Название: Gesammelte Werke
Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813475
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Im Augenblick dieses flammenden Triumphes brach die Stille auf der Erde. Zehntausend Wolfshunde heulten zugleich all ihre Sehnsucht und ihren Hunger in die Luft. Frona schauerte zusammen. St. Vincent legte den Arm um sie. Jetzt jammerten die Wolfshunde nur noch leise, ihr Winseln war noch fürchterlicher als das einstimmige Klagegeheul. Es war, als ginge durch diese ganze Welt eine große unbezwingbare Furcht, als bebte aller Schmerz der Kreatur durch das Tal.
Frona legte sich fester in St. Vincents Arm und schloss die Augen. Da spürte sie die Furcht der Kreatur nicht mehr. Es zitterte in ihren Nerven von einem ganz neuen, fremden Gefühl, und das war Wonne.
»Muss ich noch Worte zu dir sprechen?« fragte er mit seiner tiefen Stimme, die eben erst alle Zuhörer im Theater entzückt hatte, und die jetzt so gedämpft, so ganz allein für sie klang.
»Nein, Gregory!«
*
»Ich kann dir so wenig bieten, Geliebte!« sagte der Mann, als er Frona bis zur Tür ihres Vaterhauses gebracht hatte. »Das unsichere Los eines immer wandernden Zigeuners …«
Sie nahm seine Hand, presste sie an ihr Herz und sprach die Worte, die eine große Frau vor ihr gesprochen hatte:
»Ein Zelt und eine Brotkruste, die ich mit dir teile! Damit werde ich immer glücklich sein!«
*
»Herein!«
Matt McCarthy drückte die Klinke herunter und öffnete die Tür und schloss sie sorgfältig wieder hinter sich.
»Ach, Sie sind’s!« St. Vincent betrachtete seinen Gast mit einem düsteren, zerstreuten Blick, dann aber nahm er sich zusammen und reichte ihm die Hand.
»Hallo, Matt, Alter! Meine Gedanken waren tausend Meilen weit von hier, als Sie kamen. Nehmen Sie sich einen Stuhl und machen Sie es sich bequem. Dort neben Ihnen steht Tabak. Versuchen Sie ihn und lassen Sie uns hören, was Sie wollen.«
»Ja, da hat er schon recht, dass seine Gedanken tausend Meilen weit von hier sind«, sagte Matt bei sich. Aber laut sagte er: »Nun ja, Sie waren wohl in süße Träume versunken. Und das ist ja auch kein Wunder.«
»Wieso?« fragte der Korrespondent heiter.
»Sie sind ein verfluchter Kerl, Vincent, und haben ein mächtiges Glück bei den Mädchen – darüber ist nicht zu streiten. Sie haben manchen Kuss im Vorbeigehen geschnappt und manches Herz gebrochen. Aber Vincent, mein Junge, haben Sie je das Richtige gekannt?«
»Wie meinen Sie das?«
»Das Richtige, das Richtige, das heißt – nun ja, sind Sie je Vater gewesen?«
St. Vincent schüttelte den Kopf.
»Ich auch nicht. Aber haben Sie je väterliche Liebe gefühlt?«
»Das weiß ich nicht recht. Ich glaube nicht.«
»Da haben wir’s ja. Und das ist das Richtige, sag’ ich Ihnen. Wenn ein Mann je ein Kind gesäugt hat, dann habe ich’s getan, oder doch jedenfalls so was Ähnliches. Es war ein Mädel, und jetzt ist sie ausgewachsen, und wenn möglich liebe ich sie noch mehr als ihr leiblicher Vater. Außer ihr habe ich leider nur eine einzige Frau getroffen, die ich hätte lieben können, und die war schon mit einem anderen verheiratet, als ich sie traf. Ich habe keinem Menschen je ein Wort davon gesagt, o nein, nicht einmal ihr selbst. Aber sie ist tot. Gott sei ihrer Seele gnädig.«
Das Kinn sank ihm auf die Brust, und seine Gedanken gingen zurück zu der blonden Frau, die sich einst wie ein Sonnenstrahl in die Hütte am Dyea-River verirrt hatte. Er blickte plötzlich auf und sah St. Vincent mit leeren Blicken vor sich hinstarren, als dächte er an ganz etwas anderes.
»Aber lassen Sie es jetzt genug sein mit den Dummheiten, Vincent.«
Der Korrespondent nahm sich zusammen, und er merkte, dass die kleinen blauen Augen des Iren sich in die seinen bohrten.
»Sind Sie ein tapferer Mann, Vincent?«
Eine Sekunde lang sahen sie sich an, als wollte einer die Seele des anderen erforschen. Und in dieser Sekunde hätte Matt schwören können, dass er es ganz leise in den Augen des anderen flackern sah. Triumphierend schlug er mit der Faust auf den Tisch, dass es klatschte. »Weiß Gott, das sind Sie nicht.«
Der Korrespondent zog die Tabakdose zu sich heran und drehte sich eine Zigarette. Er drehte sie sich mit großer Sorgfalt, und das feine Reispapier knisterte in seiner geübten Hand; dabei stieg ihm das rote Blut unter dem Hemdkragen empor und verbreitete sich, stärker an den Höhlungen und wieder schwächer an den Backenknochen, immer mehr über seine Wangen, bis sein Gesicht flammte.
»Das ist gut! Und vielleicht erübrigt sich dadurch, dass ich meine Finger mit einer ekelhaften Arbeit beschmutze. Vincent, das Mädel, das jetzt ausgewachsen ist, schläft diese Nacht in Dawson. Gott helfe uns, Ihnen und mir. Aber wir werden nie unsern Kopf so rein und unbeschmutzt wie sie auf das Kissen legen können. Vincent, ich will Ihnen einen vernünftigen Rat geben, strecken Sie nie die Hand nach ihr aus, weder mit noch ohne Segen der Kirche.
Sie sind mir unsympathisch. Meine Gründe behalte ich für mich, die sind ja auch einerlei. Aber hören Sie jetzt, was ich sage: Wenn Sie je so töricht sein sollten, sie zu Ihrer Frau zu machen, so werden Sie nie das Ende des verfluchten Tages sehen oder sich über den Anblick Ihres Brautbettes freuen. Mensch, ich könnte Sie mit meinen bloßen Fäusten erschlagen, wenn es nötig wäre. Aber ich hoffe, dass ich es ein wenig eleganter tue. Seien Sie ganz ruhig СКАЧАТЬ