Название: Der Drachenzahn
Автор: Wolf Awert
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Drachenblut
isbn: 9783959591812
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Pando schwieg. Nur das Spiel seiner Ohren verriet seine Nervosität.
„Kann“, sagte Torso. „Weil Vater. Ist aber schwierig. Ich kann auch Mutter. Aber dauert. Am leichtesten ist so wie jetzt. Ein Teil Mutter, ein Teil Vater. Geht gut zusammen.“
„Ich danke dir für deine Ehrlichkeit, mein Freund. Es gibt nicht mehr viele Wesen in dieser Welt, die ehrlich sind.“ Und Tama tastete wieder nach Torsos Hand.
„He, ich kann das erklären“, sagte Pando.
„Und wie war das mit den Wächtern an den Bahnsteigen? Die haben dich erwischt, weil du zu langsam warst, um deine Form zu verändern.“
„Das habe ich nie behauptet“, protestierte Pando.
„Nein, aber die Wächter haben es erzählt. Du hast dich fangen lassen. Du hast dich absichtlich von den Wächtern fangen lassen.“
„Das stimmt. Ich wollte dich kennenlernen. Und das habe ich ja auch.“
„An dir ist nichts Echtes, Pando. Du bestehst nur aus Täuschung und Lüge, aus Verrat und Unehrlichkeit. Und die Gefühle von denen, die es gut mit dir meinen, trittst du mit Füßen und trampelst auch noch darauf darum. Verschwinde, hau bloß ab und geh mir aus den Augen. Ich kann dich nicht ausstehen und will dich nie, nie, niemals wiedersehen. Hörst du?“
„Ich habe noch nie jemanden verraten“, sagte Pando. „Und ich würde … Ist ja auch egal. Du machst ja doch, was du willst.“ Er ging ein paar Schritte rückwärts, wo der Schein der kleinen Lampe kaum noch hinreichte. Es war aber nicht Tama, die er floh. Torso hatte sich neben Tama aufgebaut.
„Vorsicht, Bruder. Tama ist Freundin. Und ich bin Sieger. Immer stärker als alle anderen. Sei vorsichtig.“
Pando brummte etwas, schwieg aber. Nur sein Schwanz peitschte die Luft und erzählte so von der Gemütslage, in der er sich befand.
Lufthauch hatte von all dem nicht viel mitbekommen. Er wusste nur, dass etwas passiert war, das nicht leicht wog. Er würde es schon herausfinden. Aber für ihn eilte es nicht. „Dein neuer Freund ist in keinem guten Zustand“, sagte er zu Tama. „Du solltest ihn fragen, wovon er lebt. Und wir sollten ihm etwas zu essen bringen.“
Tama nahm die Ablenkung gerne an. „Was isst du, Torso? Wir bringen dir etwas vorbei, damit du keinen Hunger mehr leiden musst.“
„Im Wald kleine Tiere. Fische im Tümpel. Ich fange. Vögel in der Luft. Ich fange. Geht aber auch mit Früchten oder Pflanzenteilen unter Erde. Hier schlimm. Ratten, Mäuse, dann das, was Schlangenauge schickt. Einmal viel, dann lange nichts. Immer zu wenig.“
Tama drückte den Tiermenschen noch einmal an sich. Der Gestank machte ihr nicht mehr viel aus. „Ich komme zurück. Sehr bald. Versprochen. Freunde sollten sich aufeinander verlassen können.“ Ihre Gedankensprache war etwas zu laut, aber Pando hätte auch so gewusst, für wen dieser Satz gemeint war.
„Wir müssen gehen“, sagte Tama, drückte Torso noch mal an sich und ging dann entschlossenen Schrittes durch die Dunkelheit zu dem hellen Fleck unter dem Torbogen. Lufthauch und Pando folgten ihr.
Pando hielt den ganzen Weg einen gehörigen Abstand, und Lufthauch nutzte die Gelegenheit, um mit Tamalone ein paar Worte zu wechseln. „Ihr konntet euch untereinander verständigen, hatte ich den Eindruck. Ich aber konnte nur dich verstehen“, sagte er. „Was war das?“
„Pando und Torso fehlen die Sprachwerkzeuge, die Menschen und Elfen haben. Zumindest Pando versteht aber die menschliche Sprache. Mag er auch die Form einer großen Katze gewählt haben. Und ja, uns drei vereint etwas, schmiedet uns zusammen. Wir wissen alle drei nicht, wohin wir gehören. Ich bin ein Mensch mit so viel Elfenblut, dass die Menschen mich nicht als eine der Ihren anerkennen. Pando und Torso sind zur Hälfte Mensch und zur Hälfte …“
„Tier“, ergänzte Lufthauch.
