Название: Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 5 – Familienroman
Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Der neue Sonnenwinkel
isbn: 9783740931940
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Alma lachte.
»Ich habe es nun mal nicht so mit den Blaublütern«, gab sie zu.
Roberta schenkte sich ein Glas Mineralwasser ein.
»Und das haben Sie mit meiner Freundin Nicki gemeinsam«, sagte sie und erinnerte sich daran, dass Nicki noch immer nicht mit dem Grafen gesprochen hatte. Und das konnte Roberta überhaupt nicht verstehen. Der Graf war der Mathias, nach dem Nicki sich die Hacken abgelaufen hatte. Sie hatte alles versucht, ihn zu finden und dafür Wahrsager, Kaffeesatzleser, Kartenleger und was sonst noch bemüht und hatte dafür viel Geld ausgegeben.
Schon, es war ein wenig unglücklich gewesen, als sie sich plötzlich auf dem Kennenlernfest gesehen hatten. Nicki war aus allen Wolken gefallen, doch sie hätte nicht davonlaufen müssen. Und immerhin hatte Graf Hilgenberg alles versucht, sie zu treffen, um alles zu erklären. Nicki konnte manchmal wirklich stur sein wie ein Panzer. Und feige war sie dazu. Warum traf sie den Grafen nicht? Er war als Mensch kein anderer geworden, und hinter dem war sie schließlich her gewesen wie der Teufel hinter der Seele.
Nicki war wirklich ihre allerbeste Freundin, sie konnten sich aufeinander verlassen, zwischen sie passte kein Blatt Papier, so eng war ihre Freundschaft. Aber manchmal verstand sie Nicki nicht, da war und blieb sie ihr ein Rätsel.
Alma war über diese Antwort erfreut, sie mochte Nicki sehr, doch die Tatsache, dass sie ebenfalls etwas gegen die sogenannten Blaublüter hatte, ließ sie in Almas Achtung nur noch steigen.
»Die Frau Beck war schon lange nicht mehr hier. Das ist schade, sie bringt immer Leben ins Haus. Und es macht eine solche Freude, für sie zu kochen. Egal, was man ihr vorsetzt, sie ist immer begeistert.«
Roberta hätte jetzt anführen können, dass sie das ebenfalls war. Sie ließ es bleiben, weil sie zu ihrer Freundin nicht in Konkurrenz treten wollte. Nicki hatte halt ein sonniges Gemüt, sie konnte sehr schnell Menschen für sich begeistern, im Gegensatz zu ihr.
Sie war eher zurückhaltend, das allerdings nur in ihrem Privatleben, in ihrem Beruf ging sie auf die Menschen zu, da war sie einfach voll in ihrem Element.
In diesem Augenblick nahm Roberta sich fest vor, Nägel mit Köpfen zu machen und Nicki die Pistole auf die Brust zu setzen. Es war ihr schon peinlich, dem Grafen Hilgenberg zu begegnen. Der sprach sie zwar auf das Thema nicht mehr an, doch es stand ungeklärt im Raum.
Ihr Praxistelefon klingelte, und das bedeutete, dass sie als Ärztin außerhalb der Sprechstunden gefragt war.
Es war also nichts mit einer ruhigen Mittagspause, doch daran war Roberta längst gewohnt, und es machte ihr nichts aus. Zuerst zählten ihre Patienten.
»Frau Doktor, möchten Sie sich nicht wenigstens einen Kaffee für unterwegs mitnehmen?«, schlug Alma vor, nachdem klar war, dass Roberta zu einem Patienten fahren musste.
»Alma, das ist eine gute Idee«, freute Roberta sich, und während sie sich für den Krankenbesuch vorbereitete, kochte Alma rasch den Kaffee.
Roberta wäre, wenn auch schweren Herzens, mit Almas Künstlerkarriere einverstanden gewesen. So war es ihr auf jeden Fall lieber. Alma würde bleiben, und ihr Alltag war gerettet. Roberta nahm sich vor, das Gehalt von Alma zu erhöhen. Sie zahlte zwar schon über dem Durchschnitt, doch durch eine weitere Erhöhung konnte sie ihre Wertschätzung zum Ausdruck bringen. Alma war ein Juwel, und vor allem war sie ein ganz wunderbarer Mensch.
Sie waren perfekt aufeinander abgestimmt, denn der Kaffee kam, als Roberta abmarschbereit war. Sie waren halt ein perfektes Team, und Alma hatte eine gute Idee gehabt, diesen Becher für einen Coffee to go zu kaufen. Er hatte Roberta schon viele gute Dienste erwiesen, und er war umweltfreundlich, weil man ihn immer wieder verwenden konnte. Das fühlte sich gut an, denn Roberta fand es schon ziemlich gruselig, welche Müllberge sich durch die vielen Kaffeebecher anhäuften, die bereits nach einer einmaligen Benutzung ein Wegwerfartikel waren.
