicher ist ebenso für einen Perspektivenwechsel notwendig. Wenn ein Kind zum Beispiel etwas mit seinem Freund teilt, denkt das Kind nicht nur über sich nach, sondern beachtet auch die Perspektive seines Spielkameraden. Der Arbeitsspeicher eines Kindes funktioniert wie ein Dropdown-Menü (Liste von passenden Optionen) eines Computers.
Jüngere Kinder haben weniger Kontrolle über ihren Arbeitsspeicher. Folglich zeigen sie mehr unorganisiertes Denken. Häufig reagieren junge Kinder, manchmal auch ältere, in der gleichen, unangepassten Weise. Sie haben oftmals einen Verneinungsreflex. Die Mutter eines Patienten erklärte mir, dass ihr Sohn auf alles mit „Nein“ antwortet, unabhängig von der Frage. Egal ob sie „Bring den Müll bitte raus“ fordert, oder „Lass’ uns ins Kino gehen“ anbietet, seine erste Antwort ist immer „Nein“. Es spielt keine Rolle, wie sehr er das Kino mag – selbst wenn sein Lieblingsfilm kommt, seine Antwort lautet „Nein“. Kinder mit Verneinungsreflex haben häufig ein fehlerhaftes Dropdown-Menü. Diese Optionslisten sind wie Computer organisiert. Wenn ein organisiertes Mädchen beispielsweise mit einem Dilemma wie Freizeit konfrontiert ist, öffnet sich dieses fiktive Dropdown-Menü und ihr fallen zahlreiche Möglichkeiten ein. Wenn dieses Dropdown-Menü jedoch nicht direkt erscheint, entscheidet sich ein unorganisiertes Kind häufig für eine Standard-Beschäftigung, welche heutzutage häufig ein Computerspiel oder ein soziales Netzwerk ist. Der Verneinungsreflex tritt häufig bei 2-jährigen Kindern auf, denn Zweijährige sind natürlich per Definition noch nicht organisiert. Die Antwort ist meistens „Nein“. Wenn dieses Problem jedoch auch noch mit über 5 Jahren auftritt, sollten Sie es mit Ihrem Kinderarzt besprechen.Wenn Kinder älter werden, wird ein fehlendes direktes Dropdown-Menü mit diversen Optionen manchmal als Langeweile interpretiert. Kinder erscheinen häufig einfach deswegen gelangweilt, weil sie nicht an eine Vielzahl von Optionen denken können.
Die kognitiven, exekutiven Funktionen, wie gleichzeitige Verarbeitung, räumliche und sequenzielle Verarbeitung sowie Gedankenwechsel, ermöglichen die folgenden komplizierten Gedankengänge und mehr:
■Einprägung von Mustern
■Vorausschauendes Planen
■Flexibles Denken (Berücksichtigen und Entwerfen verschiedener Antworten oder Verhaltensoptionen)
■Einfühlungsvermögen zeigen oder das Gesamtbild begreifen
■Lokalisierung der eigenen Gegenstände
■Reibungsloser Übergang von einer Aufgabe zur nächsten
■Bewegungskoordination beim Sport (Bewegungsablauf)
■Effektive Kommunikation
■Perspektivenwechsel
Diese organisatorischen Fähigkeiten werden zunehmend wichtig, wenn Kinder in das junge Erwachsenenalter kommen. Zum Glück entspricht die Gehirnentwicklung meistens den erhöhten Anforderungen. Wegen sich ändernder Anforderungen können Schüler auf einem Niveau gut abschneiden und auf einem anderen plötzlich Schwierigkeiten haben. Das sehen wir häufig bei weiterführenden Schulen. Schüler, die in der Grundschule hervorragend waren, sind teilweise noch nicht bereit für die organisatorischen Erwartungen der weiterführenden Schule. Wenn man über Organisation spricht, ist es wichtig, СКАЧАТЬ