Ekkehard. Joseph Victor von Scheffel
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Название: Ekkehard

Автор: Joseph Victor von Scheffel

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Große verfilmte Geschichten

isbn: 9783955012205

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СКАЧАТЬ dort streckt das Eiland seine letzten Spitzen ins Gewässer hinaus, eine steinerne Pfalz schaute aus den Weidenbüschen vor – aber Ekkehards Blick haftete auf der Ferne, der er zusteuerte; groß, stolz, in steiler kecker Linie trat ein felsiger Bergrücken aus dem Gehügel des Ufers vor, gleich dem Gedanken eines Geistesgewaltigen, der wuchtig und tatenschwer flache Umgebung überragt, die Frühsonne warf helle Streiflichter auf Felskanten und Gemäuer. Fern zur Rechten hoben sich etliche niedere Kuppen von gleicher Form, bescheiden, als wären sie Feldwachen, die der Große ausgesendet.

      Der Hohentwiel! sprach der Fährmann zu Ekkehard. Der hatte das Ziel seiner Fahrt in früheren Tagen noch niemals erschaut, aber es brauchte des Schiffers Wort nicht, um's ihm zu sagen. So mußte der Berg sein, den sie zu ihrem Sitze erkoren. Eine ernste Stimmung kam über Ekkehard. Züge des Gebirges, weite Flächen Wasser und Himmel, große Landschaft wirkt jederzeit Ernst im Gemüt, nur des Menschen Getrieb ruft ein Lächeln auf des Beschauers Lippe. Er gedachte des Apostels Johannes, wie der einst der Felseninsel Patmos entgegengefahren, und wie ihm dort eine Offenbarung aufgegangen...

      Der Fährmann steuerte rüstig vorwärts. Schon waren sie dem Ufervorsprung, der die Zelle Radolfs und die wenig umliegenden Behausungen trägt, nahe. Da trieb ein seltsam Schifflein im See, roh, ein hohler Baumstamm, aber ganz verdeckt und überbaut mit grünem Gezweig und Schilfrohr, und war kein Ruderer zu erschauen, der es lenkte. Der Wind schaukelte es dem Geröhricht am Gestade entgegen.

      Ekkehard hieß seinen Fergen das absonderliche Fahrzeug anhalten. Da stieß derselbe mit seiner Ruderstange in die grüne Verhüllung.

      Pest und Aussatz Euch ins Gebein! fluchte es mit tiefer Stimme aus der Höhlung hervor, oleum et operam perdidi, Hopfen und Malz ist verloren. Wildgans und Kriekente sind des Teufels!

      Ein Zug Wasservögel, der mit heiserem Geschnatter in der Nähe aufstieg und landeinwärts flog, bestätigte des Fluchenden Ausspruch.

      Im Buschwerk des Schiffleins aber knisterte es und hob sich auf, ein wettergebräuntes runzeldurchfurchtes Antlitz schaute herüber, um den Leib schmiegte sich ein verblichen geistlich Kleid, das, an den Knien mit unsicherem Messerschnitt gekürzt, zerzaust herabhing; im Gürtel stak ein Köcher statt des Rosenkranzes, die gespannte Armbrust lag auf des Schiffleins Vorderteil.

      Pest und Aussatz – wollte des Fahrzeugs Insasse nochmals anheben, da schaute er Ekkehards Tonsur und Benediktinergewand und änderte den Ton: Hoiho! salve confrater! Beim Bart des heiligen Patrik von Armagh, so mich Euer Fürwitz noch eine Viertelstunde länger ungehindert gelassen, könnt' ich Euch zu einem weidlichen Bissen Seewildbret einladen. Mit Bewegung schaute er den in die Ferne streichenden Wildenten nach.

      Stubenweisheit, rief der andere, gilt nicht bei uns am Untersee. Seid Ihr etwann gesendet, beim Leutpriester zu Radolfszelle Kirchenschau zu halten?

      Bruder Marcellus? lachte der Gefragte und strich mit der Hand über die Stirn, fuimus Troes, willkommen in Moengals Revier!

      Er stieg aus seinem hohlen Baum in Ekkehards Schiff hinüber. Der heilige Gallus soll leben! sprach er und küßte ihn auf Wange und Stirn, lasset uns ans Land fahren, Ihr seid mein Gast, wenn auch ohne Wildenten.

      Euch hab' ich mir anders vorgestellt, sprach Ekkehard. Das war kein Wunder.

      Nichts gibt ein falscher Bild von Menschen, als nach ihnen an denselben Ort kommen, wo sie einstens gewirkt, vereinzelte Reste ihrer Tätigkeit sehen und aus dem Gerede der Zurückgebliebenen sich eine Vorstellung des Weggegangenen schaffen. Tiefstes und Eigenstes bleibt dritten meist unbeachtet, auch wenn's offen zu Tag liegt, in der Überlieferung schwindet's ganz. Als Ekkehard ins Kloster trat, war der Bruder Marcellus schon nach der verlassenen Zelle Radolfs als Pfarrherr abgegangen. Etliche zierlich geschriebene Urkunden, Ciceros Buch von den Pflichten, und ein lateinischer Priscianus mit irischer Schrift zwischen den Zeilen erhielten sein Andenken. Viel verehrt lebte sein Name noch an der inneren Klosterschule, er war der tüchtigsten Lehrer einer gewesen, tadellos sein Wandel. Seither war er in Sankt Gallen verschollen. Darum hatte sich Ekkehard statt des Weidmanns im See einen ernsten hagern blassen Gelehrten erwartet.

      Sie traten in eine holzgetäfelte Halle. Hirschgeweih und Auerochsenhörner hingen über dem Eingang, Jagdspieße, Leimruten, Fischgarne lehnten in malerischer Unordnung an den Wänden, an das umgestürzte Fäßlein im Winkel schmiegte sich der Würfelbecher: wäre es nicht des Leutpriesters Behausung gewesen, so hätte füglich auch der Förster des kaiserlichen Bannwaldes hier wohnen können.

      Glieder derselben Genossenschaft sind schnell befreundet. Ein lebhaft Gespräch erhob sich beim Imbiß. Aber der Alte hatte mehr zu fragen, als Ekkehard beantworten konnte; von so manchem seiner alten Brüder war nichts mehr zu berichten, als daß sein Sarg eingemauert stand bei dem der andern und ein Kreuz an der Wand und ein Eintrag im Totenbuch die einzige Spur, daß er gelebt; – die Geschichten und Späßlein und Klosterfehden, wie sie sich vor dreißig Jahren erzählt wurden, waren durch neue ersetzt, und was seit damals geschehen, ließ ihn gleichgültig. Nur wie Ekkehard von dem Zweck und Ziel seiner Fahrt sprach, rief er: Hoiho, Confrater, was habt Ihr wider die Jagd gesprochen und ziehet ja selber auf Edelwild aus!

      Aber Ekkehard lenkte ab. Habt Ihr noch nie Heimweh nach des Klosters Stille und Wissenschaft verspürt? frug er.

      Da flammte des Leutpriesters Aug': Ward Catilina von Heimweh nach den Holzbänken des römischen Senats geplagt, nachdem von ihm gesagt war: excessit, evasit, erupit? Junges Blut versteht das nicht. Fleischtöpfe Ägyptens?! ille terrarum mihi praeter omnes... sprach der Hund zum Stall, in dem er sieben Jahre gelegen.

      Ich versteh' Euch allerdings nicht, sprach Ekkehard. Was schuf Euch solche Änderung der Sinnesart? Er warf einen Seitenblick auf das Jagdgerät.