Название: Ekkehard
Автор: Joseph Victor von Scheffel
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Große verfilmte Geschichten
isbn: 9783955012205
isbn:
Gebt dem Streite Raum, sprach Simon Baro, der mit Bedauern den Zweikampf unterbrochen sah, zum Abte: ich hab' heut im Traume ein Sprühen von Feuerfunken erschaut, das deutet Schläge...
Der Abt aber, in dessen Augen die Eigenmacht Jüngerer ein Greuel war, gebot Ruhe und ließ den Streitfall zur Schlichtung vortragen.
Da hob Rudimann an zu erzählen, was geschehen und verschwieg nichts.
Leichtes Vergehen, murmelte der Abt; Hauptstück sechsundvierzig: von dem, was bei der Arbeit, beim Gärtnen oder Fischfang, in Küche oder Keller gesündigt wird – alemannisches Gesetz: von dem was mit Mägden geschieht... der Gegner spreche!
Da trug auch Ekkehard vor, wie er die Sache angeschaut und in gerechtem Zorn dreingefahren.
Verwickelt! murmelte der Abt, Hauptstück siebenzig: kein Bruder nehme sich heraus, den Mitbruder sonder Ermächtigung des Abts zu schlagen, Hauptstück zweiundsiebenzig: von demjenigen Eifer, der einem Mönch wohl ansteht und zum ewigen Leben führet... Wie viel Jahre zählt Ihr?
Dreiundzwanzig!
Da sprach der Abt ernsthaft: Der Streit ist aus. Ihr, Bruder Kellermeister, habt Eure Streiche als wohlverdient Entgelt Eurer Zerstreutheit aufzunehmen; – Euch, Fremdling des heiligen Gallus, vermöchte ich füglich anzuweisen, Eures Weges weiter zu ziehen, denn es stehet geschrieben: Wenn ein fremder Mönch aus anderweiten Provinzen ankommt, soll er zufrieden sein mit dem, was er im Kloster vorfindet, sich nur einen demütigen Tadel erlauben und sich in keiner Weise überflüssig machen. In Erwägung Eurer Jugend und untadeligen Beweggrundes aber mögt Ihr zur Sühnung am Hauptaltar unserer Kirche eine einstündige Abendandacht verrichten: dann seid als Gastfreund willkommen!
Dem Abte erging es mit seinem Schiedsspruch wie manchem gerechten Richter. Keiner der Beteiligten war zufrieden; sie gehorchten, aber unversöhnt. Wie Ekkehard in der Kirche sein Sühngebet tat, mochten ihm allerlei Gedanken durch die Sinne ziehen von gutem Herzen, von rechtzeitigem Eifer und von anderer Leute Urteil drüber. Es war eine der ersten Lehren, die er im Zusammenstoß mit Menschen erlitt. Durch eine Seitenpforte ging er ins Kloster zurück.
Was Kerhildis, die Obermagd, an jenem Abend den dienstbaren Frauen im Nähsaal zu Oberzell erzählte, allwo sie beim flackernden Scheine des Kienspans ein Dutzend neue Mönchsgewänder zu fertigen hatten, war mit so beleidigenden Ausfällen gegen die Jünger des heiligen Gallus untermischt, daß es besser verschwiegen bleibt...
1 Digneris, domine, et hos benedicere fustes... Benedictio ad capsellas et baculos ad iter agentes in der Handschrift 395.
2 Ermenrici coenobitae augiensis tentamen etc. bei Pertz, Mon. II. 32. Auch der Verfasser der größeren sanktgallischen Annalen nennt die Reichenau einen hortus deliciarum. Siehe Pertz, Mon. I. 79.