»Frau Doktor, Sie wissen, dass ich heute Abend Chorprobe für den Gospelchor habe?«, erinnerte sie Roberta. »Und Sie möchten ja nicht, dass ich ein Essen für Sie vorbereite.«
»Nein, liebe Alma, das möchte ich nicht, denn ich werde in den ›Seeblick‹ gehen.«
Ja, so war sie, die Frau Doktor, dachte Alma. Sie war immer für andere Leute da, und weil dieses vegetarische und vegane Restaurant nicht lief, ging sie öfters dahin, als sie es bei ihrem Freund Roberto Andoni gemacht hatte, und der war wirklich ein Freund.
Alma sah der Frau Doktor hinterher, wie sie leichtfüßig zu ihrem Auto lief und davonfuhr. Dabei vergaß sie nicht, ihrer getreuen Haushälterin zuzuwinken und ihr ein letztes Lächeln zu schenken.
Sie war ein Glückspilz!
Davon war Alma fest überzeugt, als sie ins Haus zurückkehrte. Und man sollte sie wegen dieser Pinselei in Ruhe lassen. Sie wollte Spaß haben, sich entspannen, aber sie wollte keine Künstlerin sein. Das war eine brotlose Kunst, und sie selbst hielt sich nicht für begabt, es sah hübsch aus, was sie da fabrizierte, mehr nicht. So, und nun würde sie sich wieder an ihre Arbeit machen. Es gab immer etwas zu tun. Und das war auch gut so, denn wie hieß es doch so schön? »Wer rastet, der rostet.«
Roberta hatte einen wirklich anstrengenden Tag hinter sich, sie hatte ohne Pause gearbeitet, Patientenbesuche gemacht, und sie hatte sich in einem Fall mit der Krankenkasse herumschlagen müssen, weil die die Kosten für eine Kur nicht übernehmen wollte. Es gab halt immer wieder Tage wie diesen. Am liebsten hätte Roberta jetzt die Beine hochgelegt, hätte sich entspannt, ausgeruht. Und verhungert wäre sie auf keinen Fall, denn dank Alma war der Kühlschrank immer gefüllt. Als sie noch ohne Alma hatte auskommen müssen, gab es in ihrem Kühlschrank immer eine gähnende Leere. An diese Zeiten wollte Roberta sich nicht erinnern. Da hatte sie wirklich nicht gut für sich gesorgt und nichts von dem getan, was sie ihren Patienten immer predigte.
Sie hatte keine andere Wahl, als in den ›Seeblick‹ zu gehen, denn das hatte sie Julia Herzog, die sie zufällig unterwegs getroffen hatte, versprochen. Und die hatte sich sichtlich gefreut. Klar, für die Ärmste zählte jeder Gast. Julia Herzog war wirklich zu bedauern. Es musste schrecklich sein, immer am Existenzminimum vorbeizuschrappen. Aber vielleicht konnte sie die nette Wirtin ein wenig aufmuntern, denn sie hatte, so glaubte sie wenigstens, gute Nachrichten für sie. Schon allein deswegen musste sie in den ›Seeblick‹ gehen.
Roberta zog eine Jeans, T-Shirt, darüber eine Sweatjacke aus einem kuscheligen Material an, dann noch bequeme Sneaker. Ehe sie ging, betrachtete sie sich im Spiegel und war zufrieden. Alles war aufeinander abgestimmt, sie liebte es, ihre Kleidung Ton-in-Ton zu tragen, was Nicki allerdings langweilig fand. Die griff gern mal in den Farbtopf und trug schrill.
Nicki würde kommen, das hatte sie fest zugesagt, und Roberta freute sich deswegen sehr. Einmal, weil sie das Zusammensein mit Nicki immer genoss und weil dann endlich die Aussprache zwischen ihr und Mathias von Hilgenberg stattfinden konnte.
Als sie unterwegs war, freute Roberta sich, ihren inneren Schweinehund überwunden zu haben. Die Luft war klar und kühl, ein kalter zunehmender Mond warf gespenstische Schatten, auf dem nachtblauen See kräuselten sich die Wellen und klatschten monoton gegen das mit Sträuchern bewachsene Ufer. Roberta liebte diesen Weg, dennoch war es eine ein wenig unheimliche Szenerie, die vermutlich daherrührte, dass es auf dem See vollkommen still war. Es gab kein Geschnattere der Enten, man sah keine Schwäne majestätisch dahingleiten, kein Gezanke der Möwen. Die hatten sich zurückgezogen.
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