Der neue Sonnenwinkel 70 – Familienroman. Michaela Dornberg
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Название: Der neue Sonnenwinkel 70 – Familienroman

Автор: Michaela Dornberg

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der neue Sonnenwinkel

isbn: 9783740960827

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СКАЧАТЬ die Gegenwart bewusst zu leben, und das miteinander, nicht mehr nebeneinander, wie es meistens der Fall war. Ich will dir jetzt nicht vorwerfen, dass du mich hättest an unsere Ehe erinnern können, weil das nicht ganz der Wahrheit entspricht. Du hattest deine Wünsche, hast auch versucht, sie mir näherzubringen, du hast Signale gesetzt. Aber ich habe sie alle übersehen und bin im rasenden Tempo an dir vorbeigefahren, immer nur auf mich bedacht, auf meine Eitelkeit.« Er blickte sie an, blass, mitgenommen, mit schönen klugen Augen hinter der randlosen Brille. Inge sah es, und ihr Herz wurde weit. Wie sehr sie ihn doch liebte! Der kleine Hoffnungsschimmer, alles könne noch gut werden für sie und Werner, der wurde größer. Und weil sie nicht wieder eine Enttäuschung erleben wollte, schob sie sanft seine Hand weg, und dann startete sie das Auto und fuhr los.

      Sie wollte es ja liebend gern, sie sehnte sich danach, aber sie würde es erst glauben, wenn es nicht mehr als eine Sprechblase war.

      Vielleicht war Werner jetzt beleidigt, weil sie einfach losgefahren war, doch darauf konnte sie keine Rücksicht nehmen.

      Er hatte keine Ahnung, doch sie wusste es, sie hatte es so viele Male erlebt, wie Träume zerplatzten, wie Hoffnungen zerstoben wie Blätter im Wind.

      Sie waren noch nicht lange gefahren, als Werner plötzlich sagte: »Bitte, Inge, fahr auf den Parkplatz dort.« Er bezeichnete ihn mit einem Finger.

      Sie drehte sich zur Seite.

      »Aber das ist vor der Kirche.«

      Er nickte.

      »Ich weiß.«

      Inge hatte keine Ahnung, was das jetzt sollte. Vielleicht wollte er noch einmal reden, etwas sagen, was er ihr vorhin hatte sagen wollen, als sie abrupt losgefahren war.

      Sie fuhr in die Parklücke, was keine große Kunst war, weil da ein LKW reingepasst hätte. Sie stellte den Motor ab, drehte sie zu ihm hin und erkundigte sich: »Und jetzt?«

      Als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt, antwortete er: »Nun gehen wir in die Kirche hinein, einfach so, um dort für eine Weile ganz still zu verweilen.«

      Was war mit Werner los?

      Inge wusste nicht genau, wie oft sie sich diese Frage bereits gestellt hatte. Werner hatte sein Verhalten wirklich verändert, und sie konnte nur hoffen, dass es dabei bleiben würde. Sie sagte nichts, stieg aus, weil er das bereits getan hatte. Dann nahm er sie beim Arm, stützte sich auf sie, das war wohl eher eine Vorsichtsmaßnahme. Gemeinsam gingen sie auf das Kirchenportal, das tagsüber immer geöffnet war, zu, ein vertraut wirkendes, nicht mehr ganz junges Liebespaar.

      Werner und in die Kirche gehen – unfassbar! Das bedeutete nicht, dass er kein gläubiger Mensch war. Nein, das war es nicht, aber er konnte mit den Ritualen nichts anfangen. Klar war er immer mit in der Kirche gewesen bei den Taufen der Kinder, später auch der Enkelkinder. Und Weihnachten war er auch mit dabei. Er war halt einer von den lauen Christen, von denen es viele gab.

      Sie betraten die Kirche, die nicht nur außen, sondern auch im Inneren schön war. Natürlich nicht wie beispielsweise der Kölner Dom, der richtig spektakulär war. Aber hier war Hohenborn und nicht die Millionenstadt Köln.

      Hier und da saßen Menschen, verharrten in Stille, jemand zündete eine Kerze an, von denen bereits einige brannten. Das war etwas, was Inge auch sehr gern machte, aber in Gegenwart von Werner? Wohl lieber nicht!

      Sie setzten sich nebeneinander auf eine der braunen altersdunk­len Holzbänke, Hand in Hand. Sie saßen ganz still, und Inge wünschte sich von ganzem Herzen, dass auch in Werner dieses Gefühl von Glück und Frieden auftauchen würde.