3 Der Gegenstand religiöser Verehrung, der den Fischer von Ermatingen in Strafe brachte, scheint das Idol von Erz gewesen zu sein, das man für einen hercules alemannicus hielt und das nach Gallus Oheims Bericht noch im XV. Jahrhundert auf dem Grab des Egino stand. Es stach dem vornehmen Altertumsforscher Kaiser Max I. so in die Augen, daß er es, wie s. Z. den Neptunus vom Stadttor zu Ettlingen (Bader, das bad. Land und Volk I. 239), kurzerhand entführte und in Innsbruck aufstellen ließ. Nach einer Notiz in G. Schwabs Bodensee II. 293 befand es sich ums Jahr 1764 in der kurpfälzischen Altertümerkammer.
4 Benedictio vini novi. Handschrift 395.
5 .. erant autem dies vindemiae, quibus fratres ad obedientias (i. e. labores in agro) dimissi sunt per vineas. Ekkeh. casus S. Galli c. 3. Pertz, Mon. II. 97.
6 Regula S. Benedicti cap. 31: de cellerario monasterii qualis sit.
7 Siehe die Edda übersetzt von Simrock p. 14.
8 at illa de camera egressa salutans conpatrem, hospitem illum dormire putans, optulit viro mustum, quo ille impigre hausto vaseque reddito mammam foeminae titillat assentientis. Ekkeh. IV. casus S. Galli c. 3.
9 hospes vero viso facinore exilit, illum scelestum inclamitans, comis apprehensum in terram dejicit, flagelloque, quo ad equum usus est, adhuc manu habito acriter hominem cecidit adjiciens: »hoc, inquit, tibi Sanctus Gallus, S. Albani Frater, dedit!« Ekkeh. IV. casus S. Galli cap. 3. Pertz, Mon. II. 97.
10 Dura viris et dura fide, durissima gleba! Notker.
11 Protospathar: Befehlshaber der Leibwache. Siehe Gibbon, Geschichte des röm. Weltreichs c. 53.
Moengal
Sechstes Kapitel
Um dieselbe Zeit, da Ekkehard in der Klosterkirche der Insel eine unfreiwillige Andacht abhielt, war Frau Hadwig auf dem Söller von Hohentwiel gestanden und hatte lange hinausgeschaut – aber nicht nach der untergehenden Sonne. Die ging ihr im Rücken, hinter den dunkeln Bergen des Schwarzwaldes zur Ruhe. Frau Hadwig aber schaute erwartungsvoll nach dem Untersee und nach dem Pfad, der von seinem Ausgang sich dem Hohentwieler Fels entgegen zog. Die Aussicht schien ihr nicht zu genügen; wie's dunkel ward, ging sie unwillig105 zurück, ließ ihren Kämmerer rufen und verhandelte lang mit ihm...
Am frühen Morgen des andern Tages stund Ekkehard gerüstet zu weiterer Fahrt an der Schwelle des Klosters. Der Abt war auch schon wach und machte einen Frühgang im Gärtlein. Der Richterernst des gestrigen Tages lag nicht mehr auf seiner Stirne. Ekkehard sagte ihm Valet. Da raunte ihm der Abt lächelnd ins Ohr: Seliger, der du eine solche Schülerin die Grammatik lehren darfst! Das schnitt in Ekkehards Herz. Eine alte Geschichte stieg in seiner Erinnerung auf, – auch in den Klostermauern gab's böse Zungen und überlieferte Stücklein, die von einem zum andern die Runde machten.
Ihr gedenket wohl der Zeit, heiliger Herr, sprach er höhnisch, da Ihr die Nonne Clotildis in der Dialektik unterrichtet?106
Damit ging er hinab zu seinem Schiffe. Der Abt hätte lieber ein Büchslein mit Pfeffer zum Frühmahl eingenommen, als diese Erinnerung. Glückliche Reise! rief er dem Scheidenden nach.
Von dieser Zeit hatte Ekkehard es mit den Reichenauer Klosterleuten verdorben. Er ließ sich's nicht kümmern und fuhr mit seinem Ermatinger Fergen den Untersee hinab.
Träumerisch schaute er aus seinem Schifflein hinaus ins Weite. Im durchsichtigen СКАЧАТЬ