„Gestaltwandler“, korrigierte Tama. „Und ich mag mir gar nicht ausmalen, was das wirklich bedeutet.“ Sie verstummte abrupt. Den Gedanken, dass es einen gewaltigen Unterschied zwischen Pando und Torso gab, verschluckte sie. Stattdessen sagte sie mit einer merkwürdig kraftlosen Stimme: „Mir ist, als ob die Gestaltwandler der Schlüssel zu allen Dingen sind. Wenn wir uns nicht um sie kümmern, wird sich das einmal bitter rächen.“
In Lufthauchs Kopf spielten die Gedanken Nachlaufen. Mit Gestaltwandlern sprechen zu können, war keine Elfenmagie. Wer also war diese Tamalone? Und besaß nicht auch Sumpfwasser diese Fähigkeit? Aber der war zweifelsfrei ein reinblütiger Waldelf. Und wenn doch nicht? Nein, dieser Gedanke war zu verrückt, um auch nur gedacht zu werden. Denn dann hätte er ja ebenfalls Fremdblut in seinen Adern haben müssen. Aber die Sache mit den Gestaltwandlern ... Mit ihnen hatte alles angefangen. Das hatte auch Sumpfwasser behauptet. Oder nicht? Lufthauch wusste überhaupt nicht mehr, was er denken oder glauben sollte. Er zögerte, erinnerte sich daran, dass er gerade noch etwas ganz Wichtiges zu den Gestaltwandlern sagen wollte, aber dieser Gedanke war ihm in dem ganzen Durcheinander wieder entwischt. Dafür nagte es an seinem Selbstbewusstsein, dass er an der Unterhaltung zwischen Tama und den beiden Tiermenschen nicht hatte teilhaben können. Noch nie hatte er sich derartig ausgeschlossen gefühlt wie in dem stinkenden Loch neben Pando, Torso und Tamalone. Eigentlich hätte ihm das als Elf der Wehrhüter nichts ausmachen dürfen. Tat es aber doch. Und er bemerkte auch, dass Tamalone ihn gar nicht richtig wahrnahm. Auch das war er nicht gewohnt. Allgemein nicht und schon gar nicht von jungen Menschenfrauen, die sonst alle seinem Charme erlagen. Dazu brauchte er es noch nicht einmal darauf anzulegen. Der Elfencharme war ihm auch eher eine Bürde als ein Vergnügen, doch nun ärgerte ihn diese Nichtbeachtung beträchtlich. War er denn so wenig wert? Was würde wohl passieren, wenn er ein bisschen …
„Wir müssen noch über deinen Auftrag sprechen“, sagte er mit einer Stimme, in der Glocken erklangen, Bäche murmelten und der Wind die Felsen zum Singen verführte. Tamas Schritt geriet aus dem Takt, als sie den Kopf drehte und Lufthauch anschaute. Sie hatte gerade das Gefühl, ihr Herz würde in zwei Stücke gerissen. „Mutter, hilf“, betete sie, aber ihr Gebet kam zu spät. Mutters Ohren waren taub geworden.
Tama wusste, dass es von nun an nur noch einen Mann in ihrem Leben geben würde. Lufthauch! Aber mit der anderen Hälfte ihres Herzens wusste sie auch, dass ihre Gefühle nicht echt und nur das Ergebnis einer magischen Kraft waren. Das machte sie unsagbar wütend. Konnte man jemanden gleichzeitig erschlagen und küssen wollen? Denn genau das wollte sie in diesem Augenblick. Totschlagen und totküssen. Essen oder Reden. Woher dieser Gedanke jetzt auf einmal kam, verstand sie nicht. Hilfreich war er jedenfalls nicht. Torso hatte das gesagt. Es ginge nicht zusammen. Nur nacheinander und das auch nur, wenn sie selbst nicht die Nahrung war. Sie konnte Lufthauch erst küssen und dann erschlagen. Anders herum ging es nicht. Eine Liebe kann man nicht ersäufen und auch nicht verbrennen, dachte sie resignierend. Aber einen Zauber kann man brechen. Dann wird man merken, was von der Liebe noch übrig ist. Das ist auch nicht schwieriger, als in einer Küche herauszufinden, ob der Kochtopf hält, was sein Duft verspricht. Man muss nur den Deckel abnehmen und in den Topf hineinschauen.
Nein, es war überhaupt nicht einfach. Aber jetzt hatte sie wenigstens etwas zu tun, bis sie einen Weg ins Elfenviertel fand. Sie würde den Elfencharme zerstören und sich ihre Liebe zu Lufthauch aus dem Herzen reißen. Mutter zu finden war wichtiger als in Lufthauchs Armen zu liegen. Die Tränen, die ihr über die Wangen liefen, merkte sie nicht. Auch nicht, ob es Tränen der Wut oder der Verzweiflung waren. So blieben auch die Flecken СКАЧАТЬ