      Inge hatte es ja zuerst nicht verstanden, doch jetzt war sie Werner dankbar, dass er darauf bestanden hatte, mit ihr in die Kirche zu gehen, die Stille zu genießen. Sie rückte ein wenig näher an ihn heran, er ließ ihre Hand los, stattdessen umfasste er liebevoll ihre Schulter, und sie lehnte sich überwältigt an ihn. So saßen sie still da. Sie mussten nicht miteinander reden, nur fühlen. Es war ein unsichtbares Band, durch das sie miteinander verbunden waren.

      Für das, was in ihr war, gab es keine Steigerung. Durch die reich verzierten Buntglasfenster drangen Sonnenstrahlen in die Kirche, warfen bizarre Schatten und buntes Licht herein.

      Menschen kamen und gingen, sie saßen einfach nur da, und irgendwann gab es nur noch sie und Werner. Und dann begann jemand auf der Orgel zu spielen, Johann Sebastian Bach, den sie beide verehrten. Besser ging es wirklich nicht.

      Inge war gerührt, am liebsten hätte sie jetzt angefangen zu weinen, doch wegen Werner tat sie es nicht. Was sollte er denn von ihr denken, wenn sie ohne Grund in der Kirche die Tränen fließen ließ?

      Sie hatte das noch nicht einmal zu Ende gedacht, als ihr bewusst wurde, dass sie wieder in alte Verhaltensmuster fiel. Sie konnte nicht erwarten, dass Werner etwas veränderte. Sie musste es ebenfalls tun und durfte nicht mehr alles unter den Teppich kehren, den Kopf in den Sand stecken oder aussitzen.

      Sie wurde ein wenig unruhig, Werner nahm seinen Arm von ihrer Schulter. »Geh ruhig deine Kerze anzünden, Inge, das tust du doch immer, wenn du hier bist. Ich bleibe derweil noch hier sitzen, genieße die Orgelmusik, und ich glaube, es ist auch an der Zeit für ein kleines Dankesgebet, dafür, dass ich die Wahrheit endlich sehe, wie sie ist und nicht, wie ich sie haben will. Inge, ehe du gehst …, ich liebe dich.«

      Ihr Blick sprach Bände, sie konnte jetzt einfach nichts sagen, weil sie so überwältigt war. Sie stolperte zu dem Eisengestell, auf dem man seine Kerze anzünden konnte. Nein, eine Kerze reichte nicht, sie kaufte zwei, und dann schickte sie ein kurzes Dankesgebet zum Himmel, das konnte nicht schaden. Sie fand erst wieder in die Gegenwart zurück, als eine alte Dame sich neben sie stellte, um ebenfalls eine Kerze anzuzünden. Sie nickte der Frau freundlich zu, dann trat sie beiseite, warf einen letzten Blick auf ihre beiden Kerzen. Und wenn sich nur ein einziger Wunsch erfüllte von denen, die sie sich beim Anzünden ihrer beiden Kerzen gewünscht hatte, dann würde sie dem Himmel auf ewig dankbar sein.

      Sie ging zu der Kirchenbank zurück, auf der Werner saß, in sich versunken. Oder betete er gar? Unschlüssig blieb sie stehen, er hatte sie wahrgenommen, erhob sich, schenkte ihr ein Lächeln, dann nahm er sie bei der Hand, und so verließen sie die Kirche.

      Draußen zog er sie ganz eng an sich und flüsterte ihr ins Ohr: »Danke für alles, danke dafür, dass du es so lange mit mir ausgehalten hast, danke, dass du es weiterhin tun willst.«

      Dann ließ er sie los und hatte es eilig, zum Auto zu kommen. Fast wirkte er ein bisschen verlegen. Doch war das verwunderlich? Sie hatten es verlernt, sich Liebesworte ins Ohr zu flüstern, sich einfach mal eben so zu umarmen, zu streicheln, sich bei der Hand zu nehmen.

      Es lag ein weiter Weg vor ihnen, doch jetzt war Inge sich plötzlich sicher, dass sie es schaffen würden, denn mit Werner war etwas geschehen. Und was immer es auch war, sie war unendlich dankbar dafür.

      Sie hatte ihm auf seinen Wunsch hin sein Handy mitgebracht, und wie konnte es auch anders sein. Es klingelte. Sie konnten nur froh sein, dass das nicht schon in der Kirche so gewesen war. Aber sie konnte nicht ausschließen, dass Werner es dort drinnen ausgeschaltet hatte. Handyklingeln in einer Kirche, das ging überhaupt nicht.

      Eben war alles noch so friedlich gewesen, so unglaublich schön. Doch Inges Herz begann stürmisch zu klopfen, als sie mitbekam, wer der Anrufer war. Einer von Werners Kollegen, mit denen er noch einmal so richtig durchstarten wollte.

      Hatte der Alltag sie wieder eingeholt?

      Begann СКАЧАТЬ